Auf Basis eines Antrags der AfD-Fraktion, der im Oktober 2018 in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen worden war, und eines Selbstbefassungsantrags der Fraktion DIE LINKE in ebendiesem Ausschuss, wurde auf Beschluss der Mitglieder eine Anhörung in öffentlicher Sitzung zur aktuellen Situation der Gerichtsvollzieher/innen in Sachsen-Anhalt, insbesondere hinsichtlich ihrer Ausbildung und beruflichen Laufbahn durchgeführt. Unter anderem soll der Frage nachgegangen werden, ob und wie in Sachsen-Anhalt ein FH-Studiengang für angehende Gerichtsvollzieher eingerichtet werden könnte.
Aus den Wortmeldungen der Angehörten
In Baden-Württemberg habe es vor einigen Jahren eine Qualitätsoffensive für den Gerichtsvollzieherberuf gegeben, berichtete Rüdiger Majewski, Landesvorsitzender des Gerichtsvollzieherbunds in Baden-Württemberg. Unter anderem sei ein dreijähriges duales Studium eingerichtet worden, um einen besseren Ausbildungsstand zu erreichen und den Anforderungen des Gerichtsvollzieherberufs gerecht zu werden. Dem vorausgegangen war ein massiver Wegbruch des Berufsnachwuchses. Heute sei man in der komfortablen Lage von bis zu 300 Bewerbern pro Jahr für circa 30 Studienplätze. Besetzt würden diese mit Abiturienten, aber auch mit Quereinsteigern aus anderen Berufsfeldern.
Bisher werden in Sachsen-Anhalt die Gerichtsvollzieher in einem Ausbildungsverbund mit den Ländern Bayern, Thüringen und Sachsen ausgebildet, berichtete die Vorsitzende des Verbands der Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt, Daniela Merke. Die praxisnahe Ausbildung sei bisher eine Sonderausbildung im mittleren Justizdienst. Da sich das Berufsbild mit einer deutlichen rechtlichen Kompetenzerweiterung weiterentwickelt habe, sei die Umstellung der Ausbildung auf ein Fachhochschulstudium sinnvoll. Das dann veränderte Ausbildungssystem könne zu einer Attraktivitätssteigerung im Berufsfeld führen, in dem es derzeit an Bewerbern mangele. Um nicht von der Ausbildungskapazität anderer Bundesländer abhängig zu sein, könnte ein eigener Studiengang an der Fachhochschule Harz aufgebaut werden, so Merke. Die Dauer der Ausbildung würde sich insgesamt von 48 Monaten auf 36 Monate verkürzen. Merke kritisierte die hohe Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt und deren schwache sachliche Ausstattung und finanzielle Entschädigung.
In Fällen, bei denen eine Gefahrneigung vorliege, werde von der Polizei im Vorfeld des Einsatzes mit den Gerichtsvollziehern die Situation besprochen, erklärte Olaf Sendel von der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsen-Anhalt. Liege keine Gefahrneigung vor, agierten die Gerichtsvollzieher allein, auf deren Anruf hin würden allerdings trotzdem zeitnah Kräfte mobilisierbar sein. Bei einer bereits absehbaren Gefahrneigung sei die Polizei mit Einsatzkräften vor Ort, versicherte Sendel.
Oliver Lentze, Vorsitzender des Landesverbands Sachsen-Anhalt des Deutschen Anwaltvereins, betonte, sein Verein unterstützte die Stellungnahme des Gerichtsvollzieherbunds, vor allem hinsichtlich der Ausbildungssituation, also der angestrebten fachhochschulischen Ausbildung in einem eigenen Studiengang in Sachsen-Anhalt.
Verfahrensbeiständin Carola Wilcke hatte als Sachverständige für die Kinderkommission im Deutschen Bundestag die Situation in den Familiengerichten mit untersucht. Die Kindschaftsverfahren hätten dabei im Fokus gestanden. Erkannt worden sei ein hoher Anstieg an offiziellen und inoffiziellen Beteiligten sowie intransparente Verfahrensverläufe und Entscheidungen, so Wilcke. Rechte von Kindern und Eltern würden oftmals nicht mehr gewährleistet. Eine bessere Qualifizierung in den Familiengerichten müsse erreicht werden.
Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung wird sich in seinen weiteren Sitzungen erneut mit dem Sachverhalt beschäftigen.