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Plenarsitzung

Unterschiedliche Bilanz nach Kenia-Koalition

Die Anfang des Jahres vom Ministerpräsidenten in seiner Regierungsbilanz für die Jahre 2016 bis 2021 getroffene Einschätzung zur Lage Sachsen-Anhalts sei vollständig an der Realität vorbeigegangen, so die AfD-Fraktion. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Situation Sachsen-Anhalts. „Negativbilanz und Versäumnisse der Regierung“ sollten daher in einer Aktuellen Debatte thematisiert werden.

Blick in den Plenarsaal des Landtags

Rund sechs Wochen vor der Wahl zum neuen Landtag von Sachsen-Anhalt zogen die Abgeordneten eine Bilanz der vergangenen Jahre (2016 bis 2021). Foto: Stefanie Böhme

„Nebelkerzenpolitik mit Blendgranatencharakter“

Oliver Kirchner (AfD) erklärte, die Landesregierung hätte in den vergangenen fünf Jahren eine Politik zum Nachteil unseres Volkes gemacht. Die Politik der Kenia-Koalition bezeichnete er als „Nebelkerzenpolitik mit Blendgranatencharakter“. Die Integration der illegalen Zuwanderer sei krachend gescheitert und die innere Sicherheit in Sachsen-Anhalt erodiert. Die vielen Gelder für die Integration der Flüchtlinge hätte sich die AfD-Fraktion für andere Bereiche ausgegeben gewünscht (zum Beispiel:  Kinder, Familien, Krankenhäuser). Ein Schuldenabbau habe nicht stattgefunden, der Investitionsstau sei verstärkt worden, viele Kommunen seien deutlich unterfinanziert. Ebenfalls stark kritisierte Kirchner die Corona-Politik der Landesregierung.

Sein Fraktionskollege Robert Farle (AfD) ergänzte, dass auch der Braunkohlekompromiss ein großer Fehler der Landesregierung gewesen sei. Die möglichen neugeschaffenen Ersatzarbeitsplätze könnten den Verlust vieler Industriearbeitsplätze nicht kompensieren. Bei der Corona-Politik der Landesregierung handle es sich um ein „Vernichtungsprogramm“ für viele kleine Geschäfte im Land. Außerdem kritisierte Farle den enormen Investitionsstau bei EU-Geldern. Seiner Ansicht nach seien 3,7 Milliarden Euro nicht abgerufen worden, gleichzeitig fehlten Millionen Euro für die Sanierung von Krankenhäusern. Ministerpräsident Haseloff habe seit 20 Jahren maßgeblichen Einfluss auf die Politik in Sachsen-Anhalt (in verschiedenen Positionen) und seitdem gehe es mit dem Land bergab, so Farle.

Viel für Sachsen-Anhalt erreicht

Die Kunst eines Bundeslandes bestehe darin, aus den einzelnen Lagen und Rahmenbedingungen das Beste zu machen, konterte Staats- und Kulturminister Rainer Robra (CDU) die Kritik. Dies vorangeschickt, hätte die Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren viel für Sachsen-Anhalt erreicht. Diese Erfolge lasse er sich von der AfD nicht kaputtmachen.

In der Rückschau hätte die Kenia-Koalition trotz ihrer Unterschiedlichkeit gut zusammengearbeitet. Auch die Corona-Pandemie habe man sich nicht in Sachsen-Anhalt ausgedacht, sondern sie sei eine globale Herausforderung, aus der man das Beste gemacht habe. Zudem hätte Sachsen-Anhalt noch nie so viele Bundesbehörden im Land etablieren können, die Hunderte von Arbeitsplätzen bedeuteten. Ebenfalls seien in keinem anderen Land die verfügbaren Einkommen so starkgestiegen.

Wenig Gestaltungsspielraum, aber gute Erfolge

Die vergangenen fünf Jahre waren „keine verlorenen Jahre, sondern notwendige Jahre“, resümierte Dr. Katja Pähle (SPD),  denn nur auf diese Weise konnte dem Wählerwunsch entsprochen werden. Die drei Fraktionen der Kenia-Koalition wollten beweisen, dass es Demokraten möglich ist – trotz aller Unterschiedlichkeit –, im Sinne des Landes zusammenzuarbeiten, sagte Pähle weiter. 

Natürlich sei klar, dass es in einer Koalition mit so widerstrebenden Interessen wenig Gestaltungsspielraum gebe. Herausgekommen seien dennoch viele positive erste Schritte für eine gute Zukunft Sachsen-Anhalts. So sei beispielsweise die Landesverfassung zu einer der modernsten Deutschlands reformiert worden. Weitere Erfolge seien das neue Hochschulgesetz, der begonnene Strukturwandel im Kohlerevier, die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sowie die Einführung des Azubi-Tickets.

Kenia hat Vertrauen der Bevölkerung enttäuscht

Eva von Angern (DIE LINKE) monierte, dass sich die Kenia-Koalition als vertane Chance erwiesen habe. Das Vertrauen der Bevölkerung sei auf zu vielen Feldern enttäuscht worden, dies schade dem politischen System insgesamt. Die Linken-Abgeordnete fragte, wo beispielsweise die Angleichung der Ost-Renten geblieben sei, wo die Evaluation des Kinderschutzgesetzes, die Verringerung der Kinderarmut oder das Hochschulmedizingesetz. Zudem erinnerte sie an den enormen Investitionsstau in den Krankenhäusern, das fehlende Agrarstrukturgesetz und ein modernes Gelichstellungsgesetz.

Deutliche Kritik übte von Angern auch an der Rolle des Ministerpräsidenten während der gesamten Wahlperiode, der ein AfD-freundliches Verhalten in der eigenen CDU-Fraktion gebilligt habe. Der jüngste Umgang Haseloffs mit der Kanzlerfrage habe ihr zudem gezeigt, dass es ihm nur um den eigenen Machterhalt gehe und er jeglichen moralischen Kompass verloren habe.

Klima-, Umwelt- und Artenschutz vorangebracht

Es habe durchaus heftige Schwierigkeiten und große Herausforderungen während der Koalitionszeit gegeben, betonte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Man habe sich jedoch immer wieder zusammengerauft, weil man das Land nicht den Rechten habe überlassen wollen. Die inhaltliche Bilanz der Kenia-Koalition sei eine gut, insbesondere im Energie-, Umwelt- und Landwirtschaftsbereich seien große Erfolge erzielt worden, so die Grünen-Abgeordnete.

Besonders stolz sei Lüddemann zudem auf die moderne Landesverfassung und erste Verbesserungen im ÖPNV. Die Menschen in diesem Land hätten Ehrlichkeit und Transparenz verdient und diesen Menschen fühle sie sich verpflichtet. Sie betonte: „Gute Politik braucht Verlässlichkeit!“ und forderte mehr Mut, die Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern anzuerkennen.

„Keine Liebeshochzeit sondern Zweckbündnis“

Siegfried Borgwardt (CDU) betonte, „die Kenia-Koalition ist keine Liebeshochzeit, sondern ein Zweckbündnis“ gewesen, das habe man gewusst und sei dennoch bereit gewesen, diese Herausforderung anzunehmen. Umso bemerkenswerter sei es, dass während der Legislatur sogar Projekte umgesetzt worden seien, die gar nicht im Koalitionsvertrag gestanden hätten. Der CDU-Abgeordnete nannte beispielsweise das Modellprojekt Führerschein mit 16 und die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.

Außerdem sei die innere Sicherheit des Landes durch höhere Ausbildungskapazitäten bei der Polizei gestärkt worden, die schlechte Ausstattung mit Mobilfunkmasten werde zukünftig verbessert. Die Arbeitslosenquote sei vor der Corona-Pandemie so gering gewesen wie nie zuvor seit der politischen Wende. Abschließend erklärte er, die CDU-Fraktion wolle ihre Arbeit zukünftig in verantwortungsvoller Form weiterführen.

Am Ende einer Aktuellen Debatte werden naturgemäß keine Beschlüsse gefasst.