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Plenarsitzung

Elbebiber im Land hat eine Managerin

Im September 2024 hatte die CDU-Fraktion das Bibermanagement in Sachsen-Anhalt im Rahmen einer Selbstbefassung als Thema in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt eingebracht. Der Ausschuss führte dazu am Mittwoch, 5. Februar 2025, ein Fachgespräch mit Expertinnen und Experten durch. Die entscheidende Frage: Haben Biber und ihr „Knabberwerk“ Auswirkungen auf land- und forstwirtschaftliche Flächen in Sachsen-Anhalt?

Biber mit Stöcken am Fluss.

Lässt sich der Biber managen?, fragt man sich im Umweltausschuss.

Zwar gebe es in naturnahen Flussauen selten Konflikte zwischen der landwirtschaftlichen Nutzung durch den Menschen und den Aktivitäten des Bibers, so die CDU-Fraktion in ihrer Begründung zur Selbstbefassung, aber im Oberlauf könnten die von den Bibern gebauten Dämme, insbesondere bei Starkregenereignissen, zu Überschwemmungen und dadurch zu erheblichen Schäden auf den Flächen führen. Tatsächlich seien im Jahr 2016 in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 80 Prozent der Konflikte durch Vernässungen oder Überstauungen von Flächen an Biberdämmen, hauptsächlich auf landwirtschaftlichen Flächen (34 Prozent) entstanden.

Das damalige Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie hatte in der 7. Wahlperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt diverse Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem Biber im Land entwickelt. Eine Überprüfung dieser Handlungsempfehlungen und der Wirksamkeit des Bibermanagements sei daher sinnvoll.

Der Biber in Sachsen-Anhalt

Doch was kann getan werden, um das Werk des Bibers zu begrenzen, da er doch europa- und bundesrechtlich besonders und streng geschützt ist? Es sei nicht zulässig, Biber generell zu bejagen oder den Bestand auf eine feste Obergrenze zu regulieren, so die CDU-Fraktion. In Sachsen-Anhalt habe sich die Population des Bibers durch den strengen Schutz sehr gut entwickelt. In Sachsen-Anhalt befindet sich das einzige durchgehend besiedelte Vorkommen des Europäischen Bibers (Castor fiber) in Mitteleuropa.

Konkrete Fragestellungen der Selbstbefassung

  • Inwiefern sieht das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) Bedarf, die Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem Biber in Sachsen-Anhalt auf Praxistauglichkeit zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen?
  • Welche Entwicklung erwartet das Ministerium bezüglich der Biberpopulation und deren Auswirkungen in Sachsen-Anhalt?
  • Ziel des Bibermanagements muss es sein, die Bedürfnisse von Mensch und Natur in Einklang zu bringen. Inwiefern werden Beratung, Prävention, Zugriffsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen dementsprechend angewandt, um besonders die Land-, Teich- und Forstwirtschaft zu unterstützen? Sind die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen dafür geschaffen?
  • Wie werden Entschädigungsleistungen für betroffene land- und forstwirtschaftliche Betriebe und andere geschädigte Personen kalkuliert?
  • Inwieweit werden die verantwortlichen Mitarbeiter der Landkreise und die vielen Ehrenamtlichen im Umgang mit dem Biber aus- und weitergebildet? Bietet das Ministerium Schulungen an bzw. unterstützt es in der praktischen Beurteilung vor Ort, ob z. B. bei Konflikten oder eine Umsiedelung eines Bibers notwendig ist?

Anmerkungen von der Landesregierung

Staatssekretär Dr. Steffen Eichner vom Umweltministerium erklärte, Sachsen-Anhalt sei insbesondere das Land der Elbebiber, deren Entwicklung sei eine Erfolgsgeschichte. Derzeit gebe es rund 3 600 Biber in Sachsen-Anhalt, in einigen Landkreisen sei die maximale Grenze der Population erreicht. Die Biber-Management-Richtlinien würden derzeit mit der Biberkompetenzstelle abgestimmt. Verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung des Siedlungsgebiets würden bereits umgesetzt, so zum Beispiel die Entnahme von Biberdämmen, an sensiblen Gewässerabschnitten der Einsatz von Elektrozäunen oder der Einsatz von Drahtmatten gegen Grabungen. Flächeneigentümer könnten seit 2019 biberbedingte Mehraufwände dem Land gegenüber geltend gemacht werden.

Aus den Redebeiträgen der Fachleute

Der Unterhaltungsverband Fläming-Elbaue aus dem Landkreis Wittenberg habe die meisten Biber, die meisten Konflikte und die höchste Schadenssumme, sagte dessen Geschäftsführer Torsten Georgi. Weit über 1 000 Tiere werden im Gebiet vermutet [offizielle Zahlen deutlich tiefer]. Diese seien regelmäßig unter anderem für die Überflutung von anliegenden Grundstücken, die Verstopfung von Rohrleitungen und für Beschädigungen von Gleisanlagen durch Untergrabung verantwortlich. Die Schadenssummen des Verbands seien in den letzten Jahrzehnten regelrecht explodiert und beliefen sich mittlerweile auf 302 900 Euro ‒ 55 000 Euro stelle das Land allerdings nur für Reparaturarbeiten bereit. Täglich seien Ehrenamtliche im Einsatz, um „Biberbaustellen“ zu kontrollieren, aber man werde der Probleme so nicht Herr. Der Unterhaltungsverband spricht sich für die Schaffung einer Bibereingreiftruppe aus. Ziele des Bibermanagements des Landes sollten zudem Entschädigungszahlungen für geschädigte Grundstücksbesitzer, die Änderung des Biber-Schutzstatus, die Entfernung von Futterdämmen, die finanzielle Unterstützung der Ehrenamtlichen, eine Höchstgrenze der Biber-Zahlen in Sachsen-Anhalt und die Vergrämung der Tiere aus den Ortschaften sein.

Der Biber habe mit seinen Aktivitäten ‒ neben Problemen und Schäden ‒ auch positive Auswirkungen auf die Biodiversität seiner Siedlungsräume, erinnerte Ralf Meyer, BUND-Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt e. V. Die Tiere böten eine Gratisrenaturierung von Gewässern. Der BUND habe in den zurückliegenden Trockenjahren auch Auswirkungen auf den Biber beobachtet, es habe sogar an der Goitzsche verlassene Biberburgen gegeben. Die Handlungsempfehlungen des Landes zum Biber folgten den engen Schutzrichtlinien, auf der anderen Seite stünden die durchaus berechtigten Interessen der Landnutzer und Unterhaltungsverbände. Die Förderinstrumente deckten nicht die Ernteausfälle oder Schäden, die Finanzhilfen müssten hier unbedingt aufgestockt werden, meinte auch Meyer. Dem Schutz der Tiere komme eine hohe Bedeutung bei, so Meyer, mit verschiedenen Maßnahmen vor Ort und auskömmlichen Förderinstrumenten sollte auf mehr Akzeptanz hingearbeitet werden.

Man müsse die Frage beantworten, ob der gute Erhaltungszustand des Bibers in Deutschland erreicht sei oder nicht? Wenn er erreicht wäre, könnte die Schutzstufe reduziert werden, meinte Franz Prinz zu Salm-Salm vom Forum Natur Sachsen-Anhalt e. V. Das Land Sachsen-Anhalt habe es bisher nicht geschafft, eine Biber-Verordnung zu erstellen, sondern orientiere sich nur an seinen ‒ nicht amtlichen ‒ Handlungsempfehlungen. Die Land- und Forstwirtschaft oder auch der Städte- und Gemeindebund seien an deren Aufstellung nicht beteiligt gewesen. Das Biber-Monitoring liege allein in den Händen einer NGO, das Management sei allerdings unzureichend. „Wie verlässlich sind die Zahlen?“, fragte Salm-Salm. Zielkonflikte (Waldschutz versus Biberschutz) würden nicht ausreichend thematisiert, die Schäden am Landeswald durch die Biber seien enorm, eine Entnahme [Tötung] sei geboten.

„Der Biber steht unter Schutz, und dafür ist es notwendig, die Lebensräume und Tiere zu schützen“, betonte Jörg Schuboth von der Landeskompetenzstelle für Biberschutz in Sachsen-Anhalt beimBiosphärenreservat Mittelelbe. Im Land gebe es etwa 1 400 Biberreviere. Durch das Biber-Monitoring habe ein günstiger Erhaltungszustand der Art festgestellt werden können. In Bayern gebe es etwa 22 000 Biber, eine Entnahme von 2 000 Tieren pro Jahr könne den Gesamtbestand hier nicht erschüttern. In Sachsen-Anhalt lebten im Jahr 2022 (geschätzte) 3 609 Tiere; eine Entnahme [ob Damm oder Tier] liefere nicht automatisch das gewünschte Resultat. Die ergriffenen Maßnahmen zur Vergrämung der Tiere an bestimmten Orten müssten regelmäßig kontrolliert werden, hier sei die Hilfe von Ehrenamtlichen nötig, so Schuboth.

Wie geht es weiter?

Am Ende des Fachgesprächs wurde sich darauf verständigt, die Handlungsempfehlungen der Landesregierung zum Biber-Management, sobald diese fertiggestellt sind, zum inhaltlichen Austausch mit den Abgeordneten in den Ausschuss zu holen und dafür den Selbstbefassungsantrag der CDU-Fraktion noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.