In Sachsen-Anhalt werden künftig zur Behandlung und zum Schutz psychisch kranker Menschen verbindlich Patientenfürsprecher auf kommunaler Ebene eingesetzt. Außerdem tragen ab 2022 gemeindepsychiatrische Verbünde in den Landkreisen und kreisfreien Städten dazu bei, die Versorgungsstrukturen für Hilfesuchende zu optimieren. Das sind zwei wesentliche Vorgaben aus dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung des Landes Sachsen-Anhalt (PsychKG LSA), das der Landtag am 11. September 2020 in nach seiner Zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE und eines fraktionslosen Abgeordneten beschlossen hat.
Gesetz auf rechtssicheren Füßen
Das bisherige PsychKG aus dem Jahre 1992 war nach Aussage von Sprechern aller Fraktionen in die Jahre gekommen und musste, so sieht es auch der Koalitionsvertrag vor, dringend novelliert werden. „Wir haben das Gesetz auf rechtssichere Füße gestellt. Damit verbessern wir die Situation psychisch kranker Menschen sowie deren Angehörige und Kinder“, sagte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Daneben biete das Gesetz die rechtliche Grundlage, um die Vornahme notwendiger Einweisungen zu ermöglichen, wenn akute psychische Erkrankungen vorliegen, die mit einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung verbunden sind.
Ulrich Siegmund (AfD) als Berichterstatter für den federführenden Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration, der Abgeordnete Bernhard Bönisch (CDU) und auch Cornelia Lüddemann (GRÜNE) , lobten die erfolgreiche Arbeit der beteiligten Abgeordneten, die unter anderem dafür gesorgt hätten, dass die genannten zwei wesentlichen Vorgaben als verbindliche Aufgaben in das Gesetz geschrieben worden seien. Der Gesetzentwurf der Landesregierung hatte sie lediglich als Kann-Bestimmungen vorgesehen.
Ehrenamtliche Patientenfürsprecher
Die sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion erklärte Verena Späthe (SPD) dazu: „Das neue Gesetz stärkt die Rechte der Patientinnen und Patienten. Es wird zukünftig in allen Kommunen und kreisfreien Städten verbindlich Psychiatriekoordinatoren und gemeindepsychiatrische Verbünde geben. Sie sollen Angebote für Betroffene und ihre Familien besser aufeinander abstimmen, vernetzen, Teilhabe fördern und die Selbsthilfe unterstützen. Eine weitere Aufgabe wird die Erstellung einer kommunalen Psychiatrieplanung sein. Es freut mich besonders, dass es nun gelungen ist, die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und umfassende psychiatrische Versorgung zu verbessern.“
Gemeindepsychiatrische Verbünde im Sinne dieses Gesetzes sind Zusammenschlüsse der Leistungserbringer und Kostenträger in einem auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte festgelegten Gebiet durch Kooperationsvereinbarung oder Satzung. Die ehrenamtlichen Patientenfürsprecher, die in den Landkreisen und kreisfreien Städten geschaffen werden müssen, sind künftig Ansprechpartner und Beschwerdestelle für Personen mit einer psychischen Erkrankung. Sie sollen deren Interessen, insbesondere in Konfliktfällen, gegenüber Dritten vertreten und innerhalb des Wiedereingliederungsprozesses in gesellschaftliche Strukturen unterstützend tätig sein.
Ein Drittel in Sachsen-Anhalt ist betroffen
In Sachsen-Anhalt ist ein Drittel der Bevölkerung von psychiatrischen Erkrankungen oder Störungen betroffen. Für Daniel Wald (AfD) sind psychische Erkrankungen zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem geworden. Das Gesetz sei ein wichtiger Schritt zur menschenwürdigen Behandlung der Betroffenen. „Die Würde der Patienten ist gewahrt“, sagte er.
In das Gesetzgebungsverfahren wurden sozialpsychiatrische Dienste, der Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung und Institutionen ebenso beteiligt wie Angehörigen- und Betroffenenvertreter. Ebenso flossen Ergebnisse einer groß angelegten Studie des Sozialministeriums zur Bestandsanalyse, Prognose und Handlungsempfehlungen psychiatrische Versorgung im Land in den Gesetzentwurf ein. Übereinstimmend sprachen sich die Fraktionen dafür aus, das Gesetz in der nächsten Legislatur auf den Prüfstand zu stellen.