Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Gesetzentwurf soll zum einen Lücken in der Umsetzung des EU-Rechts schließen, zum anderen für einen einheitlichen Schutz vor Diskriminierung sorgen. „Ziel des Gesetzes ist die tatsächliche Herstellung und Durchsetzung von Chancengleichheit, die Verhinderung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung sowie die Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt.“
Diskriminierung von Behörden ist real
„Das betrifft doch nur Minderheiten, mich betrifft das nicht“, meinten viele Menschen. Aber jede und jeder könne von Diskriminierung betroffen sein, erklärte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Diskriminierungserfahrungen würden nachhaltig in Erinnerung bleiben und könnten psychische Folgen haben. Immer wieder würden auch Schülerinnen und Schüler über Diskriminierung von Lehrkräften berichten.
Striegel argumentierte, dass 2006 vom Bund erlassene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umfasse nicht jede Alltagssituation, daher seien Menschen nicht in allen Bereichen vor Diskriminierung geschützt. Dies gelte insbesondere, wenn Bürgerinnen und Bürger Kontakt mit staatlichen Stellen hätten (Ämter, Behörden, Bildungsbereich). Oftmals sei einer Behörde die diskriminierende Aussage eines Fragebogens oder einer Antwort nicht bewusst.
Das europäische Recht, sehe vor, dass die Menschen auch vor Diskriminierung von Behörden zu schützen seien. In Sachsen-Anhalt gebe es dazu noch keine landesrechtliche Regelung. Im Gesetzentwurf habe seine Fraktion den „Diskriminierungskatalog“ um einige Merkmale erweitert, zentral sei auch die Einrichtung einer Ombudsstelle. Um das vorgeschlagene Sanktionssystem wirksam zu machen, solle ein Fonds eingerichtet werden, um Opfer zu entschädigen. Außerdem solle das Gesetz auch dabei helfen, Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeitende der Verwaltung zu ermöglichen.
„Angriff auf alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst“
Gleichstellungsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) konstatierte, Artikel 7 der Verfassung garantiere die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. In der Praxis erfahre jedoch eine wachsende Zahl an Menschen Diskriminierung. Die Ministerin räumte ein, dass die Schwäche des AGG in den vergangenen Jahren deutlich geworden sei. Im bundesweiten Vergleich, seien die Antidiskriminierungsmaßnahmen in Sachsen-Anhalt jedoch auf einem guten Niveau. So würden beispielsweise Beratungsstellen gefördert. Für weitere Maßnahmen setze sie auf den Bund.
„Der Kampf gegen Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe“, unterstrich Xenia Sabrina Kühn (CDU). Leitmotiv für die CDU sei dabei das christliche Menschenbild. Jedoch sei nicht jeder Gesetzentwurf der mit Antidiskriminierung überschrieben sei, eine tatsächliche Verbesserung. Kühn sah im Gesetzentwurf der Grünen vielmehr „einen Angriff auf alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten“, die damit unter Generalverdacht gestellt würden. Das AGG regle bereits alle möglichen Fälle, zudem gebe es genug Beratungsstellen.
Der Antrag könne nur abgelehnt werden, stellte Hagen Kohl (AfD) fest. „Es gibt keine rechtliche Schutzlücke, die geschlossen werden muss.“ Das Gesetz schaffe unnötiges Misstrauen gegenüber Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung. Außerdem sei die Einführung einer Vermutungsregelung eine Rechtsanomalie und könne daher nur abgelehnt werden. Der Entwurf sei es noch nicht einmal Wert in einen Ausschuss überwiesen zu werden.
Überweisung in den Ausschuss gewünscht
Sollte es zu Diskriminierung kommen, gebe es schon Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, meinte auch Konstantin Pott (FDP). Dennochmüsse die Regierung daran arbeiten, dass es erst gar keine Diskriminierung seitens der Behörden gebe. Ein wichtiger erster Schritt könnte die Sensibilisierung von Mitarbeitenden sein. Dazu brauch es keinen Gesetzentwurf, so der FDP-Abgeordnete. Das AGG sei bereits eine gute Grundlage, ob ein Landesgesetz für Verbesserung sorgen würde, bezweifle er.
Eva von Angern (Die Linke) dankte den Grünen, dass man aufgrund des vorgelegten Gesetzentwurfs über das Thema diskutieren könne und begrüßte die Initiative. Diskriminierung könne weitreichende Folgen haben, nicht nur für die einzelnen Menschen, sondern auch für die Suche von Fachkräften. Zudem könne sie die weitere Spaltung der Gesellschaft befördern. Nach Meinung der Linken-Abgeordneten sei nach einem Landesgesetz und der Einrichtung einer Ombudsstelle keine Klagewelle zu erwarten, wie Beispiele aus Berlin zeigten. Von Angern rief dazu auf, im Ausschuss gemeinsam darüber zu sprechen, wie es gelingen könne, die Folgen von Diskriminierung zu bearbeiten.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD) erklärte, „der Kampf gegen Diskriminierung ist nicht ideologisch motiviert“ und sie schmerze besonders, wenn sie von staatlicher Stelle erfolge. Für sie gebe es zwei Optionen, entweder der Bund ändere das AGG oder es werde ein eigenes Landesgesetz eingeführt. Dabei gehe es explizit nicht darum, Beschäftigte in der Verwaltung unter Generalverdacht zu stellen. Manche Diskriminierungen gingen möglicherweise auch auf Unwissen zurück, so die SPD-Abgeordnete. „Diskriminierung ist in Sachsen-Anhalt unerwünscht und wir werden die Betroffenen niemals allein lassen.“
Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überwiesen, mitberaten werden soll der Gesetzentwurf in den Ausschüssen für Inneres und Sport; Recht, Verfassung und Verbraucherschutz sowie Finanzen.