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Plenarsitzung

Transkript

Nadine Koppehel (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die FDP-Fraktion hat für heute eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „Chancen der grünen Biotechnologie für die Nahrungsmittelproduktion und den Forschungsstandort Sachsen-Anhalt nutzen“ beantragt. Hintergrund ist die geplante Lockerung der Regel für die Gentechnik in der Landwirtschaft seitens der EU-Kommission.

Mit dem Ziel der Klimaresilienz und des verminderten Pestizideinsatzes sollen vor allem Nutzpflanzen, die durch die neuen Züchtungstechniken, insbesondere mithilfe der Genschere CRISPR entstanden sind, künftig nicht mehr den strengen Regeln der grünen Gentechnik unterliegen. Ihre Behandlung entspräche somit weitgehend der von konventionellen Pflanzen.

Allerdings gibt es dabei Auflagen. Nachgewiesen werden muss, dass die Pflanzen resistenter gegen Hitzestress und Schädlinge sowie haltbarer sind oder mehr Erträge erbringen. Das heißt, es werden Flächen für Naturschutz frei, es gibt weniger Transport- und Lagerungsverluste und weniger Pestizideinsatz. Wichtig ist, dass nur arteigene Gene der jeweiligen Pflanzenart eingesetzt werden dürfen, also keine Gene von artfremden Bakterien oder Tieren.

Beginnend mit den FDP-Anträgen im Bundestag im Jahr 2019 fordern Sie eine ultimative Freigabe aller durch die Genschere CRISPR/Cas veränderten Nutzpflanzen. Sie fordern die Aussetzung der risikobasierten Zulassungsverfahren für derartig veränderte Pflanzen und natürlich Steuergelder für die Umsetzung der Zielsetzung, Pflanzen - so Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger - „effizient, zielgerichtet und sicher“ zu machen, damit man bspw. den Hunger in der Welt bekämpfen kann.

Die FDP-Bundestagsfraktion in Person der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und Landwirtin Carina Konrad stellt fest, es brauche moderne Pflanzenzüchtung, um die Biodiversität voranbringen und um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Interessant dabei ist, dass Ihre Bundestagsfraktion den Antrag der CDU im März ablehnte.

Damit sind wir bei der offensichtlichen Motivation Ihrer Aktuellen Debatte, die Sie hier, statt einen konkreten Antrag einzubringen, führen wollen. Sie loten erst einmal völlig unverfänglich und harmlos aus, wie Ihre Koalitionspartner in diesem Parlament die Verwendung von CRISPR/Cas einschätzen. Denn in der Bundestagskoalition stehen Sie mit Ihrer Position allein da. Ihre Koalitionspartner im Bundestag haben tatsächlich enorme Bedenken und Zweifel beim Einsatz neuer Gentechnik.

Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke gibt zu bedenken: „Wir wissen, dass auch die Nutzung neuer Gentechnik zu unbeabsichtigten Effekten in Pflanzen führen kann. Das gilt auch für CRISPR/Cas.“ Sie spricht sich ebenfalls gegen eine Aufweichung der Regeln für die Risikobewertung aus; potenzielle Gefahren sowohl für Pflanzen als auch für Ökosysteme und die Biodiversität müssen „vorher entdeckt, genau definiert und bewertet werden.“

Der GRÜNE Bundestagsabgeordnete Karl Bär kritisierte ebenfalls, dass die EU-Kommission die wissenschaftliche Risikoprüfung einschränken will: 

„‘Wir entlassen dadurch etwas ungeprüft in die Umwelt, das wir nie wieder zurückholen können‘ […] Der Brüsseler Entwurf will den Mitgliedstaaten künftig nicht gestatten, Abstandsregeln für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen vorzugeben. ‚Damit wird die ganze Sache für die Biobauern immer teurer und immer riskanter.‘“

Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt den Einsatz neuer Gentechniken in der Lebensmittelerzeugung ohne Kennzeichnung kategorisch ab. „Das macht die SPD nicht mit“, so Vizevorsitzender Matthias Miersch.

Betrachten wir konkret das Beispiel der argentinischen Weizensorte HB-4. Im Weizengenom wurde ein Sonnenblumengenom eingesetzt, um eine höhere Resilienz gegen Trockenstress zu erreichen. Für die Bewertung ist interessant, dass Argentinien der siebentgrößte Weizenexporteur der Welt ist. Nach Freigabe der Sorte durch die Regierung setzte durchweg der Protest ein - nicht allein wegen der Genmanipulation oder nicht allein in den Ökobetrieben, nein, generell. Der Markt möchte keinen HB-4-Weizen in Lieferung oder denselben akzeptieren. Folglich würde selbst ein einzelnes Korn, so bei Beprobung entdeckt, auch eine konventionelle Lieferung kontaminieren.

Noch verschärfter ist die Verbrauchermeinung, die sofort Parallelen zu der Roten Gentechnik zieht und auf die Corona-Impfschäden reflektiert. Ungekennzeichnet genetisch veränderte Lebensmittel haben keine Lobby unter den Verbrauchern und werden durch unsere Fraktion keinesfalls unterstützt. Zudem wäre der Westen schlecht beraten, Lebensmittel, die von der Bevölkerung abgelehnt werden, unter der Option „Gentechnik gegen Hunger“ in andere Kontinente zu liefern.

Ebenso diskussionswürdig erscheint der theoretische Ansatz, dass durch das Einschleusen von verschiedenen Genen eine Art, letztlich die Produkte, zu einer Steigerung der Biodiversität führen. Er wirft die Frage auf, ob damit das bisherige Versagen beim Erhalt der natürlichen Biodiversität durch handwerklich erzeugte neue Produkte kaschiert und damit letztlich akzeptiert wird. Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellt jedenfalls fest, eine Deregulierung der Gentechnik sei nicht die Antwort auf die Frage des Welthungers. 

Eines lässt sich bereits klar feststellen: Die wissenschaftlichen Entwicklungen der neuen gentechnischen Methoden und deren Ergebnisse sind durch CRISPR/Cas den politischen Rahmenbedingungen und dem gesellschaftlichen Verständnis weit vorausgeeilt. Man könnte sagen: Sie haben sich verselbstständigt. Das ist auch die Quintessenz dieser Debatte. Es bedarf umgehend einer breiten gesellschaftlichen Debatte dazu, wie weit die Entwicklung weiter voranschreiten darf und vor allen Dingen, wie die Produkte eingesetzt werden.

Eines ist aber klar: Ohne Kennzeichnung dieser Produkte wird es nicht gehen. Wenn es genauso läuft wie bei dem Tierschutzlabel - die Kosten habe ich heute nicht angeschnitten  , werden wir diese Debatten in zwei Jahrzehnten immer noch führen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)