Die Nachfrage nach Plätzen in Frauenhäusern hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Damit geht auch eine höhere Arbeitsbelastung für die Fachkräfte einher. Durch den gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und FDP, der im Juni-Plenum beschlossen wurde, soll die Landesregierung nun für das Hauswirtschafts- und Gebäudemanagement der Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt, je nach Größe der Einrichtung, angemessen Personal vorhalten. So hatte man es seinerzeit im Koalitionsvertrag vereinbart.
Betroffene Frauen ausreichend schützen
Die Nutzung von Frauenhäusern werde von Frauen (mit Kindern) immer mehr in Anspruch genommen, zeigte sich Konstantin Pott (FDP) bedrückt. Häusliche Gewalt nehme zu, betroffene Frauen müssten ausreichend geschützt werden. Pott verwies auf die Istanbul-Konvention, die auch Deutschland unterstütze. Die Förderung von Frauenhäusern sei immens wichtig, denn in ihnen würden Frauen bei der Bewältigung des Alltags unterstützt. In Sachsen-Anhalt gebe es 19 Frauenhäuser und 18 Beratungsstellen. Seit 2014 gebe es eine Steigerung der finanziellen Mittel für die Frauenhäuser, deren Auslastung liege fast bei 100 Prozent. Die Doppelbelastung der Mitarbeiterinnen durch sozialpädagogische und hauswirtschaftliche Arbeiten soll durch die Anstellung von Hauswirtschafterinnen reduziert werden.
Unverzichtbarer Teil des Hilfesystems
Frauenhäuser seien ein unverzichtbarer Teil des Hilfesystems in Sachsen-Anhalt, erklärte Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD) in Vertretung der Sozialministerin. Es gelte, die Istanbul-Konvention konsequent umzusetzen. Für die Frauenhäuser sei die tarifliche Bezahlung der Fachkräfte 2023 verstätigt worden. Durch den Antrag der Koalition soll die qualitätsgesicherte Versorgung der betroffenen Frauen abgesichert werden.
„Häusliche Aufgaben selbst regeln“
Mittlerweile müssten die Frauenhäuser Problemfälle lösen, die das Land vor einigen Jahren noch nicht betroffen hätten, kritisierte Oliver Kirchner (AfD) und führte die Anstiege der Fallzahlen auf die zunehmende Migration nach Sachsen-Anhalt zurück. Statt eine Hauswirtschafterin anzustellen, sollte man den „Frauen die Chance geben“, die hauswirtschaftlichen Aufgaben selbst zu regeln, so Kirchner, so könnten sie sich „von ihrer Lage ablenken“.
„AfD ist zum Fremdschämen“
Es sei zum Fremdschämen, dass die AfD meine, Frauen mit Migrationshintergrund hätten weniger Anspruch auf Schutz in einem Frauenhaus, konstatierte Xenia Sabrina Schüßler (CDU). In Sachsen-Anhalt gebe es 121 Plätze in den 19 Frauenhäusern, die Verweildauer betrage meist einige Tage, bisweilen auch mehrere Monate. Die Anstellung von Hauswirtschafterinnen sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Unterstützung der betroffenen Frauen und zur Entlastung des pädagogischen Personals. Schüßler warb für eine finanzielle Unterstützung durch den Bund.
Auch an die Interventionsstellen denken
Der Alltag in den Frauenschutzhäusern hätten die Wenigsten vor Augen, sagte Eva von Angern (DIE LINKE), die Arbeit vor Ort laufe rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres. Sie unterstütze den Antrag und hoffe, dass die Hauswirtschafterinnen zügig eingestellt würden. Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser hätten den Bedarf schon vor längerer Zeit angemeldet. Die Linken brachten einen Änderungsantrag ein, durch den auch die Interventionsstellen bei häuslicher Gewalt und Stalking stärker unterstützt werden sollen. Dort gebe es ebenfalls ein erhöhtes Beratungsaufkommen zulasten der ebenfalls dringend erforderlichen Aufklärungs- und Präventionsarbeit.
Weg in ein selbstbestimmtes Leben
„Die Zahlen aus den Frauenhäusern erschüttern und sie rütteln wach“, konstatierte Elrid Pasbrig (SPD). Statistisch werde jede vierte Frau einmal in ihrem Leben von ihrem Partner oder Expartner im häuslichen Umfeld misshandelt. Zu oft komme es zu Tötungsdelikten. In den Frauenhäusern des Landes arbeiteten ausgebildete Sozialpädagoginnen. Kleinere häusliche Arbeiten hätten die Sozialarbeiterinnen bisher nebenbei miterledigt. Sie hülfen den Frauen dabei, ihren Weg in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben zu finden. Frauen in diesen extrem belastenden Situationen bräuchten jedwede Unterstützung.
Unterbringung kostenfrei gestalten
An jedem dritten Tag werde in Deutschland eine Frau Opfer eines Femizids, nicht selten hätten diese Frauen zuvor jahrlang häusliche Gewalt erfahren, erklärte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Frauenhäuser seien wichtige Schutzorte für Frauen vor Gewalt. Die Einstellung von Hauswirtschafterinnen werde die Sozialarbeiterinnen entlasten. Es gebe jedoch noch mehr Baustellen, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen, betonte Sziborra-Seidlitz. Frauen müssten 20 Euro und acht Euro für jedes Kind pro Tag für die Unterbringung bezahlen. Es dürfe allerdings keine Hinderungsgründe für Schutz vor Gewalt geben. Deshalb müsse der Eigenanteil wegfallen, das Land müsse die Unterbringung vollständig finanzieren, forderte die Grünen-Abgeordnete.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalition angenommen. Der Änderungsantrag der Linken fand keine Mehrheit.