Der Ältestenrat hatte sich in der 8. Kalenderwoche 2020 darauf verständigt, im Februar einen zusätzlichen Sitzungstag abzuhalten, um das Gesetz zur Parlamentsreform 2020 raschestmöglich verabschieden zu können. Am Freitag, 28. Februar 2020, wurde über den Gesetzentwurf abschließend abgestimmt.
Im Folgenden finden Sie den Artikel zur Einbringung des Gesetzentwurfs sowie den Artikel zu dessen Zweiter Beratung am Mittwoch, 26. Februar 2020. Am Textende finden Sie das finale Abstimmungsergebnis.
AfD lehnt Gesetzentwurf ab
„Dieses Paket ist in den entscheidenden Punkten abzulehnen“, erklärte Robert Farle (AfD). Nur die Herstellung der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen werde von seiner Fraktion begrüßt. Alles andere bedürfe im Grunde keiner Änderung; es würde lediglich linksgrüne Ideologie in die Verfassung eingebunden. Die AfD erkenne zudem eine Beschneidung der Minderheitenrechte im Parlament. Klimaschutz als Staatsziel sollte gestrichen werden, „weil bis heute nicht bewiesen ist, dass durch menschliche Aktivitäten das Klima geschützt werden kann“, so Farle.
Sachsen-Anhalt mit modernster Landesverfassung
Sachsen-Anhalt verfüge nach der Verabschiedung des Gesetzes über die wohl modernste Landesverfassung Deutschlands, betonte Rüdiger Erben (SPD). „Denn wir stärken die Grundrechte und modernisieren die Ziele, die dem Staat selbst gesetzt werden.“ Darunter befindet sich beispielsweise die Verhinderung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Erben lobte zudem die neuen Staatsziele Tierschutz und Klimaschutz sowie gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen im Land. Die Einschränkung von Minderheitenrechten sei dagegen lediglich eine Mär der AfD.
Stärkung der direkten Demokratie
„Wir wollten und wollen, dass es durch die neuerliche Parlamentsreform einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger gibt“, sagte Stefan Gebhardt (DIE LINKE). So werde für mehr Transparenz in der Landespolitik gesorgt, die direkte Demokratie werde mit der Senkung der Quoren für Volksbegehren gestärkt. Sachsen-Anhalt habe nun eine moderne Verfassung mit mehreren neuen Staatszielen, darunter das Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Identität. Gebhardt lobte insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Verhinderung der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts.
Sachsen-Anhalt wird modernisiert
Die demokratischen Fraktionen des Parlaments hätten mit dem Gesetzentwurf zur Parlamentsreform einen gemeinsamen Erfolg erzielt, betonte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Sachsen-Anhalt werde ein gutes Stück weit modernisiert. Angehörige einer sexuellen Minderheit bekämen endlich den vollständigen verfassungsrechtlichen Schutz, die Verhinderung der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts werde nun staatliche Verpflichtung. Die von der AfD kritisierte angebliche „Schleifung von Minderheitenrechten im Plenum“ sei „blanker Unsinn“, konstatierte Striegel.
Mehr Bürgernähe und Verantwortung
„Wir gehen verfassungs- und parlamentsgesetzliche Regelungen an“, sagte Markus Kurze (CDU) und verwies auf die gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit bei der Erstellung des Gesetzentwurfs. „Wir schaffen mehr Bürgernähe und mehr Verantwortung und Rechte für die Abgeordneten im Parlament“; Kurze erinnerte zudem an die neuerliche Verkleinerung des Parlaments, indem die Zahl der Wahlkreise von 43 auf 41 gesenkt werde. „Wir wollen lebendige Debatten, aber die sollen nicht unter der Gürtellinie geführt werden“ – hierfür werde es neue Regeln geben.
Für den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist aufgrund der vorgesehenen Verfassungsänderung eine Dritte Beratung notwendig. Am Freitag, 28. Februar 2020 soll der Gesetzentwurf nach der Dritten Beratung (ohne Debatte) planmäßig mit großer Mehrheit vom Parlament beschlossen werden.
Abstimmung zum Gesetzentwurf
In der abschließenden Abstimmung wurde der Änderungsantrag der AfD-Fraktion abgelehnt. Der Gesetzentwurf wurde anschließend mit den Stimmen von CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Zweidrittelmehrheit) angenommen.
Statement der Landtagspräsidentin
„Zunächst möchte ich betonen, dass ich froh darüber bin, dass sich vier der fünf Fraktionen des Hauses auf eine umfassende Parlamentsreform – immerhin auch mit einer Verfassungsänderung – verständigen konnten“, erklärt Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. „Das war bei Beginn der Arbeiten zu hoffen, so aber nicht unbedingt zu erwarten. Das Beispiel der Parlamentsreform 2020 zeigt, dass wir zur Kooperation und zu Kompromissen in der Sache fähig sind. Ein gutes Zeichen!“
Darüber hinaus bekennt sie: „In der Sache freue ich mich vor allem darüber, dass das Parlament durch die Reform näher an die Bürgerinnen und Bürger heranrückt. Stichworte dafür sind die Absenkung des Quorums bei Volksbegehren von 9 auf 7 Prozent, die Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen und die signifikante Stärkung des Petitionsausschusses.“ Hinzu kommen die neuen Staatsziele Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, Tierschutz, Klimaschutz und Nichtverbreitung nationalsozialistischen, rassistischen und antisemitischen Gedankengutes. Hierdurch bekommt insbesondere staatliches Handeln weitere, sehr zeitgemäße Zielvorgaben. Jetzt gilt es, der Reform durch entschlossenes Handeln Leben einzuhauchen“, so Brakebusch.