Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Vor der Novellierung des Hochschulgesetzes

05. Dez. 2019

Die von der Landesregierung im September 2019 vorgelegte Neufassung des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt soll der weiteren Stärkung der Autonomie und Eigenverantwortung sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen des Landes dienen. Darüber hinaus soll es laut Einbringerin der Erweiterung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten der Hochschulen, der verbesserten Partizipation aller Hochschulmitglieder an Entscheidungen, der Verbesserung von Studium und Lehre und der Förderung der Chancengleichheit, insbesondere auch beim Zugang zu Promotionen, dienen. Darüber hinaus sollen zahlreiche Klarstellungen und Anpassungen an die aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung vorgenommen werden.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung hatte sich darauf verständigt, zum Gesetzentwurf eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durchzuführen, die am Donnerstag, 5. Dezember 2019, stattfand.

Blick auf den Universitätsplatz in Halle (Saale). Foto: Norbert Kaltwasser

Wortmeldungen aus der Anhörung

Ein langwirkender Prozess der Novellierung des Hochschulgesetzes befinde sich nun auf der Zielgeraden, erklärte Prof. Dr. Jens Strackeljan, Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Präsident der Landesrektorenkonferenz. Diese begrüße die im Gesetz verankerten Maßnahmen zur Autonomiesteigerung der Hochschulen, die sich beispielsweise im Berufungsrecht deutlich mache. Auch die Maßnahmen zur Stärkung der Gleichstellung und der partizipativen Mitgestaltung würden begrüßt. Kritisch würden die Voraussetzungen für die Lehrerbildung in Magdeburg und Halle gesehen, insbesondere bei der Besetzung der Fachdidaktiken würde es Probleme geben. Hier werde laut Gesetz eine dreijährige Schulpraxis vorausgesetzt, ausreichend sollte allerdings auch der Nachweis eine den Aufgaben entsprechende Praxis sein. Der Präsident der Hochschule Anhalt, Prof. Dr. Jörg Bagdahn, machte zudem auf die hohen Anforderungen an eine Vertretungsprofessur aufmerksam, die wie bei einer regulärer Berufung seien; an dieser Stelle sollten lieber die bisherige Berufungsregelungen beibehalten werden.

Gemischte Gefühle zum Gesetzentwurf gibt es bei den Studierendenvertreter/innen der Hochschulen des Landes (Martin Zeiler, Robin Rollnick, Chris Jürgens). In Sachen Hochschuldemokratie weise er in die falsche Richtung, die Mitbestimmung der Studierenden sei nicht ausreichend gewährleistet. Zudem gebe es durch das Gesetz keine Besserstellung studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte, die notwendig sei. Die konsequente Exmatrikulation von Studierenden nach einer nicht bestandenen Prüfung werde ebenso sehr kritisch gesehen, bedeute sie doch einen schweren Einschnitt in das Leben der Betroffenen und entziehe dem Markt vorzeitig mögliche Fachkräfte. Es spreche nichts gegen eine unbegrenzte Wiederholbarkeit von Einzelprüfungen. Die Finanzierung der Studentenwerke sei nicht ausreichend gewährleistet, ein deutlicher Aufwuchs der Zuschüsse sei notwendig, so die angehörten Studierendenvertreter.

Die stärkere Autonomie der Hochschulen werde begrüßt, erklärte Prof. Dr. Matthias Raith vom Lehrstuhl für Entrepreneurship an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, positiv würden auch die Anpassungen beim Promotionsrecht gesehen; kooperative Promotionen hätten die gleichen Anforderungen wie interne Promotionsverfahren. Raith forderte den kostenlosen Zugang zu allen digitalen Veröffentlichungen für Forschende, aber auch die kostenfreie Möglichkeit der Veröffentlichung eigener Forschungsergebnisse. Positiv betrachtet werde die mögliche Exmatrikulation nach schwerwiegendem Täuschungsversuch (Plagiat), dies sei eine wichtige neue Sanktionsmöglichkeit, so Raith. Allerdings sollte von einer eidesstattlichen Erklärung zur eigenen Leistung bei der Promotionsarbeit abgesehen werden, da diese das Plagiat zur Straftat mache, die von den Ermittlungsbehörden verfolgt werden könne. Dies sei wiederum zu schwerwiegend. Dadurch würden Plagiate womöglich aufgrund der Schwere der Folgen eher unter den Teppich gekehrt.

Julia Radzwill vom Ärzte gegen Tierversuche e. V. sprach sich für ein tierverbrauchsfreies Studium (beispielsweise Biologie, Medizin) und die Anwendung alternativer Lehrmethoden aus, um zum gleichen Lernergebnis zu gelangen. Hierfür könnten unter anderem Datenbanken und Simulationstechniken zum Einsatz kommen. Positiv bewerte der Verein den Gesetzespassus, dass die Hochschulen die Entwicklung von Methoden und Materialien fördern sollen, die die Verwendung von lebenden und eigens hierfür getöteten Tieren verringern oder ganz ersetzen können. Dies sollte noch um eine Formulierung erweitert werden, die den Studienabschluss ermögliche, auch wenn Studierende die Lernpassagen tierfrei absolvieren wollen. So käme man dem Staatsziel Tierschutz näher und schütze das Grundrecht auf Gewissensfreiheit und die Freiheit des Studiums, denn so könne niemand an einem bestimmten Hochschulstandort gezwungen werden, am Tier zu arbeiten.

Aus Sicht der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Universitätsklinika beinhalte der Gesetzentwurf viele positive Aspekte hinsichtlich des Gleichstellungsauftrags, sagte Michaela Frohberg. Sachsen-Anhalts Hochschulen würden einen Frauenanteil von lediglich 19,5 Prozent bei den Professorinnen vorweisen, obwohl die Promotionsquote bei 50 Prozent Frauenanteil liege, hier gebe es deutlichen Handlungsbedarf. Gefordert werde eine angemessene Besetzung von Gremien mit Frauen und Männern. Geschlechtergerechtigkeit sei ein Qualitätsmerkmal aller Hochschulen, Sachsen-Anhalt dürfe hier in der Entwicklung nicht zurückbleiben, so Frohberg.

Ver.di (Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) begrüße die Modernisierung des Hochschulgesetzes des Landes, betonte Gewerkschaftsvertreter Dr. Rainer Herter. Diese würde zur Gleichstellung von Frauen und Männern führen, gleichzeitig mahnte er die Stärkung der Rechte des Senats an; ver.di bedauere die Streichung der Viertelparität im Senat. Zudem werde die parallele Novellierung des Hochschulmedizingesetzes angemahnt.

Insgesamt werde eine positive Entwicklung beim Gesetzentwurf gesehen, einige Punkte seien aber nicht zu Ende gedacht worden, erklärte Frank Garlipp, Vorsitzender des Hauptpersonalrats beim Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung. Die Einführung des § 33 (Richtlinien für gute Beschäftigungsbedingungen) sei ein Schritt in die richtige Richtung, er trage dazu bei, Mindeststandards in der Lehre zu setzen. So würden Rahmenvorgaben für den Abschluss unbefristeter und befristeter Beschäftigungsverhältnisse sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zum Gesundheitsmanagement aufgestellt. Nachjustiert werden müsse noch im Bereich des Arbeitsschutzes, so Garlipp.

Die Erweiterung der Beschreibung der Aufgabenfelder von Hochschulen werde positiv betrachtet, erklärte Dr. Steffi Kaltenborn von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Landesverband Sachsen-Anhalt). Es werde auf ein angemessenes Zahlenverhältnis bei der Beschäftigung von befristeten und unbefristeten Lehrkräften gedrängt. Auf Dauer angelegte Aufgaben seien durchweg von unbefristeten Arbeitskräften abzudecken. Die Berufung von Fachdidaktikern sei wegen der dreijährigen Praxisregelung in Sachsen-Anhalt mitunter schwierig, es sollten hier ergänzende Regelungen gefunden werden. Aber man dürfe auch keine Qualitätseinbußen hinnehmen, so Kaltenborn. Die GEW begrüße den geplanten Wegfall der Langzeitstudiengebühren.

Elf Prozent der Studierenden in Deutschland haben aufgrund chronischer Erkrankungen Hindernisse beim Studium, konstatierte Dr. Christfried Rausch aus dem Büro des Behindertenbeauftragten des akademischen Senats der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dies betreffe demnach mehr als 2 000 Studierende an der MLU. Die selbstbestimmte Teilhabe aller Studierenden müsse sichergestellt werden. Die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren werde positiv aufgenommen, gerade für die Gruppe der Studierenden mit Handicap sei dies von besonderer Bedeutung.

Aufgabe des Landesstudienkollegs Sachsen-Anhalt ist es, sogenannten Bildungsausländern eine Hochschulzugangsberechtigung zu erteilen, erklärte dessen Leiter Jan Borchers. Hierfür würden die Studierenden in verschiedenen Kursen auf ein Studium in Deutschland vorbereitet. Die Möglichkeiten der Betreibung eines Studienkollegs (§ 28) werde zukünftig als problematisch aufgefasst: Das Land entziehe sich der Verantwortung der Zulassung von ausländischen Studierenden, dies aber staatlich zu regeln und zu unterstützen, so Borchers.

Wie es mit dem Gesetzentwurf weitergeht

Der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung wird sich in seinen kommenden Sitzungen weiter mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung und einem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE beschäftigen. Ziel ist es, eine Beschlussempfehlung zu erarbeiten, die dem Landtag zur Abstimmung unterbreitet werden soll.

Gesetzentwurf der Landesregierung „Hochschulgesetz“ (PDF)