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Plenarsitzung

Junge Erwachsene aus dem Blick verloren

Die Corona-Pandemie habe Studien zufolge zum Teil enorme Auswirkungen auf das Leben der Menschen, bekundet die FDP-Fraktion, aber gerade junge Erwachsene würden in der öffentlichen Debatte häufig außer Acht gelassen. Damit sei eine ganze Generation gefährdet, nicht nur schwer psychisch zu erkranken, sondern auch als ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft wegzubrechen. Um dies zu besprechen, hatte die FDP-Fraktion eine Aktuelle Debatte beantragt.

Student sitzt in den leeren Reihen eines Hörsaals.

Voller Hörsaal? Derzeit Fehlanzeige. Der Landtag diskutierte, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf junge Menschen, zum Beispiel Studierende, hat bzw. haben könnte.

Es fehlen die sozialen Kontakte

Während der Corona-Pandemie seien uns Krankheiten entgangen, die sich rasanter denn je ausbreiteten, die psychischen Erkrankungen, konstatierte Konstantin Pott (FDP). Die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu sterben, sei im Vergleich ebenso hoch, wie an Corona zu sterben. Aktuell leide jeder vierte Erwachsene in Deutschland an einer psychischen Erkrankung, dies treffe insbesondere auf junge Erwachsene zu. Aufgrund der Pandemie-Bestimmungen fehlten soziale Kontakte und reale Erfolgserlebnisse.

Suche ein junger Erwachsener derzeit Hilfe, stoße er allerdings auf lange Wartezeiten bei den Fachleuten, die Betroffenen litten enorm. Er sprach sich für die gesicherte Öffnung der Betreuungsangebote aus.

Nicht genügend Plätze für die Betreuung

Die Landesregierung habe Regelungen aufgestellt, um die Teilhabe im Bereich Gesundheitsbedarf sicherzustellen, soweit es die Pandemie erlaube, erklärte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Der Austausch untereinander sei ein wichtiger Teil der individuellen Entwicklung. Die Landesregierung tue alles Mögliche, um gleiche Chancen für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen, so Grimm-Benne. So habe man einen pandemiegerechten Kita-Betrieb sichergestellt und in den Schulen die Regelungen des Landes umgesetzt, um dem Infektionsschutz und dem Anspruch auf Bildung gerecht zu werden.

Man wisse um die Folgen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und jungen Erwachsenen; ein Anstieg von Anträgen auf psychotherapeutische und psychiatrische Betreuung sei zu beobachten. Es habe sich allerdings gezeigt, dass das Land schon vor der Pandemie nicht über genügend Plätze in der Tagestherapie bzw. in den Tageskliniken verfügt habe – daran müsse man arbeiten, so Grimm-Benne. Es bedürfe mehr niederschwelliger Unterstützungs- und Beratungsangebote für junge Erwachsene und deren Familien; Bund und Land hätten bereits ein Maßnahmenpaket aufgelegt, um die Prävention zu stärken.

Maßnahmen, „um die Pandemie zu schützen“

Aus dem Kampf gegen die Pandemie sei ein Kampf gegen die Menschen geworden, um die Pandemie zu schützen, befand Ulrich Siegmund (AfD). Die Folgen der Pandemie seien Ergebnis der unnötigen, widersprüchlichen Zwangsmaßnahmen, es seien politische Entscheidungen, die die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzten – und hier mische die FDP kräftig mit, so Siegmund.

Der AfD-Abgeordnete nannte verschobene Operationen, Begleitschäden und das Leiden der Kinder. Es gebe die „wissenschaftliche Gewissheit“, dass die Maßnahmen mehr Schaden als Nutzen angerichtet hätten, zeigte sich Siegmund überzeugt. Den Menschen werde Angst gemacht, dass das Gesundheitswesen kollabieren könnte, allerdings sei parallel nichts zur Stärkung des Gesundheitswesens getan worden.

Bedürfnisse junger Menschen nicht vergessen

Der AfD-Abgeordnete habe mal wieder nur seine üblichen Hasstiraden losgelassen, statt sich um das wichtige Thema der Aktuellen Debatte zu kümmern, kritisierte Tobias Krull (CDU). Der gesundheitliche Zustand anderer vulnerabler Gruppen habe mit Beginn der Pandemie stärker im Mittelpunkt gestanden als andere, räumte Krull ein.

Der Austausch mit Gleichaltrigen sei von großer Bedeutung; Kinder und junge Erwachsene hätten durch die Pandemie aber stattdessen oft weniger Antrieb in Ausbildung, Studium und Freizeitgestaltung. Das „normale Leben“ sei auf Pause geschaltet worden. Die Bedürfnisse junger Menschen dürften nicht vergessen werden, so Krull. Bund und Land hätten bereits Maßnahmen ergriffen, dass Rückstände im Leben junger Menschen aufgeholt werden könnten.

„Pandemie wirkt wie ein Brennglas“

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hätten sich seit Anbeginn der Pandemie sehr solidarisch gezeigt, viele von ihnen hätten derweil wichtige Phasen ihres Lebens ganz anders durchlaufen, als es vor der Pandemie der Fall gewesen wäre, erinnerte Nicole Anger (DIE LINKE). Ein Teil der Jugendlichen hätte noch nie zum Tanzen in den Club gehen können, viele hätten ihre Hobbys ruhen lassen müssen.

Der außerschulische Bereich biete aber noch immer viele Möglichkeiten der Lebensgestaltung an. Es sei ein Zugewinn, beispielsweise im digitalen Bereich zu beobachten, aber zugleich auch eine deutliche Zunahme von Sorgen und Ängsten. Diese Signale müssten ernst genommen werden, so Anger, eine Unterstützung müsse ohne lange Wartezeiten möglich sein. Die Pandemie wirke wie ein Brennglas, sie habe Schwachstellen noch schwächer gemacht, hier gelte es anzusetzen und sichere Perspektiven zu schaffen.

„Lasst euch impfen!“

„Seit zwei Jahren leben wir mit der Pandemie und kämpfen gegen sie an“, zum ersten Mal gebe es mehr als 200 000 Neuinfizierte an einem Tag, sagte Dr. Katja Pähle (SPD). Die Pandemie stelle Familien und Alleinerziehende vor große Herausforderungen. Aber auch junge Menschen hätten im Zuge der Pandemie mit ganz neuen Herausforderungen zu kämpfen. Das Fehlen des gemeinsamen Lernens und Lebens machte den jungen Menschen schwer zu schaffen. Es bedürfe einer Steigerung der psychosozialen Betreuung.

Ohne eine deutliche gesteigerte Immunisierung der Bevölkerung werde es aber noch länger zu herben Auswirkungen auf das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben kommen. Die Impfung schütze in hohem Maße vor schweren Verläufen und verlangsame die Ausbreitung des Virus. Man könnte bei der Bekämpfung des Virus schon sehr viel weiter sein, wenn unter anderen die AfD mit ihrer „aktiven Verblendung der Bevölkerung“ aufhören würde. „Lasst euch impfen!“, rief Pähle auf.

Bestehende Angebote sinnvoll ergänzen

Jeder vierte Studierende leide in Deutschland unter enormem Stress oder unter einer psychischen Erkrankung – dies seien allerdings Zahlen von vor Corona, sagte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Diese krisenhafte Entwicklung habe die Pandemie nur noch beschleunigt. Junge Erwachsene seien zu lange schon nicht als vulnerable Gruppe betrachtet worden. „Wir sehen euch und eure aktuellen Probleme“, erklärte Sziborra-Seidlitz und machte auf die besondere Lage von Studierenden in den ersten Semestern aufmerksam, die bisher nur die Fernlehre kennengelernt hätten.

Die bereits bestehenden Angebote müssten sinnvoll mit Hochschulprojekten zum Gesundheitsmanagement und anderen professionellen psychotherapeutischen Angeboten ergänzt werden. Der Ausbau der Therapieplätze sei glücklicherweise bereits Teil des Koalitionsvertrags auf Bundesebene. Man dürfe das Bild der Studierenden in Deutschland aber auch nicht zu düster zeichnen. Gut ein Fünftel der befragten Studierenden favorisiere demnach auch digitale Lehrveranstaltungen.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.