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Plenarsitzung

Mehr als 1200 Tier- und Pflanzenarten bedroht

23. Mai. 2019

„Ohne ein konsequentes Umsteuern wird die Biodiversität in Sachsen-Anhalt und weltweit weiter rapide abnehmen“, ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überzeugt. Der globale Bericht zur Artenvielfalt habe dies bestätigt und die Öffentlichkeit wachgerüttelt. Grund genug, das Thema auch auf die Tagesordnung des Plenums zu bringen. Die Grünen beantragten daher eine Aktuelle Debatte.

Allein in Sachsen-Anhalt waren 2004 bereits 1 200 von 17 400 Arten vom Aussterben bedroht, weitere 6 600 Arten wurden als gefährdet eingestuft. Anlässlich des Weltbiodiversitätsberichts diskutierte der Landtag das Thema erneut. Foto: stockWerk/fotolia

Es muss endlich gehandelt werden

Eine Million Tierarten seien in den nächsten Jahren vom Aussterben bedroht, konstatierte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) uns sagte weiter: „Artensterben ist kein reines Umweltthema.“ Sollte es voranschreiten, werde es auch Einfluss auf die Wirtschaft, soziale Fragen und die Gesellschaft haben. Wenn die Menschen jetzt begännen, ihre Lebensweise zu ändern, sei es noch nicht zu spät, so der Grünen-Abgeordnete.

Aldag ist überzeugt, dass jeder Bürger auch im Kleinen etwas zum Artenschutz beitragen könne, aber auch die Kommunen und das Land müssten ihre Hausaufgaben machen. Er forderte beispielsweise die kontinuierliche Aufforstung von Bäumen in Städten und den konsequenten Stopp von Flächenversiegelung. Ebenfalls nötig sei ein entschlossenes Handeln bei der Bekämpfung von invasiven Arten wie Waschbär oder Riesenbärenklau. Man könne vieles tun, aber auf keinen Fall dürfe man abwarten, sondern müsse jetzt entschlossen handeln. 

Ministerin wirbt für Naturmonument „Grünes Band“ 

Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert (Grüne) erklärte, die meisten UN-Biodiversitätsziele für 2020 seien bereits nicht mehr zu erreichen. „Der Schutz der Natur wird in vielen Bereich noch zu wenig beachtet.“ Nach Ansicht der Ministerin müssten die Anstrengungen deutlich verstärkt werden. Allein in Sachsen-Anhalt waren 2004 bereits 1 200 von 17 400 Arten vom Aussterben bedroht, weitere 6 600 Arten wurden als gefährdet eingestuft. „Wir müssen jetzt endlich vom Wissen zum Handeln kommen!“ Ein wichtiger Hebel sei eine veränderte Agrarpolitik.

Andererseits wurde in den letzten Jahren in Sachsen-Anhalt schon viel erreicht, wie beispielsweise das NATURA-2000-Projekt oder die mehr als 100 Maßnahmen im Rahmen des Umwelt-Sofortprogramms. Außerdem warb sie für eine schnelle Umsetzung des „Grünen Bands“ als nationales Naturmonument. Sie warb dafür, das Projekt noch bis zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung zu realisieren. Dabei sollte noch stärker die doppelte Bedeutung „vom Todesstreifen zur Lebenslinie“ in den Vordergrund gerückt werden.

Unzureichende Faktenlage

Lydia Funke (AfD-Fraktion) kritisierte den Umgang der Landesregierung mit verschiedenen Anfragen ihrer Fraktion zum Thema und beschrieb, wie schlecht es beispielsweise um Rotmilane, Iltisse und Feldhamster im Land stehe. Für viele nachgefragte Arten hätte die Landesregierung nur Standardantworten gegeben, bemängelte Funke. Sie fragte, wenn das Ministerium so wenig über einzelne Arten wisse, was das dann eigentlich nach Europa melden würde? Es sei zunächst wichtig, die Fakten zu kennen, denn was man nicht wisse, könne man nicht beeinflussen und schützen. Noch in dieser Legislatur werde man sich in Sachsen-Anhalt vermutlich von weiteren Arten verabschieden müssen, so die AfD-Abgeordnete.

Globale Lösung muss gefunden werden

Natürlich könne man im Kleinen etwas für die Artenvielfalt tun, auch wenn Sachsen-Anhalt allein die Natur nicht retten könne, sagte Carsten Borchert (CDU). Ein Gegensteuern beim Artensterben müsste realistisch erfolgen und dürfe nicht ausschließlich auf ideologischer Basis erfolgen. Der Fokus bei Veränderungen dürfe nicht nur auf der heimischen Landwirtschaft liegen, sondern es bedürfe einer globalen Strategie, so Borchert. Mit seinen Konsumentscheidungen könne jeder Einzelne zur Verbesserung oder Verschlechterung der Situation beitragen. Der Klimawandel allein sei nicht am Artensterben schuld.

Landwirtschaft ökologischer ausrichten

Hendrik Lange (DIE LINKE) zeigte sich nach dem CDU-Redebeitrag konsterniert: „Wir wissen, wo die dicke schwarze Bremse in diesem Haus sitzt.“ Die Natur werde schneller ausgebeutet, als sie sich regenerieren könne. 75 Prozent der Land- und 66 Prozent der Wasseroberfläche seien mittlerweile stark verändert, dies sei eine Katastrophe für die Erde. „Wenn wir vor der eigenen Haustür nicht handeln, können wir es auch nicht von anderen verlangen“, stellte Lange fest. Die Landwirtschaft müsse ökologischer ausgerichtet und dabei auch die Subventionspolitik beleuchtet werden. Die von der CDU geführte „kleinliche Diskussion zum Grünen Band“ könne er nicht verstehen.

Artenschutz ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würden die Landwirte teilweise zwingen, besonders viel Raps und Mais anzubauen, um ihr Überleben zu sichern, erklärte Jürgen Barth (SPD). Es sei also nicht allein den Bauern anzulasten, wenn es eine unzureichende Vielfalt auf den Feldern gebe. Daher sei der Schutz der Artenvielfalt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Außerdem verwies Barth darauf, dass die invasiven Arten stärker bekämpft werden müssten. Eine weitere Möglichkeit zum Schutz der Artenvielfalt sieht er in länderübergreifenden Biotopverbünden, dies könnte auch eine Chance für die Veränderung der Braunkohlereviere Mitteldeutschlands sein.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.