In letzter Zeit würden insbesondere auch aus der Politik Stimmen laut, die das naturschutzfachliche Konzept „Nationalpark Harz“ der gemeinsamen Institution mit Niedersachsen anzweifelten, moniert die Fraktion DIE LINKE. Das sei aus deren Sicht nicht hinnehmbar. Der Landtag sollte sich in einer Aktuellen Debatte – und via Verabschiedung eines entsprechenden Antrags – zum Nationalpark Harz bekennen und diesen in all seinen naturschutzfachlichen und touristischen Aspekten würdigen.
Mangelndes Fingerspitzengefühl vom Minister
Der Nationalpark Harz als solcher sei international anerkannt, betonte Hendrik Lange (DIE LINKE). Millionen Touristinnen und Touristen würden jedes Jahr angelockt, er habe also auch eine wirtschaftliche Bedeutung für das Land. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass Fortminister Sven Schulze den sachsen-anhaltischen Teil des Nationalparks habe herauslösen wollen. Er habe damit seine fehlende Fachkompetenz und sein mangelndes Fingerspitzengefühl bewiesen. Auch der niedersächsische Umweltminister habe sein Unverständnis zu diesem Vorgang klar zum Ausdruck gebracht.
Es gelte, den Harz zu schützen und weiterzuentwickeln, erklärte Lange. Immer mehr Fläche werde sich erfreulicherweise selbst überlassen, um eine Naturdynamikzone (Kernzone) zu errichten. Hier lasse man Natur einfach Natur sein – „die Wildnis ist schön“. Eingriffe in die Natur seien auf ein Minimum zu beschränken. Die Nationalparkverwaltung müsse mit ausreichend Finanzmitteln ausgestattet werden, um die ihr übertragenen Aufgaben auch erfüllen zu können, so Lange.
Maßnahmen durch „Wernigeröder Erklärung“
Der Harz liege ihm am Herzen, sagte Forstminister Sven Schulze (CDU). Viele Jahre sei er Symbol der deutschen Teilung gewesen. Mit der Ausweisung des Harzes als Nationalpark seien wiederum Einschränkungen in der Nutzung gekommen, die nicht von jedem gutgeheißen würden. Das Schutzkonzept des Harzes werde von ihm grundsätzlich nicht infrage gestellt, so Schulze. Vielmehr gehe es ihm darum, den Nationalpark zukunftsfähig zu machen und ihn gesunden zu lassen.
Der Schutz der Natur stoße aber an Grenzen, wo Leib und Leben von Menschen gefährdet würden, so Schulze. Mit der „Wernigeröder Erklärung“ habe man sich mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort kürzlich auf verschiedene Maßnahmen im Harz verständigt, darunter die Erleichterung der Befahrung des Nationalparks durch die Feuerwehr, die Änderung der Waldbrandgefahrenklasse, die Totholzberäumung und die Einrichtung von Brandschneisen.
Volle Rückendeckung von der FDP
„Schuldzuweisungen können wir nicht gebrauchen, wir brauchen eine sachliche und fachliche Diskussion“, erklärte Johannes Hauser (FDP) mit Blick zur Fraktion DIE LINKE. In der Notsituation [Brände] sei bedarfsgerecht gehandelt worden, Minister Schulze erhalte aus seiner Fraktion volle Rückendeckung. Die Situation sei in den niedersächsischen und sachsen-anhaltischen Harz-Gebieten unterschiedlich, so gebe es hier stärkere Trockenheit und größere Waldbrandgefahr – diese Umstände müssten auch von beiden Seiten berücksichtigt werden. Man müsse sich bei den Schutzmaßnahmen zunächst vor allem auf Flächen konzentrieren, wo die Waldbrandgefahr am höchsten sei, entlang der Schmalspurbahn bzw. an Wohnsiedlungen, sagte Hauser.
„Nicht allein auf die Natur verlassen“
„Wir brauchen eine Perspektive für den Harz und klare Vorgaben, was wir wollen und was nicht“, erklärte Daniel Roi (AfD). Die Grünen seien in der vorherigen Legislaturperiode den Aufgaben Waldumbau, Aufforstung und Brandschutz nicht gerecht geworden. Der Harz habe sein Antlitz in den vergangenen Jahrhunderten enorm verändert, oft verbunden mit Holzverlust. Er spreche sich dafür aus, die Waldproblematik zur nationalen Aufgabe zu erklären, um endlich ausreichend aufforsten zu können, so Roi. Man könne sich bei den schon entstandenen Schäden nicht allein auf das Wirken der Natur verlassen. Zu klären wäre auch, ob von der Landesregierung an Plänen festgehalten werde, auch im Harz Windräder zu errichten.
Maßnahmen auf Basis des Nationalparkgesetzes
Der Antrag der Linken sei verständlich, da der Minister während der vorhergehenden Regierungsbefragung tatsächlich den Nationalpark infrage gestellt habe, wenn sich des Ministers Ziele nicht zeitnah umsetzen ließen, erklärte Elrid Pasbrig (SPD). Durch die Wernigeröder Erklärung sei nun vorerst Abhilfe geschaffen worden. Sich vom gemeinsamen Konzept des Nationalparks zu verabschieden, wäre ohnedies ein nicht wiedergutzumachender Fehler gewesen. Im Konzept sei vorgesehen, dass 75 Prozent der Fläche des Nationalparks als „natürliche Vielfalt durch Wildnis“ erhalten werde. Hochmoore und Buchenwälder könnten so geschützt, die natürliche Wiederbesiedlung vorangebracht werden. Es bestehe die Aufgabe, in bestimmten Bereichen den Brandschutz zu verstärken, dabei aber in die Natur einzugreifen. Letzteres müsse jedoch mit dem Nationalparkgesetz vereinbar sein, konstatierte Pasbrig.
Äußerungen mit großen Auswirkungen
Das länderübergreifende Naturschutzprojekt Harz sei zu verteidigen, forderte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es zeigten sich nun die negativen Folgen des Wechsels des zuständigen Ministeriums, wenn abseits vom Naturschutzgedanken politisch Einfluss auf die Geschicke des Nationalparks ausgeübt werde. Nationalparke seien keine ideologisch geprägte Idee der Grünen, so Aldag, sondern schon anderthalb Jahrhunderte alt. Das Nationalparkgesetz des Landes bilde den Rahmen, der heute noch seine Gültigkeit habe. Wer an die naturschutzfachlichen Grundlagen herangehe, der habe die Zusammenhänge nicht ganz erkannt oder verstanden, kritisierte Aldag in Richtung Forstminister: „Überlegen Sie bitte genau, welche Auswirkungen solche Äußerungen haben und welches Licht diese auf unser Land werfen.“ Ein Ausstieg aus dem Gemeinschaftsprojekt Nationalpark hätte große negative Folgen, nicht nur auf Förderrichtlinien und das Naturmonument „Grünes Band“.
Waldumbau kostet eine Milliarde Euro
Die Weiterbetreibung des Nationalparks stehe für die CDU nicht infrage, aber man dürfe doch durch eine solche Äußerung – wie der von Forstminister Schulze – mal eine solche Diskussion anstoßen, meinte Olaf Feuerborn (CDU). In der Vergangenheit seien Fehler bei der Waldbewirtschaftung gemacht worden, beispielsweise bei der rechtzeitigen Bekämpfung des Borkenkäfers und der einseitigen Fichtenhistorie. Für den Waldumbau würde in den kommenden zehn Jahren wahrscheinlich eine Milliarde Euro benötigt. Um diese aufzubringen, habe er, Feuerborn, deshalb einmal den Vorschlag unterbreitet, bereits entstandene Kahlflächen für Stellplätze von Windkrafträdern zu nutzen. Mit diesem Vorschlag sei er aber nicht auf Gegenliebe gestoßen, auch nicht in seiner Fraktion, räumte Feuerborn ein.
Abstimmung und Dokumente
Beschlüsse zur Sache der Aktuellen Debatte wurden wie gewohnt nicht gefasst. Der zeitgleich mitbehandelte Antrag der Fraktion DIE LINKE wurde in die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) und für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (mitberatend) überwiesen.