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Plenarsitzung

Öffentliche Anhörung zum Gesundheitswesen

Auf Basis eines Gesetzentwurfs der Landesregierung sollen Änderungen in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens vorgenommen werden. Zum einen geht es um eine Änderung des Krankenhausgesetzes und des Rettungsdienstgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Zum anderen soll auch das Gesetz über die Gutachterstelle für freiwillige Kastrationen und andere Behandlungsmethoden geändert werden.

Der Gesetzentwurf war im September 2018 vom Plenum in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen worden. In diesem verständigten sich die Mitglieder darauf, eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durchzuführen; diese wurde am Mittwoch, 16. Januar 2019, durchgeführt.

Durch den zu beratenden Gesetzentwurf soll es zu Änderungen unter anderem im Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt kommen. Foto: fotolia.com

Die Anhörung fand aufgrund der hohen Zahl an Gästen im Plenarsaal des Landtags statt. Die Redebeiträge in Kürze folgen hier:

Nach kontroversen Diskussionen habe man im Krankenhaus-Planungsausschuss einen guten Kompromiss zum Gesetzentwurf erzielt, sagte Dr. Gösta Heelemann vom Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. Trotz allem bleibe ein Investitionsrückstau von 900 Millionen Euro für die Krankenhäuser des Landes. Laut Gesetzentwurf komme der Kassenärztlichen Vereinigung im Planungsausschuss zu viel Mitspracherecht bei diversen Entscheidungen zu, das werde – da unnötig – von der Krankenhausgesellschaft abgelehnt, so Heelemann. Es führte lediglich zu einer Verschiebung der gleichheitlichen Mitbestimmung. Die Krankenhäuser seien durch die erzwungene Bereithaltung von Notärzten über Gebühr belastet, die Notärzte sollten nach Ansicht der Krankenhausgesellschaft besser durch die Rettungsdienste gestellt werden.

Die geplante Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung im Planungsausschuss (mit Stimmrecht zu allen Themen) sah auch Ingo Dörr, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privatkliniken in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V., kritisch.

Der Bundesverband Patientenfürsprecher im Krankenhäusern e. V. begrüßt, dass die Patientenfürsprache eingeführt werden soll, erklärte dessen Vertreter Hans-Jürgen Mahnkopf. Noch empfehlenswerter erscheine es allerdings, gleich eine bundesweite Regelung zu schaffen, wofür es jedoch auf Ebene der Bundesregierung noch keine Anstrengungen gebe. Die Formulierungen im Text seien allerdings noch zu dünn, diese müssten präzisiert werden. Unbedingt vermerkt sein müsse, dass Patientenfürsprecher nicht nur ehrenamtlich, sondern auch unabhängig arbeiten. Im Gesetz sollte zudem stehen, dass der Fürsprecher keine medizinische und rechtliche Beratung durchführt und welche Aufgaben er grundsätzlich übernehmen soll.

Wesentlicher Kritikpunkt am Gesetzentwurf sei die fehlende Verbindlichkeit bei den Rahmenvorgaben, so Prof. Dr. Uwe Ebmeyer, Vizepräsident der Ärztekammer Sachsen-Anhalt. Es bestünden Zweifel, dass die bestehenden rechtlichen Regelungen ausreichten. Die Ärztekammer fordert unter anderem, dass der Satz „Die Rahmenvorgaben sind für die Krankenhäuser verbindlich.“ in das Gesetz aufgenommen werde.

Es bedürfe im Gesetz einer Klarstellung bezüglich der Regelungen für die Behandlung von Notfallpatienten, so Thomas Steil von der Kassenärztlichen Vereinigung. Es müsse zudem eine digitale Datengrundlage geschaffen werden, sodass man vor Ort sehen könne, wo ein Notfallpatient untergebracht werden könne. Bisher müssten Notärzte noch Krankenhäuser antelefonieren und nach freien Kapazitäten fragen. Es sei notwendig, dass sich Krankenhäuser weiter an der Notarztstellung beteiligten, um deren Nachwuchskräfte auszubilden und das System aufrechtzuerhalten.

Der Gesetzentwurf sei ein zu kleiner Hammer, um den gewaltigen Nagel des Regelungsbedarfs einzuschlagen, erklärte Dr. Klaus Holst vom Verband der Ersatzkassen. Man bleibe zu sehr im Ungefähren. Es müsse eine verbindliche Regelung ins Gesetz, dass die Notrettung (zum Beispiel im Hubschrauber) das nächstgelegene Krankenhaus ansteuert. Es bedürfe einer digitalen Software, die die Kapazitäten der Krankenhäuser simultan anzeigten, damit Notfallpatienten nicht an der Krankenhaustür abgewiesen würden.

Mehr Verbindlichkeiten bei planungsrelevanten Faktoren forderte auch Andreas Arnsfeld von der AOK Sachsen-Anhalt. Die Kasse fordert die Einführung einer qualitätsbasierten Krankenhausplanung, verbindliche Qualitätsstandards für alle Krankenhäuser im Land und bei Nichteinhaltung von Leistungs- und Qualitätsvereinbarung entsprechende Konsequenzen.

Der Strukturwandel im Gesundheitswesen werde dazu führen, dass die ambulanten und stationären Bereiche stärker verzahnt werden, führte Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter vom Universitätsklinikum Magdeburg an. Im Gesetzestext sollen – neben der hochspezialisierte Versorgung – die Universitätsklinika beim Versorgungsauftrag für die qualitätsgesicherte Patientenversorgung aufgeführt werden. Bei der finanziellen Ausstattung der Universitätsklinika müsse stärker die kostenaufwendige Facharztausbildung und die Vorhaltung eines Alarm- und Einsatzplans berücksichtigt werden. Die Universitätsmedizin versehe besondere Aufgaben bei der Patientenversorgung – über Lehre und Forschung hinaus, ergänzte  Prof. Dr. Thomas Moesta, ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Halle.

Zeit sei einer der wichtigsten Faktoren bei der Behandlung von Notfallpatienten, dem ärztlichen und nichtärztlichen Personal komme hier große Bedeutung zu, legte Dr. Christoph Kern von der Landesrettungsschule dar. Kern sprach sich für gesetzlich geregelte standardisierte und landeseinheitliche Handlungsanweisungen für nichtärztliches Personal aus, um schnellstmöglich eine umfängliche Hilfe bereitstellen zu können.

„Wir begrüßen eine Qualitätssteigerung im Rettungsdienstwesen“, erklärte Bernd Meier, Vorsitzender der Landesfachgruppe Feuerwehr bei ver.di Sachsen-Anhalt. Für die Qualitätssteigerung bedürfe es einer gesetzlichen Verpflichtung zum gelebten Qualitätsmanagement – für alle Bereiche des Rettungsdienstes. Meier sprach sich zudem für eine ausreichende rechtliche Absicherung von Notfallsanitätern aus.

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen die durch den Gesetzentwurf anvisierte verbesserte medizinische Versorgungsqualität, betonte Sabine Fiebig für den Landkreistag und den Städte- und Gemeindebund. Die Spitzenverbände sprächen sich für den Erhalt einer ortsnahen Krankenhausversorgung aus. Ein Wegbrechen von (auch kleineren) Krankenhausstrukturen hätte nicht nur Auswirkungen auf die Notarztbereitstellung, sondern auch auf die medizinische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum. Die digitale Optimierung der Notfalltransporte solle über das Krankenhausgesetz des Landes geregelt werden. Im Gesetz sei darüber hinaus eine Leistungsbeschreibung zu ergänzen, welche Maßnahmen Notfallsanitäter nach dreijähriger Ausbildung durchführen dürfen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration wird sich in seinen kommenden Beratungen weiter mit dem Gesetzentwurf und den Ergebnissen aus der Anhörung beschäftigen. Ziel ist die Aufstellung einer Beschlussempfehlung, die dann dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt werden soll.