Wohl kaum ein Thema bewegt die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land derzeit mehr als die Frage, ob es im kommenden Winter ausreichend Energie für alle Haushalte und Unternehmen geben wird. Und wenn ja, wie hoch die Energiepreise insbesondere für Gas noch steigen werden? Wie ernst die Lage ist, zeigt auch die Agenda des September-Plenums, auf der sich gleiche mehrere Tagesordnungspunkte mit dieser Frage beschäftigt haben. Die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die AfD-Fraktion hatten entsprechende Anträge eingebracht, die in einer verbundenen Debatte diskutiert wurden.
Kriegsgewinnler zur Kasse bitten
Die Fraktion DIE LINKE schlägt in ihrem Antrag verschiedene Maßnahmen vor, um Bürgerinnen und Bürger vor der steigenden Inflation und im Fall einer drohenden Energiekrise zu unterstützen. Unter anderem soll die Landesregierung aufgefordert werden, im Landeshaushalt 2023 einen Energie-Härtefallfonds zur Entlastung für einkommensschwachen Personen und Haushalte einzurichten. Eva von Angern (DIE LINKE) erklärte, es gehe am Ende bei all den Forderungen im Antrag ihrer Fraktion darum, ob das bestehende Wirtschaftssystem in dieser Form beibehalten oder ein neuer Weg eingeschlagen werden müsse.
Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung müsse punktuell nochmal überarbeitet werden, befand von Angern. Denn Maßnahmen wie die Gasumlage führten zur Verarmung der Bevölkerung, während sich gleichzeitig manche Unternehmen „dumm und dämlich verdienen“ würden. Daher gelte für die Fraktion DIE LINKE: „Ja, wir wollen die Gewinner des Krieges zur Kasse bitten!“
Und Verarmung bedeute, dass Kinder nicht die gleichen Bildungschancen hätten und dann später wiederum weniger qualifizierte Jobs finden würden. „Ungleichheit fördert nie Akzeptanz und Vertrauen in demokratische Prozesse“, damit sei auch unsere Demokratie gefährdet, warnte die Linken-Abgeordnete. Alle weiteren Forderungen der Fraktion finden Sie im untenstehenden Antrag der Fraktion.
Übergewinnsteuer soll Lücken schließen
Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll der Landtag beschließen, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in prekären Situationen unterstützt werden müssen. „Zur Finanzierung sind im Sinne des Solidargedankens diese entstehenden leistungslosen Übergewinne heranzuziehen“, so die Grünen. „Die Auswirkungen von Krisen treffen Menschen nicht gleichmäßig“, konstatierte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN).
In einer solidarischen Gesellschaft müsste man dafür sorgen, dass in Krisenzeiten die Lasten gleich verteilt würden. Die von seiner Fraktion vorgeschlagene Übergewinnsteuer wolle zum einen finanzielle Lücken schließen als auch für mehr Gerechtigkeit sorgen. Das Prinzip „Gewinne privat, Verluste gemeinschaftlich“ sei nicht richtig, meinte der Grünen-Abgeordnete. Der Vorschlag der AfD-Fraktion sei „selbstzerstörerisch“, man müsse an der Seite der westeuropäischen Länder bleiben, alles andere sei keine Option. Sonst würde man sich langfristig einreihen in Regime wie Belarus und Nordkorea.
„Gasumlage nicht nötig“
Eigentlich würde ein Satz im Antrag ausreichen, sagte Matthias Lieschke (AfD): „Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Gasumlage gestoppt wird.“ Um die Gas- und Energieversorgung weiterhin aufrechtzuerhalten, sei keine Gasumlage nötig, sondern viel eher ein grundsätzlicher Kurswechsel, betont die AfD-Fraktion in ihrem Antrag.
Die großen Verlierer in dieser Situation seien die Bürgerinnen und Bürger, die ab dem 1. Oktober eine geplante Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssten. Dadurch würden die privaten Haushalte in mehrfacher Weise belastet, aber auch große Unternehmen seien womöglich gezwungen, ihre Produktion herunterzufahren, gänzlich einzustellen oder planten ihren Standort ins Ausland zu verlagern, so Lieschke.
Bei Gaspreisbremse nachsteuern
Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD), Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, äußerte Verständnis für die Sorgen der Menschen, erinnerte aber auch daran, dass möglichst rationale Entscheidungen getroffen werden müssten und keine „aus dem Bauch heraus“. Des Weiteren verwies der Minister auf die Einigung der Koalitionsfraktionen auf Bundesebene über das dritte „Entlastungspaket“. Bei der Gaspreisbremse müsste seiner Meinung nach nachgesteuert werden, ebenso bei den Entlastungen für Unternehmen, so Willingmann. „Am Ende muss auch der Bäcker aus Sachsen-Anhalt im Februar noch Brötchen backen!“ – dies müsse Ziel des Entlastungspakets für Unternehmen sein.
Rechtliche Rahmenbedingungen abklären
Ulrich Thomas (CDU) betonte, seine Fraktion sehe die Übergewinnsteuer äußerst kritisch aufgrund der – aus seiner Sicht – ungeklärten rechtlichen Rahmenbedingungen. Ihm sei nicht klar, wo man bei dieser Steuer anfangen und wo aufhören wolle. Auch die Gasumlage werde von der CDU-Fraktion abgelehnt, die dahinterstehende Logik sei für ihn nicht nachvollziehbar. Dagegen begrüßte Thomas den Aspekt im Antrag der Fraktion DIE LINKE, die Sanktionen gegen Russland auf den Prüfstand zu stellen.
„Sanktionspolitik beenden“
Tobias Rausch (AfD) pflichtete im Wesentlichen seinem Vorredner Ulrich Thomas bei, dies müsse man nicht alles wiederholen, so der Abgeordnete. Kurz gesagt, seine Fraktion lehne die Übergewinnsteuer ebenfalls ab. Er würde sich freuen, wenn die CDU-Fraktion diese Position auch mal im Bundestag vertreten würde, kritisierte Rausch. Wenn Unternehmen in Sachsen-Anhalt wirklich die Gasumlage zahlen müssten, fürchtet er, dass in vielen Betrieben „die Lichter ausgehen würden“. Die Politik der Bundesregierung sei nur ein „Rumdoktern an Symptomen“ und nicht an der Ursache: „Wir müssen die Sanktionspolitik beenden!“
„Übergewinnsteuer nicht der richtige Weg“
Der Staat werde nicht alle Härten für die steigenden Energiepreise ausgleichen können, stellte Jörg Bernstein (FDP) fest. Die Übergewinnsteuer sei seiner Ansicht nach nicht der richtige Weg, auch die Gasumlage betrachte er kritisch. Um im Detail über die einzelnen Anträge zu sprechen, schlug Bernstein eine Überweisung der Anträge in die entsprechenden Ausschüsse vor.
„AfD-Vorschläge führen in die Kataatrophe“
Dr. Andreas Schmidt (SPD) sagte, die Vorschläge der AfD-Fraktion seien nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sondern führten langfristig in eine Katastrophe und seien daher abzulehnen. Die Diskussion über eine Übergewinnsteuer sei dagegen berechtigt, denn es sei nicht richtig, dass Unternehmen profitierten und Menschen mit mittleren Einkommen immer höhere Steuern zahlen müssten.
Ergebnis und Dokumente
Im Anschluss an die Debatte wurden die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ausschuss für Finanzen, der Antrag der AfD-Fraktion in die Ausschüsse für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (federführend) und für Wirtschaft und Tourismus (mitberatend) überwiesen.