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Plenarsitzung

Geplanter Aufruf stößt auf Ablehnung

Die islamistischen Gegner von Assad hätten sich durchgesetzt, für sie und alle sunnitischen Muslime und damit weit über 90 Prozent aller Syrienflüchtlinge bestehe daher kein Anlass mehr zur Geltendmachung einer Zuflucht in Deutschland, meint die AfD-Fraktion. Sie brachte einen Antrag ein, durch den ‒ im Namen der Bürger des Landes Sachsen-Anhalt ‒ alle syrischen Staatsbürger, die im Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt ihren Aufenthalt haben, aufgerufen werden sollten, in ihr Heimatland zurückzukehren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brachte einen Alternativantrag ein, durch den sich die Landesregierung beim Bund dafür einsetzen sollte, dass syrische Staatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis sicher nach Syrien reisen könnten, ohne ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gefährden. Dies sollte ihnen ermöglichen, am Wiederaufbau eines demokratischen Staates mitzuwirken und zu prüfen, ob eine gefahrlose Rückkehr für sie möglich sei.

Die AfD wollte sich mit einem Aufruf an syrische Geflüchtete wenden, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.

Die AfD wollte sich mit einem Aufruf an syrische Geflüchtete wenden, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.

Aufforderung zur Rückkehr

„Der großzügige Schutz, den Deutschland gewährt, ist ein Gastrecht auf Zeit. Dieses Gastrecht besteht nur, solange eine tatsächliche politische Verfolgung oder eine Bedrohung vorliegt“, zitierte Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD) aus dem Antrag seiner Fraktion. Der Umstand, dass es sich in Deutschland besser leben lasse als in Syrien, sei kein legitimer Aufenthaltsgrund, so die AfD-Fraktion. „Der angeblich ach so böse Tyrann sei gestürzt“, es gebe nun keinen Grund mehr, in Deutschland zu bleiben, merkte Tillschneider an. Er zeigte sich überzeugt, dass Deutschland durch „Masseneinwanderung“ kaputtgemacht werden solle. Mehr als die Hälfte der Syrer in Deutschland liege Deutschland auf der Tasche, so Tillschneider. Durch den AfD-Antrag würden Syrer, die „noch Sinn für Anstand haben“, aufgefordert werden, in ihr Heimatland zurückzukehren.

„Antrag unnötig“

Zwar sei die Deutsche Botschaft in Damaskus wiedereröffnet worden, das Land sei aber noch immer nicht völlig befriedet, so Bildungsministerin Eva Feußner in Vertretung von Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (CDU). Es gebe mittlerweile eine finanzielle Unterstützung für nach Syrien zurückkehrende Migranten.  „Das Interesse an einer Rückkehr in die Heimat ist da“, sagte Feußner. Neben freiwilligen Ausreisen würden auch weiterhin gezielte Ausweisungen in Augenschein genommen – zunächst für Straftäter und Gefährder, in zweiter Instanz für alleinstehende Männer. In Sachsen-Anhalt lebten mittlerweile rund 3 000 eingebürgerte Syrerinnen und Syrer. Des Antrags der AfD bedürfe es nicht.

Mobbingaktion der AfD

Der Sturz des Assad-Regimes ist gerade drei Monate her, da überbiete sich die AfD mit einer unmenschlichen Forderung nach der nächsten. „Sie sprechen ganz sicher nicht im Namen aller Bürger, Ihre Position ist nicht unsere Position“, machte Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD) klar. Viele Syrerinnen und Syrer hätten mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft. Das Signal, das die AfD aussende wolle, „schadet uns allen als Gemeinschaft“. Der Antrag der AfD sei eine „Mobbingaktion“ und werde von der SPD abgelehnt.

Tatsächliche Situation wird ignoriert

Es werde viel über die Menschen geredet, die von der AfD aufgefordert werden sollen, Deutschland zu verlassen, aber nicht mit ihnen, bemängelte Wulf Gallert (Die Linke). Er zitierte Aussagen von in Sachsen-Anhalt lebenden Menschen aus Syrien, die hier mittlerweile eine neue Heimat gefunden hätten. „Integration gelingt, wenn man Menschen unterstützt, nicht, wenn man sie öffentlich entwürdigt“, zitierte Gallert. Die Forderung der AfD ignoriere die tatsächliche Situation in Syrien, viele Menschen hätten sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut, so Gallert.

„Keine pauschalen Annahmen“

„Wir lehnen den Antrag der AfD ab“, sagte Guido Kosmehl (FDP). Die Situation in Syrien habe sich im Vergleich mit den Zeiten des intensiven Bürgerkriegs natürlich entspannt, man könne aber nicht pauschal davon ausgehen, dass der Schutzstatus entfallen sei. Von den etwa 28 000 geflüchteten Syrerinnen und Syrern in Sachsen-Anhalt seien etwa 11 000 Kinder und Jugendliche, 5 000 seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Man müsse denen, die es gern wollten, die Möglichkeit bieten, eine zweite Heimat zu finden. Wer den Schutz nicht brauche und in sein Heimatland reise, müsse hinsichtlich seines Status überprüft werden.

„Hass nicht unwidersprochen hinnehmen“

„Der Landtag wird keinen hier lebenden und gesetzestreuen Syrier auffordern, das Land zu verlassen“, betonte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die AfD entkerne mit ihrem Antrag zentrale Prinzipien des Rechtsstaates, kritisierte Striegel. „Wir werden Ihren Hass aber nicht unwidersprochen hinnehmen.“ Er forderte zudem ein Zeichen des Landtags nach außen: Dass man zusammenstehe für eine offene Gesellschaft ohne Angst voreinander, dass man die Wünsche und Träume für ein besseres Leben teile. Ob und wann syrische Menschen wieder dauerhaft in ihr Heimatland zurückkehren könnten, sei ungewiss, so Striegel.

Ausreise, wenn Fluchtgrund weggefallen

„In Syrien scheine sich die sicherheitspolitische Lage langsam zu stabilisieren“, mutmaßte Chris Schulenburg (CDU). Asylrecht ist ein Recht auf Zeit, wenn der Fluchtgrund weggefallen sei, dann müssten diejenigen unser Land verlassen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestritten, für Straftäter und Gefährder gelte dies sowieso. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollten weiter forciert werden, so Schulenburg, dafür bedürfe es aber nicht des Antrags der AfD: „Wir stehen für eine tatsächliche Wende in der Migrationspolitik bereit.“

Im Anschluss an die Debatte wurden der Antrag der AfD-Fraktion und der Alternativantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.