Juliane Kleemann (SPD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Preissteigerungen wir haben es heute schon mehrmals gehört , egal in welchem Bereich, treffen uns alle, aber natürlich Menschen mit wenig Einkommen sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, die einen hohen Energieaufwand haben, umso stärker.
Wir arbeiten sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene an passgenauen und hoffentlich auch zielgenauen Lösungen. Der Koalitionsantrag sagt an dieser Stelle auch noch einmal die Unterstützung der Maßnahmen der Bundesregierung zu, die den Preisanstieg im Rohstoff- und Energiebereich wirksam kontrollieren und nachhaltig dämpfen sollen.
Ja, wir brauchen marktgerechte Preise. Deshalb begrüße ich es, dass die Bundesregierung alle kartellrechtlichen Instrumente gegen Spekulationen auf dem Energiemarkt anwenden will. Ich will es einmal deutlich sagen: Wer durch Spekulationen am Krieg in der Ukraine verdienen will, der muss die Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen. Ich finde, solche Menschen haben ihren moralischen Kompass verloren.
(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)
Der Antrag der Linken allerdings greift aus unserer Perspektive zu kurz. Wir müssen über die kartellrechtlichen Prüfungen und die Sanktionierung von Spekulationen über Rohstoff- und Energiepreise auch etwas gegen die Abhängigkeit von fossilen, begrenzt verfügbaren und nicht erneuerbaren Energieträgern tun, und zwar nicht nur wegen des Preises.
Wie helfen wir? - Die Entlastungspakete sind heute schon angesprochen worden. Sie sollen zum 1. Juni sukzessive greifen. Dann kommen erhebliche, hoffentlich gute und wirklich zielgenaue Entlastungen dazu. Ich unterstelle einmal: Je länger der Krieg dauern wird und je länger wir die Debatte führen, wie es mit unserer Unabhängigkeit wird, umso mehr wird auch die Regierung darüber nachdenken müssen, ob es noch mehr Entlastungspakete geben muss.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist aus meiner Perspektive für stabilere und bezahlbare Preise alternativlos. Der Ausbau ist auch eine Frage der europäischen Sicherheit. Leider haben manche für diese Erkenntnis einen russischen Angriffskrieg in der Ukraine gebraucht; das ist wirklich bitter.
Nach meinem gestrigen Gespräch in den Stendaler Stadtwerken ist mir noch einmal deutlich geworden, dass wir das Planungs- und Baurecht besonders im Außenbereich massiv vereinfachen müssen.
Mit dem Osterpaket hat die Bundesregierung weitreichende Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die den Ausbau der erneuerbaren Energien umfassend beschleunigen. Dies müssen wir jetzt im Land gemeinsam mit den Kommunen vorbereiten.
Mehr erneuerbare Energien auch das ist deutlich geht nur mit mehr Bürgerbeteiligung, also mit mehr Bürgerenergie. Dies zahlt sich am Ende nicht nur für den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger aus, sondern auch für unsere gemeinsame Klimabilanz hier im Land. Damit rechnet sich diese Investition jetzt nachhaltig für die Lebensbedingungen nach uns kommender Generationen.
Wir gehen damit den Weg, den uns das Bundesverfassungsgericht fast auf den Tag genau vor einem Jahr, nämlich am 29. April 2021, gewiesen hat. Und wir sind damit auf dem Weg des Geistes des Koalitionsvertrages, den ich an dieser Stelle gern zitiere:
„In Verantwortung für die kommenden Generationen ist die Bewahrung der Schöpfung ein vorrangiges Ziel der Koalitionspartner. Der Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen und das Erreichen der Klimaschutzziele erfordern gesamtgesellschaftliches Handeln. Auch wenn den Klimaveränderungen nur durch ein globales Handeln wirkungsvoll begegnet werden kann, steht jeder Einzelne in der Verantwortung. Wir werden dieser Verantwortung durch konkretes Handeln gerecht.“
„Konkret“ heißt auch, wir verfolgen die Umsetzung der Wasserstoffstrategie für Sachsen-Anhalt. Wir investieren in mehr Forschung für grüne Wasserstoff- und Speichertechnologien sowie in den Aufbau dezentraler Anlagen. Das sind gute Beispiele für Bürgerbeteiligung im Energiesektor.
Wenn wir ins Land schauen, dann sehen wir auch, dass es viele großartige Unternehmungen gibt; aufwachsende Biogasanlagen von Landwirten, die darin auch Gülle verstromen und nicht nur Pflanzen; einen Ort, z. B. Tangeln, eines der Bioenergiedörfer in Sachsen-Anhalt, das seine Bewohnerinnen und Bewohner nahezu autark mit Wärme versorgt und auch über den Ort hinaus Strom liefert, aufwachsende Fotovoltaikanlagen auf privaten und firmeneigenen Dächern und eine ganze Menge von Tüftlern, die im Großen und Kleinen innovativ unterwegs sind und neue Wege zu einer effizienten Energie sowie zum Energiesparen suchen, diese auch finden und umsetzen.
Wir sind an dieser Stelle ein wirklich kreatives Land. Das merkt man, wenn man mit offenen Augen und offenem Geist durchs Land zieht. All dies müssen wir weiterhin stärken und mehr davon ermöglichen. In diesem Geist ist der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen entstanden. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Frau Kleemann. - Es gibt eine Kurzintervention und eine Nachfrage. Wollen Sie die Nachfrage von Herrn Gallert zulassen? - Aber zunächst die Kurzintervention von Herrn Scharfenort.
Jan Scharfenort (AfD):
Ist Ihnen bewusst, dass durch das Anheizen und die Beschleunigung der erneuerbaren Energien letztendlich das Problem nur noch größer wird? - Denn die Lücke in der Grundlast wird damit noch größer. Wir brauchen dafür die Gaskraftwerke. Sie brauchen eine lange Vorlaufzeit in der Planung. Diese haben wir nicht, deshalb müssen wir auf Flüssiggas ausweichen, dafür müssen wir aber erst die Terminals bauen.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir sind hier also weiterhin auf die fossilen Energieträger angewiesen. Atomkraft wollen Sie nicht, obwohl die EU sagt, Taxonomie ist grün. Das IPCC empfiehlt das ebenso. Also bleibt nur Gas. Woher, denken Sie, soll das kommen? - Auf Jahre hinaus haben wir die Speicher noch nicht.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Scharfenort, Sie machen eine Zwischenintervention, keine Nachfrage. Ich habe das erst als rhetorische Frage genommen,
Jan Scharfenort (AfD):
Genau, eine rhetorische Frage.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Kleemann, wollen Sie gleich antworten?
Juliane Kleemann (SPD):
Nein.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Sie wollen nicht antworten. - Herr Scharfenort.
Jan Scharfenort (AfD):
Ich will nur sagen: Damit wird das Problem nur größer und nicht kleiner, darauf sollten wir uns einstellen. Die Preise werden weiter steigen, noch befeuert von der EZB. Warten Sie einmal ab. Mal sehen, was in ein paar Monaten hier los ist.
Juliane Kleemann (SPD):
Herr Scharfenort, ich will doch noch eine kurze Bemerkung zu Ihrer Intervention machen: Wir können weiter so reden und immer sagen, es wird alles schlimmer. Wenn wir aber jetzt nicht endlich umsteuern,
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
dann wird es wirklich schlimmer. Die nach uns kommenden Generationen werden sich herzlich dafür bedanken, dass wir darüber immer nur geredet und die Probleme gesehen haben, aber es verpennt haben und zu ängstlich waren, die Lösungen anzugehen.
(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Jetzt bitte Herr Gallert.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Mich hat irritiert, dass Ihre Einstiegsthese war, der Antrag greife einfach zu kurz, und Sie dann über ein nicht völlig, aber zumindest anderes Thema gesprochen, nämlich über den notwendigen Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Das ist ja völlig richtig, das haben wir tausendmal gemacht und machen es auch in dieser Sitzung noch dreimal.
Aber hier ging es explizit darum, wie wir mit der Situation umgehen, dass es ausdrücklich Kriegsgewinnler bei der Preisgestaltung durch Spekulation und künstliche Verknappung gibt und wie diese abgeschöpft werden. Ich habe in Ihrer Rede aber nichts dazu gehört, wie Sie zu den hier vorgeschlagenen Maßnahmen stehen. Deshalb irritiert mich das. Könnten Sie mir vielleicht noch einmal die Frage beantworten: Welche Meinung haben Sie eigentlich zu dem, was wir im Antrag vorgeschlagen haben?
Juliane Kleemann (SPD):
Ich habe eine ähnliche Meinung wie meine Vorredner, die an dieser Stelle schon zu Ihren Vorschlägen gesprochen haben. Ich habe deshalb so betont, dass sie zu kurz greifen, weil ich glaube, dass wir an dieser Stelle die Spekulationen über das Kartellrecht in den Griff bekommen müssen. Wenn wir aber allein die soziale Frage betrachten sie ist absolut richtig , aber nicht gleichzeitig parallel dazu sagen, wie wir aus dem Dilemma insgesamt herauskommen wollen, dann ist das aus meiner Perspektive zu kurz gesprungen. - So ist es gemeint.