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Plenarsitzung

Jüngeres Wahlalter zur Diskussion gestellt

11. Sep. 2020

Mit einem Artikelgesetz möchte die Fraktion DIE LINKE sowohl die Landesverfassung als auch das Wahlgesetz und das Kommunalverfassungsgesetz des Landes ändern. Da junge Menschen am politischen Geschehen des Landes interessiert und vielfältig darin involviert seien, spricht sich die Fraktion in ihrem Gesetzentwurf für die „überfällige Herabsetzung des Wahlalters für Landtags- und Kommunalwahlen vom 18. Lebensjahr auf das 14. Lebensjahr für Sachsen-Anhalt“ aus.

Junge Menschen ab 14 Jahren sollen nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE in Sachsen-Anhalt an Kommunal- und Landtagswahlen teilnehmen dürfen. Foto: Stefanie Böhme (Archiv: Juniorwahl 2016)

Keine Politikverdrossenheit bei jungen Menschen

In der Kommunal- und Landespolitik würden auch viele Entscheidungen getroffen, die das alltägliche Lebensumfeld der jungen Bürgerinnen und Bürger beeinflussten, erklärte Christina Buchheim (DIE LINKE). Das Wahlalter von 16 Jahren auf kommunaler Ebene gebe es bereits, aber nicht auf Landesebene. „Ist das noch zeitgemäß?“, fragte Buchheim. Ein vernünftiger Grund zeige sich nicht, verfassungsrechtliche Probleme gebe es ebenfalls nicht. Hunderttausende Schülerinnen und Schüler engagierten sich deutschlandweit beispielsweise bei „Fridays for Future“, eine Politikverdrossenheit bei jungen Leuten sei nicht zu erkennen.

Den Interessen von Kindern und Jugendlichen käme nicht genügend Aufmerksamkeit in der Politik zu, so Buchheim. Das Wahlmindestalter verfolge den Zweck, bei Wähler*innen den erforderlichen Grad der Reife und Vernunft sicherzustellen. Junge Menschen seien heute aber bereits deutlich vor dem 18. oder 16. Lebensjahr dazu in der Lage, sich verantwortlich zu verhalten und ihr Verhalten zu reflektieren, meinte Buchheim. Für Jugendliche sei die Absenkung des Wahlalters ein Signal, das die Politik auf deren Interesse reagiere und Entscheidungen nicht über deren Köpfe hinweg fasse.

Keine Veränderung in laufenden Wahlverfahren

Die Überlegungen zur Absenkung des Wahlalters seien nicht neu, erklärte Justizministerin Annemarie Keding (CDU). Es handle sich um eine rein politische Entscheidung. In einem laufenden Wahlverfahren (Landtagswahl 2021) dürfe eine Absenkung aber nicht erfolgen, so Keding. Freilich sei es wichtig, die Interessen der jüngeren Generation zu berücksichtigen, allerdings dürfte das Wahlalter nicht zu einem Experimentierfeld werden. „Kein Bundesland habe bisher ein aktives Wahlrecht ab 14 Jahren, und das aus gutem Grund“, erklärte Keding. Ein solches Begehren bedürfe zunächst einer ausführlichen politischen und inhaltlichen Diskussion im Rahmen einer Parlamentsreform.

SPD für Wahlalter 16

Vor 50 Jahren sei das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt worden, erinnerte Silke Schindler (SPD). Das Wahlalter sei also nichts Unveränderbares. „Für die Landtagswahl spricht sich die SPD für ein Wahlalter ab 16 Jahren aus, konnte dies allerdings nicht im Koalitionsvertrag verankern“, so Schindler. Das Wahlalter fuße nicht allein auf dem Alter, sondern auf Teilhaberechte – „da ist es egal, ob man 16 oder 86 ist“. Viel entscheidender sei ein Interesse an politischen Zusammenhängen und Entscheidungsprozessen.

Wieder mal „Unsinn“ von den Linken

Die Linken brächten mal wieder „Unsinn“ in den Landtag ein, monierte Oliver Kirchner (AfD). Man könne sich nicht nur durch jüngere Wähler für die Interessen junger Menschen einsetzen. Gerade die linke und grüne Jugend zeichne sich durch ihre Aktionen und Statements nicht durch politisches Verantwortungsgefühl aus, sagte Kirchner: „Man sollte das Jungwählerpotenzial nicht überschätzen und deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.“

Wahlrecht ist Menschenrecht

Das Wahlrecht sei kein großzügiger Gnadenakt, „Wahlrecht ist Menschenrecht“, betonte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Festsetzung eines Walalters bedeute nichts anders als den Ausschluss von Millionen Menschen bei Wahlen. Je höher das Wahlalter, desto stärker begründungswürdig sei auch der Ausschluss von Wähler*innen. Die gültige Altersgrenze bei Wahlen sei kein Naturgesetz, sagte Striegel, eine Absenkung des Wahlalters sei dringend geboten. Auch die Grünen setzten sich für eine Absenkung auf 14 Jahre ein.

Wenn das Wahlrecht an Politikverständnis geknüpft wäre, dürften – laut Umkehrschluss der AfD-Ansichten – sehr viel mehr Menschen nicht wählen als nur Jugendliche. Striegel forderte mehr Mut und Vertrauen der Älteren, auch ein Stück der Macht abzugeben. Gerade die Beharrlichkeit der Jugendlichen von „Fridays for Future“ offenbare die notwendige Mündigkeit junger Menschen für politische Entscheidungen.

CDU will Wahlalter nicht absenken

„Junge Menschen haben das Recht, sich an öffentlichen Diskussionen zu beteiligen, aber deswegen muss das Wahlalter nicht auf 14 Jahre abgesenkt werden“, erklärte Tobias Krull (CDU). Niemand bestreite, dass sich viele junge Menschen politisch engagierten, aber sie seien auch leichter zu beeinflussen. Die Gewährung von Rechten und die Erfüllung von Pflichten müsse sich bei jungen Menschen die Waage halten. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen – die Justizministerin habe es erklärt – kämen die neuerlichen Bestrebungen für eine Absenkung des Wahlalters allerdings deutlich zu spät für 2021, so Krull. Die CDU stehe lediglich zum Wahlalter 16 Jahre bei den Kommunalwahlen. Auf dieser Ebene könnten junge Menschen gesellschaftliche und politische Zusammenhänge ausreichend überschauen.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf der Linken in die Ausschüsse für Inneres und Sport (federführend) sowie für Recht, Verfassung und Gleichstellung (mitberatend) überwiesen.