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Plenarsitzung

Europa – Eine Heimat über Landesgrenzen?

Europa – mehr als ein bloßer Kontinent, gar die Heimat von mehr als 500 Millionen Menschen? Dieser Fragestellung ging die dritte Auflage des Forums „Landtag im Dialog“ am Mittwoch, 22. August 2018, nach, diesmal im Magdeburger Hegel-Gymnasium.

Auf Einladung von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch diskutierten die Abgeordneten Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Florian Philipp (CDU), Tobias Rausch (AfD), Wulf Gallert (DIE LINKE) und Ronald Mormann (SPD) mit Schülerinnen und Schülern und anderen Gästen – passend in einer Magdeburger Europaschule. Hier ist das Thema Europa Teil in nahezu allen Lehr- und Lernbereichen. Über 100 Schülerinnen und Schüler nutzten die Veranstaltung für eine Sozialkundestunde der etwas anderen Art.

Im Rahmen der Reihe „Landtag im Dialog“ fragte die Onlineredaktion des Landtag von Sachsen-Anhalt: Was kann oder muss die Politik tun, um das Image von Europa und der Europäischen Union zu verbessern? Youtube


„Wir wollen wieder in den Dialog mit den Menschen in Sachsen-Anhalt einsteigen“, nannte Landtagspräsidentin Brakebusch einen der Beweggründe für die Wiederbelebung der Dialogreihe, die im Jahr 2017 zum 25. Jubiläum der Landesverfassung erstmals ausgetragen wurde. „Das Thema Europa ist in Magdeburg sehr gut aufgehoben“, zeigte sich Brakebusch überzeugt. Bei den beiden vorangegangenen Ausgaben hatten sich die Diskutanten den Themen „Wölfe in Sachsen-Anhalt“ und „Schule 2.0“ gewidmet.

Statement-Einstand der Abgeordneten

Ihre erste große Europa-Erfahrung machte Dorothea Frederking recht nah nach der Schulzeit in den Niederlanden, erzählte sie zu Beginn der Dialogveranstaltung. Das Zusammengehörigkeitsgefühl mit anderen Europäerinnen und Europäern habe sie – auch wenn es ein trauriges Erlebnis gewesen sei – nach dem 11. September 2001 erlebt, als sie zunächst mit anderen Menschen aus Europa in den USA festgesessen habe.

Er habe schon viele internationale Erfahrungen sammeln können, dass das Europäersein für ihn schon zur Selbstverständlichkeit geworden sei, erklärte Florian Philipp. Auch nach allen Zerwürfnissen in der Geschichte habe es ein Zusammenwachsen der Völker in Europa gegeben.

Die Europäische Kultur habe er durch viele Reisen mit der Familie und durch einen Schüleraustausch sammeln können, sagte Tobias Rausch. „Jemand aus Afrika ist kein Europäer“, legte sich der AfD-Politiker allerdings fest. Assimilieren und zuhause fühlen reiche nicht, es müsse sich auch um denselben Kulturkreis handeln. Er spricht sich für ein Festhalten an den Nationalstaaten aus. An den guten Errungenschaften wie die Reisefreiheit wolle er aber festhalten.

„In unserer Familie hassen wir die Grenzen“, betonte Ronald Mormann, dessen Familie – wie viele andere – schmerzliche Erfahrungen mit der deutschen Teilung machen musste. „Wenn man in einem Grenzkreis aufgewachsen ist und im eigenen Land Schlagbäume passieren musste, sieht man jede Grenze mit anderen Augen“, so Mormann.

„Als Jugendlicher die Bilder aus dem europäischen Ausland zu sehen und zu wissen, dass man nie dorthin kommen würde, war schon ein komisches Gefühl“, erinnerte sich Wulf Gallert an seine Jugend in der DDR. Er verstehe Europa heute als Heimat, doch der Heimatbegriff werde problematisch, wenn er ausgrenzend wirke.

Kernthemen der dritten Dialogveranstaltung

Die Chancengleichheit, die wirtschaftliche Gerechtigkeit (Stichworte Griechenlandhilfe, Steuerflucht, deutscher Exportüberschuss), die Aufnahme von Flüchtlingen, ein Einwanderungsgesetz, Klimaschutzziele, EU-Fördermittel, der kulturelle Austausch und das Verbundenheitsgefühl der mannigfaltigen Nationen waren wesentliche Eckpunkte der abendlichen Diskussion.

Abschlussrunde der Abgeordneten

Ronald Mormann sprach sich abschließend dafür aus, die Europäische Union für die Menschen besser erlebbar zu machen und den Menschen bewusst zu machen, dass EU-Gelder in unzähligen Projekten stecken und diese erst ermöglichen.

Die rechten Parteien hätten einfache Botschaften und arbeiteten mit Parolen und Fake News, kritisierte Dorothea Frederking. Da müsse man aufklären – auch welche Folgen solche politischen Ansätze (beispielsweise die Verleugnung des Klimawandels) haben können.

„Die Leute sollen selber entscheiden dürfen, was sie wollen“, sagte Tobias Rausch. Abweichende Meinungen würden immer gleich in die rechte beziehungsweise Nazi-Ecke geschoben.

Das Vertrauen in die Europäische Union hänge nicht unwesentlich vom Vertrauen in die EU-Politiker/innen ab, sagte Wulf Gallert. Das habe in der Vergangenheit aber zunehmend gelitten.

Dass die Europäische Union speziell auch für Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle spiele, zeige sich unter anderem darin, dass 70 Prozent der Exporte aus Sachsen-Anhalt in die Länder der EU flössen, so Florian Philipp.

Das Diskussionsformat „Landtag im Dialog“ geht am 17. Oktober 2018 in die vierte Runde. In Naumburg werden die Abgeordneten mit den Gästen über das Thema „Medizinische Versorgung im ländlichen Raum“ diskutieren.