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Plenarsitzung

Transkript

Olaf Meister (GRÜNE):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Selten waren die äußeren Umstände bei der Vorlage eines Haushaltes so dramatisch und außergewöhnlich wie jetzt. Die Situation ist von der weltweiten Pandemie geprägt, die auch die Menschen in Sachsen-Anhalt traf, und dies gesundheitlich, aber auch in ihrer Lebensführung, wirtschaftlich und finanziell.

Jetzt erleben wir einen brutalen Angriffskrieg in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Menschen sterben, Menschen fliehen. Die nahe Zukunft Europas und damit auch Sachsen-Anhalts ist ungewiss.

In dieser Situation eine Haushaltsdebatte zu führen fühlt sich nicht nur merkwürdig an; je nach kurzfristigem weiteren Verlauf könnten alle vorgelegten Planungen ganz schnell zur bedeutungslosen Makulatur werden. Daran ist natürlich nicht die Landesregierung schuld, sondern die Umstände.

Trotzdem müssen wir diese Aufgabe erledigen, um die Handlungsfähigkeit des Landes zu gewährleisten.

(Zustimmung)

Zunächst ist zu kritisieren, dass der Haushaltsplanentwurf sehr spät eingebracht wird. Ich bin zwar dankbar, dass auf die entsprechende Kritik reagiert wurde und wir das Verfahren mit der heutigen Sondersitzung etwas beschleunigen können, aber es muss klar sein, dass ein Haushalt, der erst im Sommer, also etwa nach der Hälfte seiner Laufzeit, in Kraft tritt, einen Gestaltungswillen nur noch schwer entfalten kann.

(Zustimmung - Zuruf: Du weißt aber schon, woran das liegt, oder!)

Dass z. B. die hohe angestrebte Investitionsquote in Höhe von 18 % unter diesen selbst gesetzten zeitlichen Rahmenbedingungen realistisch ist, scheint mir sehr zweifelhaft.

(Zustimmung)

Schaut man auf die nüchternen Zahlen, kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich eine stark veränderte Haushaltslage ergibt. So unwirklich es angesichts der weltweiten Situation erscheint, die Haushaltslage hat sich auf der Einnahmeseite, wenn wir von einem halbwegs normalen Verlauf ausgehen, noch nie so günstig dargestellt wie derzeit. Hintergrund sind die veränderten Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Unsere Steuereinnahmen machen nach den Planungen einen geradezu atemberaubenden Satz, nämlich um 1,5 Milliarden € nach oben.

Die mittelfristige Finanzplanung dreht sich innerhalb eines Jahres für 2022 von einem Handlungsbedarf in Höhe von 1,6 Milliarden €   das war im letzten Jahr die Annahme   auf einen Handlungsspielraum in Höhe von 200 Millionen €. Eine ähnliche Dynamik habe ich in der Zeit, in der ich hier tätig bin, noch nicht gesehen. Dabei spielen auch andere Effekte eine Rolle, bspw. die Haushaltsentlastung durch die Schuldenaufnahme.

Dass man bei diesen Haushaltszahlen noch Schulden aufnimmt, liebe Kollegen     Die FDP wäre in der APO im Dreieck gesprungen, wenn sich die Einnahmen um 1,5 Milliarden erhöht hätten und trotzdem Schulden in Höhe von 227 Millionen € aufgenommen worden wären.

(Zustimmung)

Das möchte ich nur sagen.

(Zuruf)

- Ich sage nur meine Meinung; vielleicht ändern Sie es noch. Ich glaube, an der Regierung sind Sie beteiligt; das habe ich gehört.

(Zuruf)

Unser grundsätzlicher Handlungsrahmen hat sich verändert. Dies dürfte eine Situation sein, die uns auch den nächsten Jahren begleitet. Die Mipla   diese kann man sich ansehen   weist in den nächsten drei Jahren entsprechende Handlungsspielräume auf.

Wir müssten uns daher nun eigentlich darüber verständigen, wie wir mit dieser neuen, letztlich erfreulichen Lage umgehen. Es müssten Schwerpunkte gesetzt und kommuniziert werden. Es müsste aber auch über Vorsorgeinstrumente geredet werden. Irritierenderweise erfolgt das alles nicht.

In der Haushaltspressekonferenz der Landesregierung   das war vorhin bereits kurz Thema   ist die veränderte Lage eigentlich nicht erwähnt worden - zumindest nicht ausdrücklich. Ein Gestaltungswille, der sich in Schwerpunkten ausdrücken könnte, war für mich nicht zu erkennen.

(Zustimmung)

Als einen der ganz wenigen konkreten Punkte   ich glaube, es waren fünf   stellt die Landesregierung z. B. die Übernahme von ausgebildeten Polizeianwärtern dar. Entschuldigung: Dafür bilden wir sie aus.

(Zustimmung)

Das ist doch keine Maßnahme. Das wäre auf jeden Fall gekommen. Ich hoffe, es ist nicht ernsthaft über die Frage diskutiert worden, ob sie jetzt eingestellt werden, und das noch dazu bei Mehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden €.

(Zuruf)

Meine Fraktion würde gern Schwerpunkte setzen und die bestehenden Spielräume nutzen, um Zukunftsthemen anzugehen. Wissenschaft und Bildung sind für die weitere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes zentral. Deshalb fordern wir, die Finanzausstattung der Hochschulen im Land um 22 Millionen € zu verbessern.

(Zustimmung)

Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion an der Martin-Luther-Universität ist das ein wesentlicher Punkt.

Wir wollen nicht, dass die Kosten der Schulsozialarbeit auf die Kommunen abgewälzt werden, sondern dass das Land seine Verantwortung wahrnimmt und die Kosten langfristig absichert.

Klimaschutz und Klimaanpassung fordern von uns in den verschiedensten Bereichen, nämlich Energie, Verkehr, Agrar, Forst, neue Investitionen und neue Wege. Außerdem sollte die Wirtschaftsförderung an den Klimaschutz gekoppelt werden.

Wir sollten   das ist vielleicht die zentrale finanzpolitische Botschaft   nicht die Gießkanne zücken und alle Bereiche mit Mehrausgaben beglücken, bis wir wieder an der Grenze der Leistungsfähigkeit sind,

(Zustimmung)

sondern klug an den Punkten investieren, die für unsere Zukunftsfähigkeit von entscheidender Bedeutung sind.

Über die Frage, welche Punkte und welche Maßnahmen das sind, werden die Meinungen natürlich auseinandergehen. Wir werden versuchen, unsere Positionen in den anstehenden Haushaltsberatungen mit Änderungsanträgen zu verdeutlichen und, soweit möglich, durchzusetzen.   Danke schön.

(Zustimmung)