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Plenarsitzung

Landtag debattiert über Bürgergelderhöhung

Im Vergleich zur Erhöhung des Bürgergelds liege der Aufschlag des allgemeinen Mindestlohns für die nächsten beiden Jahre gerade einmal bei insgesamt 6,8 Prozent, moniert die AfD-Fraktion. Das Lohnabstandsgebot gerate zunehmend in Schieflage, da sich der Abstand der Bezüge zwischen Erwerbstätigen und Empfängern von Sozialleistungen deutlich verringere. In einer Aktuellen Debatte wollte die AfD die „Abwertung der Arbeit“ kritisch betrachten.

Bürgerld versus Hartz IV, hier symbolisiert durch zwei gegeneinander auszuspielende Würfel.

Die AfD-Fraktion meint, dass zu viel Bürgergeld ausgezahlt werde und dadurch der Willen sinke, arbeiten zu gehen und sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Lothar Waehler (AfD) erklärte, rund 62 Prozent der Bürgergeldempfänger hätten einen Migrationshintergrund. Offenbar habe das Bürgergeld eine große Sogwirkung auf ausländische Familien, mutmaßte der AfD-Abgeordnete. Arbeitnehmer aus dem Niedriglohnsektor stellten sich zunehmend die Frage, wozu das alles. Gerade Handwerker gingen oft mit geringerem Lohn nach Hause, diesen Menschen könnte man die Erhöhung des Bürgergelds mit gesundem Menschenverstand nicht mehr erklären. Laut Waehler würde zukünftig vermutlich nicht nur die Schwarzarbeit gefördert, sondern auch der Fachkräftemangel.

Die Debatte sei keine neue und werde immer wieder entfacht, meinte Arbeits- und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Sie erkenne keinen „Motivationskiller“, stattdessen aber, dass durch diese „Scheindebatte“ geringverdienende gegen hilfebedürftige Menschen ausgespielt würden. Dies sei gefährlich und berge gesellschaftliches Spaltungspotenzial. Ihrer Ansicht nach würde es auch helfen, wenn die Unternehmen höhere Löhne zahlten. Zudem verwies die Ministerin auf die Sanktionsmöglichkeiten. Selbst bei ukrainischen Geflüchteten würden bei Terminversäumnissen mittlerweile die Bezüge gekürzt.

Armut sei häufig eine Erwerbsarmut, daher müsse hier angesetzt werden, um insbesondere die Bildungs- und Aufstiegschancen zu verbessern, unterstrich Konstantin Pott (FDP). Für ihn sei es wichtig, dass im Rahmen der neuen Bürgerrechtsreform verstärkt auf Coaching-Angebote und die Erhöhung der Freibeträge insbesondere bei jungen Menschen gesetzt werde. Wenn man die Erhöhung des Bürgergelds kritisiere, sollte man auch einen eigenen sachlichen Vorschlag unterbreiten. Die Sanktionsmöglichkeiten reizten bereits das Maximale aus, was vom Bundesverfassungsgericht erlaubt worden sei.

Monika Hohmann (DIE LINKE) fragte in Richtung AfD-Fraktion, wie es denn wäre, statt gegen die Bürgergelderhöhung zu wettern, sich für die Abschaffung des Niedriglohnsektors einzusetzen? Hohmann kritisierte, dass die AfD-Fraktion in ihrem Antrag die selbstgenannten Quellen nur in Teilen zitiere, so wie es zur eigenen Argumentation passe. Sachsen-Anhalt habe einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Mindestlohnverdienern, das sei in der Tat ein großes Problem. Am häufigsten betroffen seien Frauen und Erwerbstätigte unter 25 Jahren sowie Menschen ohne Berufsausbildung. Die AfD wolle lediglich mit billiger Polemik gegen Ausländer hetzen.

62 Prozent der Sachsen-Anhalter seien gegen eine Erhöhung des Bürgergelds, konstatierte Markus Kurze (CDU) und bezog sich dabei auf eine aktuelle MDR-Befragung. Motivationsschübe, um aus dem Bürgergeld in echte Arbeit zu gehen, erkenne er nicht. Seiner Rechnung nach kämen Familien mit Arbeit, nach Abzug aller Kosten, auf die gleiche Geldsumme wie Bürgergeldempfänger. Es sei nicht zu vermitteln, dass es in jeder Branche Fachkräftemangel gebe und gleichzeitig 5,6 Millionen Menschen im Bürgergeld „geparkt“ würden. Kurze fasste zusammen: „Leistung wird nicht belohnt, sondern bestraft. Wir brauchen eine Abkehr von der Work-Life-Balance-Mentalität“, dann hätte auch der Sozialstaat wieder eine Chance.

Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sagte, sollten wirklich Menschen aus der Reinigungsbranche wegen der Bürgergelderhöhung kündigen, hätten sie schlecht gerechnet oder seien der Propaganda erlegen. Außerdem würden Arbeitnehmer nicht nur aus monetären Gründen arbeiten, sondern auch wegen gesellschaftlicher Teilhabe und Anerkennung. Das eigentliche Problem seien doch die grundsätzlich zu geringen Löhne in Sachsen-Anhalt. Die Kritik der AfD sollte sich stattdessen an die Unternehmen richten. „Löhne, die nicht zum Leben reichen, sind eine Abwertung der Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land.“

Immer wieder würden Falschbehauptungen, Vorurteile und Lügen in Bezug auf die Erhöhung des Bürgergelds lautbar, monierte Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD). Es würden eine unglaubliche Neiddebatte aufgemacht und Menschen gegeneinander ausgespielt. Die Diskussion verschleiere ein anderes großes Problem im Land, nämlich die niedrigen Löhne. „Auch wenn hartnäckig etwas anderes behauptet wird, Arbeit lohnt sich! Wer arbeitet, hat mehr!“ Alles andere sei eine Lüge, betonte die SPD-Abgeordnete. Was es im Land vor allem brauche, seien gut bezahlte Tariflöhne.

Am Ende der Aktuellen Debatte wurden naturgemäß keine Beschlüsse gefasst.