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Plenarsitzung

Rundfunkbeitrag in der Aktuellen Debatte

15. Dez. 2020

Im Verbund widmeten sich die Abgeordneten im Dezember-Plenum zwei Aktuellen Debatten sowie zwei Anträgen rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Beitragserhebung. Im Raum steht die Beitragserhöhung um 86 Cent. Die Fraktion DIE LINKE forderte vom Landtag ein deutliches Bekenntnis zum öffentlichen-rechtlichen Rundfunk und dessen demokratischen Funktionen. „Die Diskussion rund um die Erhöhung der Rundfunkgebühren habe sich zu einer „Farce für das gesamte Land entwickelt“, moniert dagegen die AfD-Fraktion.

War erneut Thema im Landtag: der Rundfunkstaatsvertrag. Foto: ARD

„Öffentlich-rechtlicher Rundfunk unverzichtbar“

Immer mehr Menschen verabschiedeten sich in Parallelwelten, wo jedem auf YouTube gezeigten Mist geglaubt werde, monierte Stefan Gebhardt (DIE LINKE). Insbesondere vor diesem Hintergrund komme man an einer Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht vorbei. Die Berichterstattung verzeichne in Sachen Glaubwürdigkeit letztens exorbitant hohe Werte, „das ist gut so“, es gelte, faktenbasierte Informationsquellen, also den frei empfangbaren Rundfunk und dessen staatsferne Organisation zu stärken.

Der Landtag habe im September 2020 den neuen Medienstaatsvertrag beschlossen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Auftrag erteilt, und im Dezember 2020 verweigert die CDU die Zustimmung zum Rundfunkstaatsvertrag. Es sei mehr als fragwürdig, dass die CDU 86 Cent für nicht zumutbar halte, gleichzeitig habe sie aber Straßenausbaubeiträge und steigende Elternbeiträge für Kitas akzeptiert. Die Gemeinsamkeiten in der Koalition scheinen aufgebraucht, Sachsen-Anhalt werde mehrfach verklagt, so Gebhardt. „Aber gerade in Corona-Zeiten ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk unverzichtbar.“

Armutszeugnis für die Koalition

„Fast jeder im Land muss Rundfunkzwangsbeiträge zahlen“, monierte Ulrich Siegmund (AfD), das gesamte Budget betrage mittlerweile über neun Milliarden Euro. So mancher müsse doppelt zahlen (Unternehmen), dieses Geld fließe in die Pensionen der Intendanten. „Immer mehr und immer gieriger wird ein Schluck aus der Zwangsbeitragspulle genommen“, so Siegmund. Er schreibe es auf die Rechnung der AfD-Fraktion im Landtag, dass die Erhöhung des Rundfunkbeitrags bisher nicht verabschiedet worden sei. Auch der Fraktion DIE LINKE warf er den Willen zur Selbstbereicherung vor, sie sei die „schäbigste und raffgierigste Fraktion, die dieses Haus je gesehen hat“, echauffierte sich Siegmund. Auch der Koalition stellte er ein Armutszeugnis aus, jedes Sandkastenkind pflege einen faireren und reiferen Umgang miteinander.

„Dysfunktionale Aspekte im System“

Das Bundesverfassungsgericht arbeite bereits an den von Sachsen-Anhalt ausgelösten Verfassungsbeschwerden in Sachen Rundfunkbeitrag, erklärte Staats- und Kulturminister Rainer Robra (CDU). Es bestehe kein Zweifel, dass die CDU den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für wichtig und notwendig halte, er sei Lotse und Navigator in einem kaum noch überschaubaren Mediennetzwerk. Aber es bestehe Reformbedarf, so Robra. Er bedaure, dass ein Reformkompromiss Ende des letzten Jahres nicht habe verabschiedet werden können.

Es gebe verschiedene dysfunktionale Aspekte im System, einer davon sei die staatsferne Festsetzung des Beitrags, die aber geknüpft an ein Verfahren sei, bei dem die Landtage am Ende eigentlich nur noch zustimmen dürften. Man müsse weiter darüber reden, wie die bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zukunft sichergestellt werden könne.

Kritik berechtigt, Verweigerung falscher Weg

Dr. Katja Pähle (SPD) erklärte, man diskutiere über einen wirklich außergewöhnlichen Vorgang. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk brauche Reformen, aber die Verweigerung des Medienstaatsvertrags sei nicht das richtige Mittel dafür. Die Kritik, beispielsweise an den hohen Intendantengehältern oder der Unterrepräsentation des Ostens in den Programmen sei legitim, so Pähle. Man könne jedoch nicht zunächst umfangreiche Leistungen bestellen und dann kritisieren, dass sie zu teuer würden. Die SPD-Fraktionsvorsitzende zeigte sich in Sorge, dass bei Sendeanstalten nun einige geöffnete Türen wieder geschlossen würden, aufgrund des Verhaltens der CDU-Fraktion.

Bei dem Streit um die Rundfunkgebühren sei es immer auch darum gegangen, wie man in einer Koalition miteinander umgehe und wie man sich von denen absetze, die gar keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollten und denen die Pressefreiheit ein Dorn im Auge sei. „Es ist eine generelle Voraussetzung, dass man sich in einer Koalition aufeinander verlassen kann.“ Die AfD lehne einen unabhängigen Journalismus ab, weil er auch die Gefahr beleuchte, die der Demokratie von rechts drohe. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht Reformen, was er nicht braucht, ist Einmischung!“

Imageschaden für Sachsen-Anhalt

„Es hat in den Koalitionsfraktionen keine Einigung in der Sache gegeben. Wir Grünen wollten den Staatsvertrag aus formalen und inhaltlichen Gründen“, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Der Ministerpräsident habe dies erkannt und die Vorlage zurückgezogen. Beitragsstabilität  bedeute, dass Tarifanpassungen und Inflationsausgleich eingepreist würden. Auch die Grünen stünden für Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wenn man es ernst meine mit den Reformen, dann müsse man an die entsprechenden Verträge ran. Erst im September habe man dem Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland zugestimmt – ohne Debatte. Wie immer im Leben gelte hier: „Was man bestellt hat, muss man auch bezahlen.“

Während des Streits um die Rundfunkgebühren sei der interne Machtkampf in der CDU-Fraktion offen ausgebrochen. Man stehe bundesweit isoliert und es habe einen Imageschaden für das Land gegeben. Das Scheitern des Staatsvertrags werde einen enormen Einfluss insbesondere auf den MDR haben, denn dieser müsste im Zweifel sehr viel Geld einsparen, mitten in einem Reformprozess. Lüddemann betonte, insbesondere in Zeiten von „Fake News“ sei der unabhängige Rundfunk wichtiger denn nie. Sie zeigte sich überzeugt, dass die Gerichte die Unabhängigkeit des Rundfunks bestätigen werden.

„Neutraler öffentlich-rechtlicher Rundfunk“

Der „Zwangsbeitrag“ werde genutzt, um horrende Intendantengehälter und Pensionsansprüche zu finanzieren, kritisierte André Poggenburg (fraktionslos). Er sei nicht für die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber es müsse ein politisch ausgeglichener, ein neutraler Rundfunk sein. Er sei aber mittlerweile ein „rotes Propagandainstrument“. Der CDU empfahl er, „dem rot-grünen Zwangskorsett“ zu entfliehen.

CDU: ÖRR richtig und wichtig, aber zu teuer

Markus Kurze (CDU) erklärte, in erster Linie sei es seiner Fraktion nicht nur um die Intendantengehälter und eine Neiddebatte gegangen, sondern um strukturelle Reformen. Alle Intendantengehälter für ein Jahr zusammengerechnet, würden drei Millionen Euro einsparen. „Der ÖRR ist zwar richtig und wichtig, aber er ist uns zu teuer geworden“, sagte Kurze. Es gehe eben nicht um zwei Brötchen (86 Cent) sondern um 38 Milliarden im System, kritisierte der CDU-Abgeordnete die Richtung einiger Medienberichte. Es müsse legitim sein, in einer solchen Corona-Krise zu fragen, ob eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags das richtige Signal sei.

Bereits vor 15 Jahren habe die CDU-Fraktion über die Inhalte im ÖRR gesprochen. Kurze bezweifelte, dass Kochshows, Krimis und Talkshows, von denen er sehr viel im Fernsehen sehe, zur Grundversorgung gehörten. Kurze erinnerte daran, dass jeder Bürger die 17,50 Euro bezahlen müsse, egal ob er den ÖRR schaue und höre oder nicht. Die CDU will, dass man sich im ÖRR zukünftig wieder auf den Grundversorgungsauftrag konzentriere, damit er langfristig bezahlbar bleibe. Für eine ernsthafte Debatte darüber hätte es genug Steilvorlagen von Minister Robra und dem Ministerpräsidenten im Bundesrat gegeben.

Beschlüsse zur Aktuellen Debatte wurden nicht gefasst. Die parallel behandelten Anträge von AfD und DIE LINKE wurden in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien überwiesen.