Dr. Katja Pähle (SPD):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 8. März dieses Jahres hatte ich in Halle den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu Gast. Wir haben dort mit Menschen aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen über das Thema diskutiert, das uns alle bewegt, den Fachkräftemangel, oder allgemeiner gesagt, den Arbeitskräftemangel. An dem Abend ging es um die ganze Breite an Instrumenten, mit denen wir diesem Mangel abhelfen können, angefangen bei der Qualifizierung von Arbeitslosen bis hin zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt.
Und es ging natürlich auch um Zuwanderung, ohne die unser Wohlstandsmodell keine Zukunft haben wird. Hubertus Heil wies dabei auf einen wichtigen, aber wenig beachteten Aspekt hin. Deutschland ist im weltweiten Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte benachteiligt. Deutschland ist benachteiligt durch seine schöne Sprache; denn so schön unsere Muttersprache auch ist, sie ist eine Hürde dafür, um in Deutschland anzukommen. Englisch, Französisch und Spanisch werden nun einmal weltweit von viel mehr Menschen gesprochen, sodass die Sprache für sie keine Hürde darstellt, wenn es darum geht, in Bordeaux, Madrid oder San Francisco Fuß zu fassen.
Ich habe das bewusst an den Anfang gestellt, um einmal aus einer anderen Perspektive auf das Thema Zuwanderung, Sprache und Schule zu blicken. Die Sprachförderung für Schülerinnen und Schüler ist nicht nur Mittel zum Zweck, um Probleme im Schulbetrieb bei der Unterrichtung von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte abzubauen, sondern Sprachförderung ist - ich sage das, um einen oft zitierten Begriff zu verwenden - ein wichtiger Pullfaktor, um unser Land attraktiv für Fachkräfte zu machen,
(Zustimmung bei der SPD)
die nicht nur auf gute Arbeitsbedingungen und auf gute Gehälter für sich selbst schauen, sondern auch darauf, ob ihre Kinder hier gut im Schulsystem ankommen.
Es liegt also in unserem ureigenen Interesse, gute und flächendeckende Angebote der Sprachförderung vorzuhalten.
Deshalb haben wir als Koalition lange vor dem russischen Angriff auf die Ukraine und ohne jeden Bezug auf Fluchtmigration im Koalitionsvertrag zur Sprachförderung in der Schule vereinbart - ich zitiere :
„Sprachförderangebote in der Schule sind auf alle Zuwanderungsgruppen und ausdrücklich auch auf Unionsbürgerinnen und -bürger auszuweiten. An allen Schulstufen und -formen sollen Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache frühzeitig Sprachförderung erhalten, damit die Grundlagen für einen erfolgreichen Schulbesuch gelegt werden können. Dies gilt ausdrücklich auch für die berufsbildenden Schulen.“
Zur frühkindlichen Bildung heißt es weiter:
„Den Kindertageseinrichtungen kommt beim Erlernen der deutschen Sprache sowie für Integration, Bildung und Teilhabe eine wichtige Funktion zu.“
(Beifall bei der SPD)
„Wir werden den Zugang von migrantischen Kindern zu den Kindertageseinrichtungen durch frühzeitige und mehrsprachige Information erleichtern. Alle Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben, sollen bereits in der Kita alltagsintegrierte Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache erhalten. Nur so ist ein erfolgreicher und gleichberechtigter Start ins Schulleben möglich.“
Beides gilt natürlich uneingeschränkt auch weiterhin, ganz unabhängig davon, wie sich die Flüchtlingszahlen aus der Ukraine oder von anderswo entwickeln.
Deshalb wäre es nach den Erfahrungen mit der Aufstellung des Landeshaushaltes 2024 zu begrüßen, wenn sich das Bildungsministerium frühzeitig
(Ministerin Eva Feußner: Wir sind doch gar nicht zuständig!)
gemeinsam mit dem Finanzministerium an die strategische Planung macht.
(Beifall bei der SPD)
Ich möchte ganz deutlich sagen: LAMSA bekommt eine institutionelle Förderung für die Vernetzung von Migrantenorganisationen, für Ankommensprojekte. Und ganz ehrlich: In vielen Stellen wissen wir doch: Wer die Leistung bestellt, muss sie bezahlen. Wir kämen auch nicht auf die Idee, Leistungen der IB nicht über die Häuser, die sie in Anspruch nehmen, bezahlen zu lassen, sondern zu sagen: Dafür ist irgendwer anderes zuständig.
(Zuruf von Ministerin Eva Feußner)
Wer Leistung bestellt, auch bei der LAMSA, muss sie in seinen Haushalt einfügen; es tut mir leid, Frau Ministerin.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Ministerin Eva Feußner)
- Wir hatten die Sprachlehrkräfte auch schon 2015/2016 beim Bildungsministerium.
(Ministerin Eva Feußner: Das ist doch was ganz anderes!)
Diese Stellen sind dann ausgelaufen und nicht fortgesetzt worden.
(Zuruf von Ministerin Eva Feußner)
Aber genau darum geht es. Wir brauchen Lehrkräfte an unseren Schulen, und wir brauchen Sprachmittler an unseren Schulen, weil wir die Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, nicht wegbekommen. Ich glaube, das ist eine Aufgabe für das Bildungsministerium und man kann innerhalb der Landesregierung dafür auch Lösungen finden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)