Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Fachtagung zu „100 Jahre Frauenwahlrecht“

Der internationale Frauentag am 8. März dieses Jahres steht unter einem besonderen Stern: Die Frauenrechtsbewegung (und natürlich auch die Männer!) feiern 100 Jahre Frauenwahlrecht. Zum Auftakt gab es am Mittwoch, 28. Februar 2018, eine Fachtagung im Roncalli-Haus in Magdeburg. Die Landtagspräsidentin, die Justizministerin, die Gleichstellungsbeauftragte des Landes und Landtagsabgeordnete widmeten sich gemeinsam mit anderen Frauenrechtlerinnen dem Jubiläum – und den Herausforderungen, die immer noch bestehen.

Sachsen-Anhalt mit Vorreiterrolle

Justizministerin Anne-Marie Keding rief den 30. November 1918 in Erinnerung, als das aktive und passive Wahlrecht in Deutschland auch für Frauen in Kraft getreten war. Damals habe es gegolten, Denkhindernisse zu überwinden, zu erkennen, dass das Wahlrecht für Frauen ein Zugewinn für die gesamte Gesellschaft sei. Der Blick auf die Geschichte müsse geweitet werden, so Keding. Denn die Wurzeln für Veränderungen in der Gesellschaft – insbesondere für die Stellung der Frau – hätten vor langer Zeit zu sprießen begonnen.

Am 15. Dezember 1918, also direkt nach der Novemberrevolution und noch vor der verfassungsgebenden Versammlung, haben im damaligen Freistaat Anhalt Frauen zum ersten Mal in Deutschland gleichberechtigt wählen gedurft. Sachsen-Anhalt sei also in Sachen Gleichberechtigung ein Vorreiter, lobte die Justizministerin.

Gleichberechtigung schreitet voran, aber …

„Frauen in der Politik nehmen ihre Arbeit sehr ernst, vielleicht sogar noch ernster als die Männer, weil sie zum Teil noch das Gefühl haben, sich stärker beweisen zu müssen“, erklärte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Die Partizipation in der Politik und Wirtschaft nehme seitens der Frauen einen großen Stellenwert ein, dennoch seien sie in Führungspositionen noch unterrepräsentiert. 

Die Gleichberechtigung schreite zwar voran, aber dennoch hätten es Frauen trotz gleicher Befähigung oft schwerer, beruflich aufzusteigen. Unterschiedliche Löhne für gleiche Arbeit gehörten abgeschafft. Selbst eigentlich Gegnerin einer Frauenquote, stoße sie jedoch immer öfter auf Bereiche, wo es einen Wandel ohne eine solche Quote wohl nicht geben werde, so die Landtagspräsidentin. Auch im Landesparlament von Sachsen-Anhalt gebe es nur knapp 22 Prozent Frauen; insbesondere auch ihre eigene Fraktion habe da deutlichen Nachholbedarf.

Die „gläserne Decke“ durchbrechen

Als Dachverband sei der Landesfrauenrat die größte überparteiliche Vertreterin für Frauenrechte im Land, erklärte Eva von Angern, Vorsitzende des Landesfrauenrats Sachsen-Anhalt. „Ohne Frauen ist kein demokratischer Staat zu machen“ forderten die Frauen am Beginn des 20. Jahrhunderts. Frauen hätten damals wie heute einen Rechtsanspruch auf politische Mitbestimmung.

„Manche Gremien und kommunalen Vertretungen sind allerdings auch heute noch nur mit Männern besetzt“, kritisierte von Angern. „Wir stehen vor großen Herausforderungen – wir müssen nicht nur unseren Status verteidigen, sondern an manchen Stellen auch zurückgewinnen.“ Frauen müssten stärker animiert werden, sich politisch zu engagieren. Es gelte, die „gläserne Decke“ endlich zu durchbrechen.

Langer Atem wird nötig sein

Dr. Andrea Blumentritt, Landesbeauftragte für Frauen- und Gleichstellungspolitik in Sachsen-Anhalt, lobte die engagierten Menschen, die sich für Frauenrechte starkmachen. Frauenrechte seien mitunter auch zum Preis des eigenen Lebens erlangt worden. Dieses Erbe müsse erhalten und weiterentwickelt werden.

„Das Wahlrecht ist eine Absichtserklärung, das gemeinsame Leben zu gestalten“, sagte Blumentritt. Dies könne nur gelingen, wenn mehr Frauen in einflussreiche Ämter gelangen können. Rein männlich geprägte Strukturen müssten aufgebrochen werden, um Veränderungen zu ermöglichen. „Ich bin zuversichtlich, dass Lösungen auch auf der politischen Ebene durchgesetzt werden“, so Blumentritt, die Wege zu einer ausgeglichenen Repräsentanz werden verschiedene sein – „und wir werden wohl einen langen Atem benötigen“.

Einblick in den Fachvortrag 

„Die Erringung des Frauenwahlrechts ist von der Überzeugung getragen gewesen, tatsächlich im Recht zu sein, und von dem Mut, für diese Überzeugung einzustehen“, sagte Dr. Uta Kletzing, Direktorin der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e.V. Sie hielt den Fachvortrag der Veranstaltung mit dem Titel „Mit Recht und Courage – 100 Jahre Frauenwahlrecht“, in dem sie einen Bogen von 1918 bis heute zog. 

Dabei legte sie einen besonderen Schwerpunkt auf das passive Wahlrecht. Von 8,7 Prozent an Frauen im Staatsparlament im Jahr 1919 hat sich die Zahl mit der Bundestagswahl 2017 mit 30,9 Prozent fast vervierfacht. Die Bundestagsfraktionen der Linken und der Grünen hätten sogar einen Frauenanteil von mehr als 50 Prozent. In den Landesparlamenten sind es 31,4 Prozent – hier nehme Sachsen-Anhalt den letzten Platz im Länderranking ein. Das Thema Frauen in der Politik sei kein Selbstläufer, gegen Stagnation und Rückschritte müsse aktiv gearbeitet werden, so Kletzing.