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Plenarsitzung

Frauen besser vor Gewalt schützen

„Gewalt ist keine Privatsache. Femizide sind Mord“, konstatierte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und machte dieses gesellschaftlich vieldiskutierte Thema zum Inhalt einer Aktuellen Debatte. Parallel zur Aktuellen Debatte hat die Fraktion Die Linke einen Antrag eingebracht. Darin wirbt sie unter anderem dafür, auf Bundesebene noch in dieser Bundestagswahlperiode ein Gewalthilfegesetz zu verabschieden. Die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP haben einen Alternativantrag eingebracht. Mit diesem sollte der Landtag unter anderem Initiativen auf Bundesebene begrüßen, um eine bessere finanzielle Ausstattung von Frauenhäusern zu ermöglichen und präventiv tätig zu werden, um Gewalthandlungen vorzubeugen oder diese zu verhindern.

Symbolbild Gewalt gegen Frau

„Femizide sind Mord“, konstatiert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und hat dieses Thema zum Inhalt einer Aktuellen Debatte gemacht.

Anstieg von Gewalt gegen Frauen

„Fast jede dritte Minute erlebt eine Frau oder ein Mädchen häusliche Gewalt.“ Das gehe aus aktuellen Zahlen hervor, betonte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Dunkelziffer liege sicher um einiges höher. „Auch wenn es hinter verschlossenen Türen passiert, Gewalt an Frauen ist keine Privatsache. Gewalt gegen Frauen geht uns alle an.“ Oftmals werde heutzutage eine Mitschuld von Frauen an sexueller Gewalt suggeriert. Die wahren Gründe für einen Femizid würden von Gerichten oft nicht anerkannt, sondern verharmlost. Natürlich müsse auch gehandelt werden, bevor Frauen Opfer von Gewalt würden. Ein weiteres Problem sei, dass es gerade im ländlichen Raum an Beratungsstellen fehle.

Eva von Angern (Die Linke) erklärte, die Frauenverbände würden sich gerade große Sorgen machen, ob das Gewalthilfegesetz noch in dieser Legislatur auf den Weg gebracht werden könnte. „Die Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz auf Bundesebene kommt, ist nicht sehr groß. Deswegen müssen wir aktiv werden“, meinte von Angern „Ich halte es dringend für nötig, dass wir mit allen Akteuren in Sachsen-Anhalt ins Gespräch kommen. […] Die Zahlen, die gestern vorgestellt wurden, sind so alarmierend, dass dringender Handlungsbedarf besteht.“ Es sei inakzeptabel, dass es keine niedrigschwelligen kostenlosen Schutzangebote in Sachsen-Anhalt gebe. Es könne nicht sein, dass Frauenhäuser Spenden sammeln müssten, damit der Eigenanteil der Frauen gedeckt werden könnte.

Gewalthilfegesetz schnell verabschieden

Auch in Sachsen-Anhalt gebe es einen besorgniserregenden Anstieg an häuslicher Gewalt gegenüber Frauen, stellte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) fest. Das Hilfesystem und die finanziellen Mittel in Sachsen-Anhalt seien in den vergangenen Jahren ausgeweitet worden. „Die Einrichtungen im Hilfesystem in Sachsen-Anhalt stehen den betroffenen Frauen und Mädchen mit großer Empathie und Professionalität zur Seite. In den vergangenen mehr als 30 Jahren haben sie unschätzbare Arbeit geleistet.“ Die Sozialministerin warb dafür, dass die Schutz- und Beratungsangebote leicht zugänglich sein müssten und die Inanspruchnahme nicht durch finanzielle Hürden beschränkt werden dürfe. Um die Eigenbeteiligung in Frauenhäusern abzuschaffen, brauche es eine verlässliche dauerhafte Finanzierung durch den Bund. Das Gewalthilfegesetz wäre ein wichtiger Schritt.

„Die Zahlen sind nicht nur erschütternd, sondern sie müssen ein Signal sein, um Frauen besser zu schützen und Gewalt gegen sie besser zu verhindern“, sagte Kerstin Godenrath (CDU). In den vergangenen Jahren habe der Staat schon einiges unternommen, um Frauen zu helfen. Es komme vor allem auf die gemeinsame Zusammenarbeit der einzelnen Akteure an, um den Opfern schnell Hilfe zukommen zu lassen. Die CDU-Abgeordnete begrüßte die neuen Maßnahmen zum Opferschutz, wie zum Beispiel, die Übernahme einer anderen Identität für eine gewisse Zeit. Außerdem sprach sich dafür aus, das spanische Modell auch hierzulande anzuwenden. Dort müssten Täter Fußfesseln tragen und die weiblichen Opfer könnten besser geschützt werden (siehe dazu auch eine Petition des Weißen Rings „Fesseln für die Täter – Freiheit für die Opfer“).

„Keine Opfer erster und zweiter Klasse"

Hans-Thomas Tillschneider (AfD) warf den Grünen vor, den Begriff „Femizid“ politisch zu instrumentalisieren. Er fragte, ob ein Mord an einer Taxifahrerin, um an ihre Tageseinnahmen zu kommen, nicht genauso abscheulich, wie ein Mord aus Frauenfeindlichkeit. Seine Ansicht nach solle der Begriff „Femizid“ eine politische Wertung transportieren und eine Hierarchie der Opfer begründen. Tillschneider mutmaßte, ein Großteil der Morde an Frauen dürfte seit 2016 von illegalen Einwanderern verübt worden sein. Wenn die AfD-Fraktion aber auf die „importierte Gewalt gegen Frauen“ hingewiesen haben, dann werde von den Grünen immer darauf verwiesen, dass nicht der Einwanderer, sondern der Mann an sich das Problem sein solle, so der AfD-Abgeordnete weiter.

„Es gibt für uns keine Opfer erster und zweiter Klasse. […] Die AfD-Fraktion tritt für eine Gleichbehandlung aller Mordopfer ein und für den gleichen Schutz alle Bürger vor Mord und Gewalt ein. […] Wir sollten überlegen, wie Polizei und Justiz geistig und materiell zu unterstützen wären, damit sich alle Bürger in unserem Land sicherer fühlen können.“

Änderung im Strafgesetzbuch

„Der Femizid ist kein eigener Tatbestand innerhalb des Strafgesetzbuchs, sondern wird als Mord oder als Totschlag eingeordnet. Für die Verurteilung eines Femizides als Mord muss zwingend eines der Mordmerkmale vorliegen.“, erinnerte Guido Kosmehl (FDP). Relevant sei hier meist das Mordmerkmal aus niederen Beweggründen. Für die Beurteilung der Tat müssten die Richter alle äußeren und innerlichen Faktoren berücksichtigen, die zum Femizid geführt haben.“

„Vor dem Hintergrund der vielen Femizide ist es zu begrüßen, dass das Merkmal ‚geschlechterspezifisch‘ ins Strafgesetzbuch hinzugefügt wurde. Daher kann es bei der Strafzumessung besonders berücksichtigt werden.“ Das bedeute, dass es bei den Ermittlungen von Gewalttaten, auch die Möglichkeit gebe, von Anfang an mitzudenken, dass es sich um einen Femizid handeln könnte. „Aus strafrechtlicher Sicht ist das eine gute Entwicklung, die muss aber auch Anwendung finden“, so Kosmehl.

Konstantin Pott (FDP) erklärte, die Entwicklungen seien besorgniserregend. In Vergangenheit hätte die Koalition jedoch schon viele wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Damit dieser Weg weitergegangen werden könne, warb er für den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Zum Thema Gewalthilfegesetz meinte er, dass der Alternativantrag einen Prüfauftrag vorsehe, da es auf Bundesebene momentan keine Mehrheit mehr gebe. Grundsätzlich hätte sich die FDP jedoch nie dagegen ausgesprochen und werde das auch in Zukunft nicht machen, sondern die Hilfsstrukturen unterstützen.

Keine Eigenbeteiligung in Frauenhäusern

Katrin Gensecke (SPD) verwies ebenfalls darauf, dass häusliche Gewalt immer und überall in allen sozialen Schichten stattfinde und es sich dabei um ein gesamtgesellschaftliches Problem handle. Die Schuld liege niemals beim Opfer, sondern immer beim Täter. In den letzten Jahren hätte es in Sachsen-Anhalt einige Verbesserungen gegeben. Die Eigenbeteiligung in Frauenhäusern (Tagespauschale) müsste langfristig aber wegfallen. „Wir wollen nicht, dass Frauen aus finanziellen Gründen in ihren Wohnungen bleiben und keinen Schutz in Frauenhäusern suchen.“ Derzeit gebe es 19 Frauenhäuser mit insgesamt etwa 120 Plätzen für schutzsuchende Frauen, so Gensecke.

Zur Aktuellen Debatte werden naturgemäß keine Beschlüsse gefasst. Der Antrag der Fraktion Die Linke wurde am Ende der Debatte abgelehnt, der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP wurde angenommen.