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Plenarsitzung

Frieden wahren im Angesicht des Kriegs

Sechs Jahre Krieg und mehr als 60 Millionen Tote weltweit: Am Abend  des 8. Mai 1945 trat die Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft, womit die nationalsozialistische Terrorherrschaft endgültig endete. Diese hatte Generaloberst Alfred Jodl am 7. Mai 1945 im Hauptquartier der Alliierten im französischen Ort Reims unterzeichnet.

Landtagspräsidentin Dr. Gunnar Schellenberger erinnert am 8. Mai an die Geschehnisse vor 77 Jahren: „Der 8. Mai ist für Deutschland ein besonderer Tag in der Erinnerungs- und Gedenkkultur. Er markiert in Europa das Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Viele Länder haben Anteil an diesem Sieg der Alliierten, nicht zuletzt die ehemalige Sowjetunion, die die weitaus meisten Opfer zu erleiden hatte.

Der Weg des Kriegs begann mit der schleichenden Aushebung von demokratischen Strukturen, einer Zentralisierung, gezielter Propaganda über die Medien und der anschließenden Pervertierung legitimer Macht in Willkür und Tyrannei. Bewusst sollten wir uns darüber sein, dass die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kein überraschendes Ereignis der Geschichte war. Sie war weder zufällig noch zwangsläufig. Das, was uns aktuell in Europa widerfährt, müssen wir daher wach und kritisch betrachten.“

Unterschiedliche Wahrnehmung des Gedenktags

Der 8. Mai als solcher ist heute im deutschen Erinnerungskalender als Tag der Befreiung eine feste Größe, auch wenn dessen Bedeutung in den beiden deutschen Staaten zunächst einen unterschiedlichen Werdegang nahm.

Die Bundesrepublik hatte sich zunächst mit der Symbolik des 8. Mai schwergetan. Zwar symbolisierte der Tag die Befreiung aller vom Nationalsozialismus und das Ende der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, doch war er zugleich auch Sinnbild der deutschen Niederlage und den Verbrechen der Kriegstreiber. Wie erinnert man richtig vor dem Hintergrund von Täterschaft und Opferschaft?, war die große Frage. Im Gegenzug dazu war der 8. Mai in der DDR als „Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus durch die Rote Armee“ geprägt, auch als Feiertag (1950–1967 und 1985). So sollte nicht nur der antifaschistische Gründungsmythos der DDR, sondern auch die Verbundenheit zur Sowjetunion in der Bevölkerung verfestigt werden, allerdings ohne groß an die eigene Schuld zu erinnern. Aber der 8. Mai 1945 darf als Tag der Befreiung nicht automatisch als die Befreiung eines unschuldigen Volkes missverstanden werden.

Nach der Rede Richard von Weizsäckers

1985 sprach der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker am Gedenktag vor dem Deutschen Bundestag. Seine Rede gilt nicht nur als die wichtigste seiner Amtszeit, vielen ist sie sogar bis heute die wichtigste Rede, die jemals zum Thema gehalten worden ist. Nicht Kapitulation und Niederlage stünden an diesem Tag im Mittelpunkt der Erinnerung der Deutschen, sondern die Befreiung von Krieg und NS-Diktatur. Immer verbunden mit diesem Tag bleibe der Holocaust, so von Weizsäcker. „Das Vergessenwollen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, sagte der damalige Bundespräsident 1985. Dieser Grundsatz hat bis heute Bestand. 

Wie andere mit dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenhang stehende geschichtsträchtige Tage wird auch der 8. Mai von rechtsextremen Kreisen für deren verquere und verfassungsfeindliche Geschichtsauffassung umgedeutet. Dennoch ist der Tag in das kollektive Gedächtnis und Bewusstsein in ganz Europa eingegangen, auch wenn in einigen Ländern andere Schicksalstage am Kriegsende mehr Bedeutung tragen (Russland: 9. Mai, Italien: 25. April, USA: 15. August): Der 8. Mai wird als Tag der Überwindung des Nationalsozialismus und des Endes der Nazi-Barbarei begangen; zugleich war er – international betrachtet – der Ausgangspunkt für einen politischen, sozialen und kulturellen Neubeginn – ein Versprechen – des friedlichen Miteinanders auf dem europäischen Kontinent.

Dieses Versprechen ist bereits mehrfach gebrochen worden. Zuletzt von Russland durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022.