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Plenarsitzung

Paradigmenwechsel ohne einen Zeitdruck

Die Klimakrise schreite immer weiter voran und Sachsen-Anhalt leide besonders unter der wachsenden Trockenheit, konstatiert die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Wasserrückhaltung in der Fläche sollte dementsprechend ein Ziel mit höchster Priorität in der Gewässerunterhaltung werden. Daher sollte die Landesregierung per Antrag beauftragt werden, dem Landtag bis zum 30. Juni 2022 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Änderung von § 52 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt beinhaltet.

Blick auf einen Talsperrensee im Harz.

Eine Form, Wasser zurückzuhalten: Talsperren wie hier im Harz.

Zeitweiligen Ausschuss einsetzen

Noch im Jahr 2011 hätten 27 Prozent der Fläche in Sachsen-Anhalt als vernässungsgefährdet gegolten, erinnerte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), ein entsprechender zeitweiliger Landtagsausschuss sei eingerichtet worden. Im Juli 2014 legte dieser seinen Abschlussbericht vor. Neben Starkregen bedrohten nun aber langanhaltende Dürreperioden das Land. In den Sommern von 2018 bis 2021 sei eine extreme Bodentrockenheit festgestellt worden. Die negativen Auswirkungen (insbesondere das Baumsterben, Ernteausfälle) seien vor jedermanns Haustür zu sehen. Aber auch auf die Gewässer habe die Dürre starke Auswirkungen, Wasserstände in Seen sänken, manch kleinere Gewässerläufe seien bereits ausgetrocknet.

Die Grundwasserspeicher in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen füllten sich nur langsam wieder auf, dies könnte Jahre dauern, so Experten. Es gelte, das zusätzliche Wasser aus dem Winter auch im Sommer nutzbar machen, sagte Aldag. Es müsse gelingen, das Wasser in der Fläche zu halten. Es bedürfe einer neuen Gewässerbewirtschaftungsstrategie, so Aldag, um der Auswirkungen auf Gewässer und Wasserhaushalt Herr zu werden. Neben dem geordneten Abfluss müsse auch die Wasserrückhaltung sichergestellt werden. Deshalb müsse das Wassergesetz des Landes geändert werden, möglicherweise sollte sogar ein zeitweiliger Ausschuss eingesetzt werden.

Zentrales Anliegen der Landesregierung

Die Anpassung des Wassergesetzes sei ein zentrales Anliegen der Landesregierung, betonte Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD), Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt. Man laufe mit dem Antrag offene Türen ein, allerdings sei das im Antrag vorgesehene Zeitfenster zu knapp bemessen. Vor der Änderung des Wassergesetzes müssten erst verschiedene Aufgaben abgearbeitet werden, unter anderem eine Evaluierung der Unterhaltungsverbände, welche finanziellen, sächlichen und personellen Ressourcen nötig seien, um einen Paradigmenwechsel hin zu einem Wasserrückhaltungsmanagement umzusetzen.

Geklärt werden müsse zunächst, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um eine bessere Wasserrückhaltung zu erzielen, so Willingmann, dabei müssten Starkregen und Hochwasserschutz mitbedacht werden. Auch der finanzielle Aufwand für Bürgerinnen und Bürger, Gemeinden und Landkreise müsse eruiert werden.

„Hilfloser Antrag“ der Grünen

Mit ihrem Antrag, den § 52 des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zu ändern, gingen die Grünen an ihren Forderungen vorbei, sagte Alexander Räuscher (CDU), denn der Paragraph beziehe sich auf die Gewässerunterhaltung und nicht auf den Gewässerausbau. Das Drängen auf einen Gesetzentwurf sei nicht sinnvoll, der „hilflose Antrag“ der Grünen-Fraktion sei unbegründet und werde von der CDU-Fraktion abgelehnt.

„Das geht so nicht“

Seit dem Frühjahr 2018 sei klar, dass Wasser eine erschöpfliche Ressource in Sachsen-Anhalt sei, so Hannes Loth (AfD). Neben Hochwassern gebe es auch Oberflächengewässer mit historischen Tiefstständen. Seine Fraktion betrachte den Antrag dennoch als „völlig überflüssig“. Die Grünen hätten fünf Jahre lang dem Umweltministerium vorgestanden und nichts bewirkt und riefen nun die Landesregierung zum Handeln auf – „das geht so nicht“, so Loth.

Arbeiten an einem Koalitionsvorschlag

In den letzten Wochen habe es viel Regen in Sachsen-Anhalt gegeben, mitunter erinnere das an verschiedene Hochwasserereignisse, rekapitulierte Kathrin Tarricone (FDP). In den Dürrejahren 2018 bis 2020 sei der Grundwasserspiegel in Sachsen-Anhalt extrem abgesunken. Vor diesem Hintergrund müsse ein resilientes Wassermanagement geschaffen werden. Die Koalition habe sich deswegen fest darauf verständigt, den Paradigmenwechsel von Wasserabfluss zu Wasserhaltung umzusetzen, betonte Tarricone.

Man suche nach fachlich geeigneten Maßnahmen, um den Wasserhaushalt örtlich zu stabilisieren. Das Programm gegen Vernässung werde fortgesetzt und an die aktuellen Bedingungen angepasst, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse würden umgesetzt. „Die Koalition setzt auf Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, so Tarricone, man arbeite konzentriert an einem geeigneten Koalitionsvorschlag mit.

Wasserstrategie fürs Land aufstellen

Dürre einerseits und reißende Fluten andererseits – seit einigen Jahren werde auch Mitteldeutschland mit solchen Szenarien konfrontiert, erklärte Kerstin Eisenreich (DIE LINKE). 52 Hektar Landschaftsfläche würden in Deutschland pro Tag zubetoniert – auch diese könnten kein Wasser mehr aufnehmen. Wasser werde knapp und zu einem Konkurrenzprodukt. Die Grundwasserstände sänken ab, die Ernährungssicherstellung in der Landwirtschaft sei gefährdet, aber auch Handel und Industrie benötigten viel des weniger werdenden Wassers. Es sei aber fragwürdig, ob mit dem Antrag der Grünen die Wirkung in gewünschter Form erreicht werden könne, monierte Eisenreich.

Notwendig sei dagegen, eine Wasserstrategie für das Land aufzustellen. Das Wasser müsse in der Fläche gehalten werden, also innerhalb von Städten und Gemeinden. Dafür müssten Flächen entsiegelt und Grünflächen angelegt werden. Es bedürfe der Installation intelligenter Systeme, die Wasser bei Nässe gut ableiteten, bei Trockenheit aber in der Fläche hielten, erklärte die Abgeordnete der Linken.

Dringlichkeit des Vorhabens erkannt

Der Klimawandel schreite voran, Dürren und Starkregen häuften sich, so Juliane Kleemann (SPD). Weite Teile Sachsen-Anhalts (zum Beispiel die Altmark) seien von schwerer Dürre betroffen. Selbst die letzten Starkregenereignisse hätten das Wasserdefizit im Land noch nicht ausgleichen können. Diese Niedrigwasserstände sollen behoben werden, betonte Kleemann. Auf Basis des Koalitionsvertrags werde am Paradigmenwechsel von Wasserabfluss zu Wasserhaltung festgehalten. Die verlässliche Wasserversorgung und ein gutfunktionierendes Abwassernetz stünden auf der Agenda. Die Dringlichkeit des Vorhabens sei erkannt, aber man benötige ausreichend Zeit für die gute Erarbeitung einer Gesetzesnovelle.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Grünen abgelehnt.