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Plenarsitzung

Damit die Fische den richtigen Weg finden

Die AfD-Fraktion zweifelte im Februar 2022 in einem in den Landtag eingebrachten Antrag an, dass die in Sachsen-Anhalt an Wehren und Wasserkraftanlagen errichteten Fischauf- und Fischabstiegsanlagen eine vollumfängliche Funktionsfähigkeit besitzen. Laut Antrag sollte die Landesregierung seinerzeit eine Überprüfung der Anlagen in die Wege leiten. Alle energiewirtschaftlichen Anlagen in Gewässern sollten zudem dahingehend kontrolliert werden, inwieweit von diesen eine Gefahr und Schädigung für Wasserorganismen ausgehe.

Der Antrag (Drs. 8/729) war in der Landtagssitzung am 25. Februar 2022 in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt überwiesen. Dieser hatte sich darauf verständigt, am Mittwoch, 21. September 2022, eine Anhörung zum Thema durchzuführen.

Stimmen aus der Anhörung

Eine allgemeine technische Funktionsprüfung der Großanlagen sei nicht möglich, da hydraulische Vorgaben zur Beurteilung standortspezifischer Strömungen fehlten und das Merkblatt nicht in ein Arbeitsblatt mit Konsens und Einspruchsverfahren überführt worden sei, erklärte Arne Gluch vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt. In Sachsen-Anhalt werde der Fischauf- und -abstieg an Wasserkraftanlagen durch das sogenannte Leitrechen-Bypass-System gewährleistet. Insgesamt handle es sich um ein aufwendiges und diffiziles standortabhängiges Verfahren. Der Erfolg des Aufstiegs der Fische sollte regelmäßig durch Reusen- und Fangkontrolle nachgewiesen werden. Die Anlagen würden durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige geprüft.

Der Zustand der Fließgewässer werde im Wesentlichen eher schlechter als besser, monierte Dr. Uta Langheinrich vom Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Die Qualität des Fließwassers sinke unter anderem auch durch die Temperaturerhöhung beim Anstau und den Rückstau von Sedimenten an den Wasserkraftanlagen. Problematisch sei, dass Fischaufstiegsanlagen oft zu kurz, zu schmal oder zu steil angelegt würden und daher von schwächeren Tiere gar nicht bewältigt werden könnten. Alle Anlagen zu überprüfen, stellte das Land vor eine große Herausforderung, so Langheinrich. Es gebe wahrscheinlich noch gar kein Verzeichnis über alle Anlagen; die mehreren Hundert Anlagen im Land zu prüfen, bedeutete einen erheblichen personellen und technischen und also auch finanziellen Aufwand.

Eine der Anforderungen an den Verband sei, einen naturnahen Fischbestand aufzubauen und aufrechtzuerhalten (Hegepflicht), sagte Anja van der Molen-Stolze vom Landesanglerverband Sachsen-Anhalt e. V., der gut 45 000 Angler/innen in 103 Mitgliedsvereinen organisiert. Denn über 50 Prozent der heimischen Fische gälten als gefährdet oder seien bereits verschollen. Nach eigenen Erkenntnissen sei die Funktionsfähigkeit der Fischwechselanlagen in Sachsen-Anhalt nicht gegeben, so van der Molen-Stolze. Durch Querverbauungen in den Fließgewässern (zum Beispiel Wasserkraftanlagen: Staumauer, Triebwehrkanal, Rechen, Turbine) würden die Lebensräume zerschnitten, die Fische gelangten nicht in ihre natürlichen Laichgebiete und würden in Größenordnung an den Anlagen sterben; so gingen Fischarten und Biodiversität verloren. Die Daten über diese Anlagen müssten alle gesammelt und ausgewertet werden. Funktionskontrollen an Fischwechselanlagen sollten zwingend regelmäßig und nicht nur einmalig nach Baufertigstellung durchgeführt werden, so die Vertreterin des Landesanglerverbands. Nur so könne sicher festgestellt werden, welche und wie viele Fische (Größe, Alter, Art) die Fischquerungshilfen erfolgreich passierten und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssten.

Durch Fischaufstiegsanlagen müssten Hindernisse in Fließgewässern ohne Zeitverlust passierbar und freilich erstmal für die Fische gut auffindbar sein, erklärte Dr. Ulrich Schwevers vom Institut für angewandte Ökologie. Es gebe leider keine festen Kriterien, nach denen Fangkontrollen ausgewertet würden, Zeitverluste oder Probleme bei der Auffindung könnten nicht nachvollzogen werden. Es müssten „harte Fakten“ geschaffen werden: nötig sei die Ausstattung und Registrierung von Fischen mit Transpondern, durch die deren Wege und Passagen nachverfolgt würden. Diese Vorgehensweise sei allerdings sehr teuer, so Schwevers. Günstiger und ebenso zwingend erforderlich sei es, für die Fischwechselanlagen feste Regeln und Grenzwerte zu schaffen und an den Anlagen einzuhalten.

Die Fließgewässer müssten in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, erläuterte Ralf Meyer, Landesvorsitzender vom BUND Sachsen-Anhalt. Es gebe enorme Beeinträchtigungen bei der Wasserchemie, die Fließgewässer seien zudem morphologisch verändert worden, durch Hochwasserschutz, Vertiefungen oder künstliche Stauungen. Neben den schon bestehenden Problemen dürften nicht noch neue zugelassen werden. Meyer sprach hier unter anderem die enorme Salzlast des Systems Bode-Saale-Elbe an. Der BUND forderte Landtag und Landesregierung auf, die Wasserrahmenrichtlinie des Landes umzusetzen

Der Ausschuss wird sich nach der Auswertung der Anhörung und der Informationen vonseiten der Landesregierung in einer seiner kommenden Sitzungen erneut mit der Thematik beschäftigen.