71 Jahre sind vergangen, seit die Menschen in der DDR – in den Städten und auf dem Land – zu Demonstrationen mit einer Million Teilnehmenden zusammenkamen, um gegen die ungerechte Politik des SED-Regimes zu protestieren. Sie forderten Freiheit, Menschenrechte und die Einheit Deutschlands und wendeten sich gegen die sowjethörige Politik der Staatsführung und deren immer abstruser werdenden gesellschaftlichen und arbeitspolitischen Forderungen. Die Antwort kam in Form von Panzern und Soldaten seitens der Sowjetunion. Im ehemaligen Stasi-Gefängnis am Magdeburger Moritzplatz wurde der Opfer der SBZ/SED-Diktatur gedacht und wurden Kränze niedergelegt.
Stimmen auf der Gedenkveranstaltung
Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris erinnerte daran, dass sich die Menschen „gegen Unzufriedenheit und Fremdbestimmtheit“ wandten. „Wir sind heute hier, um deren Mut und bürgerliche Courage zu würdigen.“ Sie rief dazu auf, die Zeitzeugen anzuhören, solange sie noch da seien ‒ „zuhören und auf sie hören!“, so Borris. Sie lobte das gemeinsame Projekt „Jugend im Juni“ von Schülerinnen und Schülern der IGS „Willy Brandt“ und des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, mit dem sie sich ‒ durch Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ‒ mit dem Thema „Volksaufstand am 17. Juni“ auseinandersetzten ‒ bereits als zweiter Jahrgang nach der Projektpremiere im Jahr 2023.
Johannes Beleites, Landesbeauftragter für die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Sachsen-Anhalt, richtete das Fernglas der Geschichte zurück auf den 17. Juni 1953, auf genau diesen Ort, den Stasi-Knast in Magdeburg-Nord. Hier hätten die Protestierenden die Freiheit für die politisch Inhaftierten gefordert und das Gefängnis sogar gestürmt, als ihre Forderung nicht erfüllt worden war. „221 Häftlinge wurden befreit“, sagte Beleites, nur einigen wenigen sei die Flucht nach Westberlin geglückt. „Die Menschen in der DDR hatten genug von ihrem Leben in Unfreiheit, die Ereignisse hätten schließlich eine lange Brücke zur Friedlichen Revolution im Jahr 1989 geschlagen.
Der 17. Juni 1953 sei einer der stolzen Tage in der deutschen Geschichte, sagte Dr. Carl-Gerhard Winter, Landesvorsitzender der Vereinigung der Opfer von Stalinismus e. V. „Die Menschen wollten sich nicht mit einer neuen Diktatur abfinden, und mit ihrer Reaktion habe sich die politische Elite von DDR und Sowjetunion „moralisch vor der ganzen Welt bloßgestellt“. Die Falschinterpretation, der Volksaufstand sei ein faschistischer Putsch gewesen, habe in alle den Jahrzehnten danach niemand geglaubt. Der 17. Juni sei es würdig, ein nationaler Feiertag zu sein, wie er es ehedem in der Bundesrepublik gewesen sei.
Nach der Gedenkstunde im Kulturzentrum Moritzhof fand im Innenhof des früheren Stasi-Gefängnisses am Moritzplatz eine Kranzniederlegung statt, wo noch einmal gemeinsam der Opfer gedacht wurde. Als Gast war auch Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum erwartet worden, der leider während der Anreise im Stau steckengeblieben war.