Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen, am 25. November, haben der Landesfrauenrat und der Landtag von Sachsen-Anhalt traditionell gemeinsam zu einer Gedenkstunde in den Landtag eingeladen. Seit 1981 organisieren Menschrechtsorganisationen weltweit den Gedenktag, an dem die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Frauen und Mädchen thematisiert wird. Im Mittelpunkt der Aktionen 2019 stand in Sachsen-Anhalt das Thema „Schutz und Hilfe für Kinder – als Mitbetroffene von Gewalt“.
Präsidentin mahnt: Nicht wegschauen!
Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch betonte im Vorfeld der Gedenkstunde: „Die Selbstverständlichkeit eines selbstbestimmten Lebens von Frauen und ihren Kindern ohne Angst vor Übergriffen ist unanfechtbar. Es ist unser aller Ansporn, die in unserem europäischen Kulturkreis errungene Selbstbestimmtheit der Frau zu schützen und zu verteidigen. Sie gehört zu den Fundamenten unserer Gesellschaft.“
Jedes Jahr aufs Neue übernehme sie gerne die Schirmherrschaft für die Gedenkstunde und mahnte, dass es wichtig sei, nicht nur nicht wegzuschauen, wenn wir mit häuslicher Gewalt konfrontiert würden, sondern auch etwas zu unternehmen. Außerdem lobte sie die unermüdliche und sehr gute Arbeit des Landesfrauenrats in Sachsen-Anhalt (LFR).
Mehr als 700 Kinder mitbetroffen von Gewalt
Die Vorsitzende des LFR, Eva von Angern, die auch Landtagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE ist, erläuterte, dass sich der LFR bereits seit 2014 intensiv mit dem Thema „Schutz und Hilfe für Kinder – als Mitbetroffene von Gewalt“ beschäftige. Allein in Sachsen-Anhalt hätten in diesem Jahr mehr als 700 Kinder ihre von Gewalt betroffenen Mütter zu Beratungsstellen begleitet. Dies belege welchen Bedarf es in diesem Bereich gebe. Momentan fehle es im Land vor allem an Stellen für weiteres Fachpersonal, das Kinder im Notfall unterstützen und therapeutisch betreuen könnte.
Kinder oft traumatisiert
Wie wichtig eine solche therapeutische Begleitung von Kindern ist, beschrieb Lisa Baumann, von der Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt und Stalking in Leipzig. In solchen Familien sei es äußerst schwierig, die kindlichen Bedürfnisse wahrzunehmen, häufig gerieten betroffene Kinder auch in einen Zwiespalt zwischen Vater und Mutter, aber auch Familien- und Außenleben. Von den Kindern werde verlangt, über das Erlebte zu schweigen, ihren Eltern gegenüber loyal zu sein, gleichzeitig spielten andauernde Angst und Scham eine große Rolle.
Bei vielen Kindern konnte Baumann zudem „Parentifizierungstendenzen“ beobachten, das bedeutet, sie unterstützten eines ihrer Elternteile oder sorgten sich um jüngere Geschwister, stärker als es ihrem Alter angemessen wäre. „Gewalt gegen die Mutter ist nachweislich traumatisch für jedes Kind“, so Baumann abschließend.