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Plenarsitzung

Qualitätskontrolle und besserer Jugendschutz

Eine Verbotspolitik im Bereich Cannabis löse keinerlei Probleme, sondern schaffe zusätzliche, befindet die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Suchtprävention, Jugendschutz und Qualitätssicherung gebe es demnach nur mit einem staatlich regulierten, normierten und kontrollierten Cannabismarkt. Auf Antrag der Grünen wurde diskutiert, ob Sachsen-Anhalt mindestens ein regionales Modellvorhaben zum lizenzierten Verkauf von Cannabis umsetzen sollte und welche weiteren Schritte bei der Entkriminalisierung von Cannabis gegangen werden müssten.

Ein Arzt hält medizinisches Cannabis in die Kamera.

Die Abgabe von Cannabis könnte nicht mehr nur zu medizinischen Zwecken erfolgen.

Jugendschutz und Qualitätskontrolle

Die Grünen setzten sich für eine Cannabispolitik ein, die Jugendschutz, Prävention und Qualitätskontrolle vereine, erklärte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Polizeibehörden würden tausendfach belastet, es bestehe ein großer Schwarzmarkt, wo niemand nach Qualität oder Alter frage. Das bevorstehende Bundesgesetz zur Legalisierung von Cannabis sei ein Meilenstein für eine offene Gesellschaft, die auf mündige Bürger baue. Es fuße auf zwei Fundamenten: Clubanbau und Regionalmodell (Anbau für Eigenkonsum in Clubs) und Modellvorhaben für kommerzielle Lieferketten. Sziborra-Seidlitz warb für einen frühzeitigen Dialog mit den hiesigen Suchtberatungsstellen. Es werde eine Regulierung der Clubs geben (Sichtschutz, Abstandsgebote, Trennung von Erwerb und Konsum), zudem müsse ein ausgewogenes Konzept zum Jugendschutz und zur Suchtprävention erarbeitet werden.

Prozess im Dialog begleiten

Ein Legalisierungsgesetz müsse in Verbindung mit einem verbesserten Jugend- und Gesundheitsschutz einhergehen, sagte Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD) in Vertretung der Sozialministerin. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung liege noch nicht vor. Aber schon vor dem Start sei klar, dass es eine Ausweitung der Suchtprävention und des Jugendschutzes geben müsse. Selbstverständlich trete man in fachlichen Fragen immer in den Dialog mit den beteiligten Akteuren, dies werde man auch tun, wenn klar sei, welche Aufgaben den Ländern und Kommunen bei der Umsetzung des Gesetzes zukomme.

„Be smart, don’t start“

Die Bundesregierung sei sich in der Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken einig, die CDU-Fraktion lehne diese ab, betonte Tobias Krull (CDU). Es handle sich um eine Verharmlosung des Konsums der vermeintlich weichen Droge. Es gebe ausreichend Warnungen aus dem medizinischen Bereich und die bestehenden Schutzkonzepte seien nicht ausreichend, so Krull. Mit der Legalisierung werde der Schwarzmarkt nicht einfach verschwinden, und niemand könne einen „Drogentourismus“ wollen, sollte Sachsen-Anhalt eine der Cannabis-Modellregionen werden. „Be smart, don’t start“, riet der CDU-Abgeordnete.

Vorteile überwiegen nicht Nachteile

Der harte Drogenkonsum gehe auf den Konsum von Cannabis zurück, meinte Tobias Rausch (AfD). „Das Vorhaben der Cannabis-Legalisierung sehen wir mit großer Sorge.“ Zwar würde die Legalisierung zur Entlastung von Justiz und Polizei und zu mehr Steuereinnahmen führen, und es würden zusätzliche Arbeitsplätze (für Anbau, Vertrieb und Verkauf) entstehen, der Schwarzmarkt würde aber nicht ausgetrocknet werden, stattdessen würde hier der Preis gedrückt und andere Drogen würden angeboten, mutmaßte Rausch. Es bestehe die Gefahr, dass Jugendliche einfacher in den Kontakt mit der Droge kämen, die zudem die Fahrtüchtigkeit beeinträchtige.

Werbeverbot als Blaupause nutzen

„Eine rationale Cannabispolitik finden wir gut“, sagte Nicole Anger (DIE LINKE) und sprach sich für die nicht-profitorientierte Cannabis-Legalisierung aus. Die deutschlandweite Legalisierung werde leider auf Modellregionen zurückgeschraubt. Es fehlten zudem noch Konzepte zur Prävention oder die Festlegung von Grenzwerten im Straßenverkehr. Die frühe Auseinandersetzung, worauf man sich im Legalisierungsfall länderseitig vorbereiten müsse, werde begrüßt, so Anger. Sie stellte klar, dass es nicht darum gehe, den Cannabis-Konsum auszuweiten, sondern ihn zu entkriminalisieren. Cannabis sei zwar die meistkonsumierte illegale Droge, die meistkonsumierten Drogen seien allerdings Alkohol und Tabak. Dealer, die Cannabis an Jugendliche verkauften, müssten weiter verfolgt und bestraft werden. Die Linken sprechen sich für ein Cannabis-Werbeverbot aus, „das kann gern als Blaupause für Alkohol und Zigaretten genutzt werden“.

Über mögliche Folgen aufklären

„Der Konsum von Cannabis findet statt“, die Verbotspolitik funktioniere nicht, erklärte Konstantin Pott (FDP). „Als freie Demokraten sind wir für die Legalisierung.“ Seine Fraktion halte die Vorschläge der Bundesregierung für zu zögerlich. Wichtig sei, dass der Verkauf in lizensierten Verkaufsstellen stattfinde – an Volljährige und von kontrollierter Ware. So könne man die Konsumierenden vor verunreinigten Stoffen schützen. Freilich müsse die Gefährdung durch zu frühen und zu viel Konsum im Auge behalten werden; Gleiches gelte aber auch beim Alkoholkonsum. In der Präventionsarbeit müsse über mögliche Folgen aufgeklärt werden. Menschen mit Sucht-Problemen würden sich aufgrund der Kriminalisierung von Cannabis bisher keine oder sehr spät Hilfe suchen, diese Situation könne dann verbessert werden.

Keine unangemessene Verharmlosung

„Rauchen schadet ihrer Gesundheit“, das gelte für Tabak als auch Cannabis, sagte Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD). Die WHO habe Cannabis aus der Liste der gefährlichsten Drogen gestrichen, einige Länder hätten es bereits entkriminalisiert. Eine unangemessene Verharmlosung müsse vermieden werden, denn der Wirkstoff THC könne durchaus zu körperlichen Schädigungen führen. Es sei also ein regulatorisches Rahmenwerk mit Leitlinien zur Risikosenkung notwendig. „Um auf die Cannabis-Legalisierung vorbereitet zu sein, brauchen wir in Sachsen-Anhalt belastbare Beratungsstrukturen“, so Richter-Airijoki, die vorhandenen Angebote müssten ausgebaut und miteinander verknüpft werden. Die Kommunen sollten nicht unvorbereitet als Modellregion agieren.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Grünen in die Ausschüsse für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (federführend) und für Infrastruktur und Digitales, für Inneres und Sport sowie für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz (alle mitberatend) überwiesen.