Der Investitionsstau in den Unikliniken des Landes sei nicht erst seit den aktuellen Presseberichten ein Thema in der Öffentlichkeit. Die Probleme seien eine direkte Folge der Sparpolitik der letzten Landesregierungen, meint die Fraktion DIE LINKE. Sie brachte einen Antrag ein, durch den die Landesregierung aufgefordert werden sollte, die notwendigen Struktur- und Finanzierungsentscheidungen zur Sicherung der Universitätskliniken zu treffen.
Parallel dazu beriet der Landtag auch über einen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Durch diesen sollte die Landesregierung gebeten werden, in der Aufstellung des Doppelhaushalts 2020/2021 die Finanzierung der Universitätskliniken in Magdeburg und Halle mit zusätzlichen Mitteln sicherzustellen.
Investitionsstau von 800 Millionen Euro
Andreas Höppner (DIE LINKE) erläuterte, es gebe viele Defizite und Unklarheiten in Bezug auf die Universitätsklinik Magdeburg, allen voran 800 Millionen Euro an Investitionsstau. Schuld an der Misere seien ganz eindeutig die jetzige und die vergangenen Landesregierungen von CDU und SPD. Hinweise, dass die geplanten Investitionszuschüsse nicht ausreichend seien, hätte es in der Vergangenheit genug gegeben.
Ein Gutachten von „Ernst & Young“ hätte kürzlich zudem höchste Patienten- und Mitarbeitergefährdung durch Hygiene-, Bau- und Brandschutzmängel festgestellt. Höppner kritisierte die Informationspolitik der Landesregierung in dieser Krise und ihre weiterhin „defensive Haltung“. Sie sollte jetzt transparent und schnell handeln und alle möglichen Optionen prüfen.
Investitionskonzept muss schnell erarbeitet werden
Andere Bundesländer würden Milliarden in ihre Universitätskliniken investieren, da sie um die Bedeutung und Strahlkraft wüssten, erklärte Florian Philipp (CDU). Denn es ginge nicht nur um medizinische Versorgung sondern auch um Forschung und Lehre, diese wichtigen Aufgaben benötigten entsprechende finanzielle Ressourcen.
Die Mitarbeiter in Magdeburg würden unter schwierigsten Bedingungen trotzdem noch Höchstleistungen erbringen, so Philipp weiter. Ihm sei unverständlich, wie man den „desaströsen Zustand“ nicht längst hätte erkennen müssen. Stattdessen hätte der Aufsichtsrat versucht, die Zustände kleinzureden. Jetzt müsse es darum gehen, ein Investitionskonzept zu erarbeiten und dieses schnellstmöglich umzusetzen.
„Eine Gefahr der Patienten bestand zu keiner Zeit!“
Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD), Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, konstatierte: „Dieses Klinikum ist ein Leuchtturm der Wissenschaft.“ Mehr als zehn Jahre habe man im Land allerdings einen harten Sparkurs verfolgt, der auch die Universitätskliniken betroffen habe. Als Vorsitzender der Rektorenkonferenz habe er damals selbst vor der Entwicklung der Sparpolitik gewarnt. Jetzt als Minister sei es natürlich sein Ziel, wieder stärker in die Universitätskliniken zu investieren und die Folgen des Sparkurses abzumildern. Was jedoch über zehn Jahre eingespart wurde, lasse sich nicht sofort wieder reparieren.
Willingmann begrüßte die Klarstellung des ärztlichen Direktors: „Eine Gefahr der Patienten bestand zu keiner Zeit!“ Er betonte, der Aufsichtsrat sei seiner Aufgabe voll umfassend nachgekommen, eine Kritik an der Arbeit des Gremiums wies er ausdrücklich zurück. Auch den im vergangenen Jahr eingegangenen Brandbrief habe er nicht unbeachtet gelassen und ein Gespräch mit den Unterzeichnern des Klinikums geführt.
Der neue „Masterplan Bau“ müsse nun auch mit einer medizinischen Strategie unterfüttert werden. Diese werde nun vom neuen ärztlichen Direktor vorangebracht. Der von ihm angesprochene Investitionsbedarf von 800 Millionen Euro könne natürlich nicht allein aus Haushaltsmitteln aufgebracht werden, sondern es brauche einen Finanzierungsmix, so Willingmann.
Kein „Sparen um jeden Preis“
Dr. Katja Pähle (SPD) verwies darauf, dass der ärztliche Direktor mitgeteilt habe, dass alle Mängel unter Kontrolle seien und für die Patienten zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden hätte. Gleichzeitig gebe es ohne Zweifel einen Investitionsstau, dessen Ursache jedoch schon länger zurückliege. Seit 2016 habe die Kenia-Koalition jedoch deutlich gemacht, dass „Sparen um jeden Preis“ nicht die Devise der Koalition sein könne.
Seit 2017 stiegen die Investitionsvolumen der Universitätskliniken daher wieder. Zudem liefen Baumaßnahmen an, die allein am Klinikum Magdeburg ein Investitionsvolumen von 144 Millionen Euro umfassen. Darüber hinaus gebe es einen Plan, der bis 2021 mehr als 157 Millionen Euro zusätzliche Mittel vorsehe, erklärte Pähle. Notwendig sei auch ein größeres Engagement des Bundes.
AfD: Ursache liegt auch in Massenzuwanderung
Die Patienten gefährdende Unterfinanzierung sei auch das Ergebnis der Massenzuwanderung, zeigte sich Alexander Raue (AfD) überzeugt. Er fragte die anwesenden zuständigen Minister, ob sie die Sicherheit der Patienten unter diesen Umständen garantieren könnten und beschrieb noch einmal ausführlich die Mängelliste aus dem Gutachten von Ernst & Young.
Durch das sorglose Handeln von CDU und SPD in den vergangenen Jahren fehle es an entsprechenden notwendigen Investitionen. Stattdessen würden sie lieber Millionen von Euro für die Migrationspolitik zur Verfügung stellen. Der AfD-Abgeordnete warf der Regierung vor, mit dem Leben der Bürger zu spielen.
Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen nicht
Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betonte, wenn man sich politisch zu beiden Unikliniken in Sachsen-Anhalt bekenne, dann müsste dies natürlich auch finanziell abgesichert werden. Überrascht zeigte er sich über den öffentlich ausgetragenen Koalitionsstreit, denn der Investitionsstau entstehe natürlich nicht über Nacht.
Mit Blick auf die CDU-Fraktion kritisierte Meister, dass die schlichte Forderung nach mehr Geld zu wenig sei, sondern man müsse auch sagen, wo das Geld herkommen solle. Bei möglichen finanziellen Umschichtungen hätte die Kenia-Koalition im letzten Haushalt die Größe haben müssen, die Eckwerte neu auszurichten, dazu habe jedoch in der Vergangenheit keinerlei Bereitschaft bestanden.
Prioritäten ändern bedeutet, woanders zu sparen
Uwe Harms (CDU) hätte sich gewünscht, dass der Wirtschafts- und Wissenschaftsminister schon früher so ausführlich zu der Situation Stellung genommen hätte. Der CDU-Abgeordnete meinte, dass der vom Minister zitierte „Bernburger Friede“ eigentlich zu Lasten der Universitätskliniken gegangen sei. Außerdem hätte er bereits vor zwei Wochen Minister Willingmann gebeten, dem Landtagsausschuss die Protokolle aus den Aufsichtsratssitzungen zur Verfügung zu stellen.
Erst danach könne der Antrag der Koalition mit konkreten Zahlen unterfüttert werden. Debatten wie diese sollten nicht nur auf Basis von Informationen aus dritter Hand geführt würden, kritisierte Harms. Darüber hinaus müsste allen klar sein, dass wenn im nächsten Haushalt Prioritäten erhöht werden, das Geld an anderer Stelle fehlen würde.
Am Ende der Debatte erklärte Andreas Höppner (DIE LINKE): „Was für eine Farce!“ Mit dieser Debatte hätte man nicht dazu beigetragen, Vertrauen beim Bürger, den Beschäftigten und den Patienten der Unikliniken herzustellen. Stattdessen würde mit der Debatte das Vorurteil befördert „die Politiker streiten sich nur und bekommen nichts hin“. Das sei unwürdig für dieses Parlament, für die Landesregierung und Sachsen-Anhalt.
Ministerpräsident wirbt um Lösungsorientierung
Danach ergriff auch noch Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) das Wort. „Wir haben jetzt eine sehr hitzige Debatte gehabt.“ Bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung sollte man die Emotionalität zukünftig etwas hintanstellen und ergebnisorientiert Schritt für Schritt an Lösungen arbeiten, um den Unikliniken und ihren Mitarbeitern eine gute Zukunft zu eröffnen.
Der Ministerpräsident erinnerte daran, dass die Prämisse in den letzten 30 Jahren immer gewesen sei, dass man beide Universitätskliniken halten wolle. Dafür müssten eben besondere Wege gegangen werden. Natürlich gebe es da noch Luft nach oben, aber es wurde auch schon einiges geschafft. Der Bund müsse handeln, denn nicht nur die Uniklinik Magdeburg hätte Finanzierungsprobleme. Zudem werde man sich mit dem neuen Hochschulgesetz neue Finanzierungsspielräume erarbeiten.
Am Ende der mehr als dreistündigen Debatte wurde der Antrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt und dem Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugestimmt.