Die Frage nach Verantwortung und Schuld der höheren Wehrmachtsführung an den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes ist eine der zentralen Themen der im Nachkriegsdeutschland beginnenden „Aufarbeitung“ gewesen. Die ungeheure Dimension dieser Verbrechen warf vor allem auch die Frage nach den Verantwortlichen hierfür auf. Der Historiker Jens Brüggemann geht in seiner detailreichen und quellenbasierten Studie der Frage nach, wie es zahlreichen Protagonisten der Wehrmachtselite gelang, maßgeblichen Einfluss auf die Darstellung der Armee im Nationalsozialismus in Politik und Gesellschaft zu nehmen.
Begonnen hatte die Entwicklung des Narrativs der „sauberen“ Wehrmacht schon mit der Verteidigungsstrategie im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess 1945/46. Bereits dort erreichte die Verteidigung, dass das Oberkommando der Wehrmacht und der Generalstab (wenn auch aus eher formalen Gründen) nicht zu verbrecherischen Organisationen erklärt wurden.
Insgesamt gelang es der Wehrmachtelite, begünstigt durch den beginnenden Ost-West-Konflikt und eine weit verbreitete Schlussstrichmentalität, ein Geschichtsbild zu konstruieren, das die Armee von Mitverantwortung weitgehend freisprach. Dies wiederum erleichterte die Rehabilitierung und Integration ihrer Spitzenvertreter in Staat und Gesellschaft der jungen Bundesrepublik erheblich.