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Plenarsitzung

Was tun gegen Gewalt an Schulen?

30. Aug. 2019

Die AfD-Fraktion wollte mit dem vorliegenden Antrag den Lehrern in Sachsen-Anhalt im Umgang mit gewaltbereiten und „renitenten“ Schülern den Rücken stärken. Dazu unterbreiteten die Antragsteller verschiedene Maßnahmen, so sollten beispielsweise zukünftig die vorgesehenen Erziehungsmittel konsequent angewandt und die Verordnung über schulische Ordnungsmaßnahmen geändert werden. Außerdem sollte die Landesregierung eine „Spezialanstalt“ für „besonders gewaltbereite Schüler und Wiederholungstäter“ einrichten.

In einem Klassenzimmer erheben zwei Jungs ihre Fäuste gegen ein Mädchen, das sich hinter einem Heft versteckt und wegduckt.

Was tun gegen Gewalt an Schulen? Damit beschäftigte sich der Landtag von Sachsen-Anhalt anhand eines Antrags der AfD-Fraktion. Foto: Africa Studio/fotolia.com

Anlass und Hintergrund für die Debatte ist ein Vorfall in einem Hort in Bad Lauchstädt (Saalekreis). Dort hätten zwei Grundschüler (sechs und neun Jahre) über mehrere Wochen Mitschüler und Horterzieher terrorisiert, berichtet Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD). Die Vorkommnisse seien jedoch kein Einzelfall in Sachsen-Anhalt und oft wüssten Schule und Hort nicht so genau, wie sie bei gewaltbereiten Schülern reagieren sollten. Der eingebrachte Antrag solle helfen, die Situation zu verbessern.

Spezialanstalten für Schwererziehbare

Selbst der „Krisenordner“ der Schulen des Landes [Bildungsminister Tullner; A.d.R.] räume ein, dass Tätlichkeiten dieser Art oft aus Angst vor Konsequenzen nicht bekannt würden. Ein Grund mehr, ihn zu überarbeiten, forderte Tillschneider. Er bedauerte beispielsweise, dass die Strafe des In-die-Ecke-Stellens nicht mehr angewandt werden dürfe, da dies früher niemandem geschadet habe. Seine Fraktion wolle der Verweichlichung der Kinder keinen Vorschub leisten. Tillschneider forderte zudem eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Grundschülern, die ihre Lehrer angreifen. Ziel des Antrags sei es auch, die Lehrer zu schützen.

Der AfD-Abgeordnete führte weiter aus: Für die Schwererziehbaren brauche es eine „Spezialanstalt“, denn eine herkömmliche Bildungseinrichtung sei damit überfordert. In diesen Anstalten gebe es neben Unterricht, strenge Disziplin, aber auch Psychologen. „Um die aufkeimende Gewalt an unseren Schulen zu ersticken, müssen wir lernen, wieder hart zu reagieren“, so Tillschneider. Weitere Vorschläge der AfD-Fraktion finden sich im untenstehenden Antrag.

Minister verweist auf bestehende Gesetze

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) zitierte das Schulgesetz und die bereits vorhandenen Ordnungsmaßnahmen aus Paragraf 44. In schwierigen Fällen könnten auch Psychologen und das Jugendamt hinzugezogen werden. Diese Aufgabenteilung habe sich bewährt. Er sah erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im AfD-Antrag, denn eine Inobhutnahme sei ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff. Außerdem stelle die AfD die Kompetenz der Pädagogen grundsätzlich in Frage. Nach Meinung von Tullner funktioniere Prävention immer nur mehr- und nicht eindimensional. Der Antrag sei „wirkungslose Symbolpolitik“ und ignoriere fachliche und ethische Standards.

Einzelfall wird aufgebauscht

Der Antrag sei ein „neuer Tiefpunkt der ausgrenzenden Fantasien des Abgeordneten Tillschneider“, sagte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). Aus einem Einzelfall werde ein generelles Problem gemacht und Ängste geschürt. Die AfD präsentiere eine Lösung, die nicht nur untauglich, sondern auch verfassungswidrig sei. Sachsen-Anhalt hätte bereits in seiner Geschichte negative Erfahrungen mit speziellen Jugendanstalten gemacht (beispielsweise die NAPOLA in Ballenstedt oder auch die Jugendwerkhöfe in der DDR). Deshalb sagt die SPD-Fraktion: „Kinder gehören in die Schule und nicht den Knast!“  

Ausführungen nur schwer erträglich

Dieser  AfD-Antrag sei erneut eine „fachliche und intellektuelle Zumutung“, betonte Thomas Lippmann (DIE LINKE). Es sei nur schwer erträglich, wie über Schüler und Lehrer „gegeifert“ werde. Es sei schlicht unmöglich, sich damit fachlich auseinanderzusetzen. Die AfD wolle, das auffällige Grundschüler bis zu 14 Tagen von der Schule verwiesen werden und wenn diese nicht helfe, sollen sie den Eltern entzogen und in eine Spezialanstalt überführt werden.

Abgeordneter Tillschneider unterstelle Grundschülern eine Einstellung von Verbrechern, das sei nur schwer zu ertragen, so Lippmann. Er lehnte es ab, über diesen „unsäglichen Mist“ zu diskutieren, Pädagogik und Demokratie würden dadurch mit Füßen getreten. Stattdessen plädierte er dafür, über die Fortsetzung und Erweiterung der Schulsozialprogramme zu sprechen.

Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schloss sich im Wesentlichen seinem Vorredner an. Er bezeichnete die Ausführungen des AfD-Abgeordneten als „eklig“, zeigte sich „angewidert von seinem Auftreten“ und erklärte, er habe keine Lust, hier oder im Ausschuss über diesen „Schwachsinn“ zu reden.

Lehrer wissen, was sie machen

Gewaltbereite Schüler in ihre Schranken weisen, das wollten ja eigentlich alle, sagte Carsten Borchert (CDU). Der Ordnungsparagraf im Schulgesetz sei wichtig und würde bereits konsequent angewandt. So schlecht, wie die AfD-Fraktion die Lehrer da draußen mache, sei die Situation nicht. Borchert könne nicht verstehen, dass die AfD-Fraktion verhaltensauffällige Grundschüler in Spezialanstalten schicken wolle.

Der CDU-Abgeordnete führte weiter aus, die AfD interessiere überhaupt nicht, dass es Gesetze im Land gebe, die auch befolgt würden. Außerdem gebe es bereits eine Schule für verhaltensauffällige Schüler. Die CDU-Fraktion beschäftige sich bereits intensiv mit dem Thema „Gewalt an Schulen“ und wolle es im Ausschuss auch gerne weiter besprechen, allerdings nicht die Forderungen der AfD-Fraktion.

Nach der Debatte wurde der AfD-Antrag zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen.