Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte für die September-Sitzungsperiode eine Aktuelle Debatte, in der es um die Sicherung Sachsen-Anhalts als Wirtschaftsstandort der erneuerbaren Energien ging. In Sachsen-Anhalt wurden im ersten Halbjahr 2019 lediglich acht neue Windkraftanlagen errichtet. In ganz Deutschland wurden nur 81 Anlagen gebaut. Dies sei ein Minus von fast 90 Prozent gegenüber dem Halbjahresdurchschnitt vergangener Jahre, so die Grünen. Hersteller von Windenergieanlagen litten massiv darunter. Die Wirtschaftspolitik im Land müsse ihr Engagement für diese Branche intensivieren und beschleunigen.
„Klimaschutz geht nicht ohne Windenergie“
Bei den erneuerbaren Energien habe Sachsen-Anhalt eine erfreuliche Spitzenstellung in Deutschland inne, freute sich Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es zeige sich, dass die Windkraft das Rückgrat der zukünftigen Energieversorgung sei. Die anstehenden Umwälzungen auf dem Energiesektor seien eine Herausforderung, aber auch eine Chance, die es zu nutzen gelte. Von der derzeitigen Flaute beim Bau von Windkraftanlagen seien auch die Firmen in Sachsen-Anhalt negativ betroffen. Ein Markteinbruch um 90 Prozent werde vermutet, „das ist politisch verursacht“, kritisierte Meister. „Die Windkraft ist im vitalen Interesse des Landes. Der Klima- und Umweltschutz wird ohne Windenergie nicht funktionieren.“ Um die Akzeptanz neuer Anlagen zu erhöhen, sollte es eine Servicestelle des Landes geben, die Kommunen und Unternehmen bei der Errichtung und Nutzung unterstützt, so der Grünen-Abgeordnete.
Millioneninvestitionen auf dem Energiesektor
Die erneuerbaren Energien stellten sich als Querschnittsthema dar, dass Energiepolitik, Wirtschaft und Landesentwicklung aneinanderkopple, erklärte Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD). Für Deutschland sei geplant, den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent zu steigern. Die Branche spiele vor dem Hintergrund des Strukturwandels (durch den Ausstieg aus der Kohleindustrie) eine wichtige Rolle. Ein Batteriehersteller beispielsweise investiere in Bitterfeld-Wolfen mehr als 600 Millionen Euro und schaffe dabei 600 neue Arbeitsplätze.
Ein entscheidender Aspekt bei der Energiewende sei auch die Windkraft, räumte Willingmann ein. Sachsen-Anhalt habe 2 900 Windenergieanlagen und sei damit Vorreiter bei der Windenergie und im Länderranking auf Platz 5. Dass es auch in Sachsen-Anhalt zu einem Einknick bei der Produktivität gekommen sei, liege einerseits am Platzmangel, andererseits auch nicht selten am Artenschutz, der mit dem Ausbau der Windenergie in praktische Konkordanz gebracht werden müsse.
Erneuerbare Energien sind gescheitert
Ein Prozent der Landesfläche sei bereits mit Windkraftanlagen versiegelt, kritisierte Hannes Loth (AfD). Die Windenergie sei für Sachsen-Anhalt kein zukunftsfähiger Wirtschaftszweig. Das Land müsse für die Kosten der Stromerzeugung aufkommen, doch allein die „Windbarone in Bayern kommen vor Lachen nicht in den Schlaf“. Gleiches gelte für Biogasanlagen, die ohne Subventionen nicht liefen und sich lediglich als Geldquelle für Landwirte erwiesen hätten, betonte Loth. Wasserkraftanlagen seien ebenfalls „versenkte Millionen“. Die Solarenergie sei bereits in chinesischer Hand „und die deutsche Entwicklungshilfe zahlt weiterhin Geld – nach China“. Loth drängte darauf, auf seiner Ansicht nach „verlässliche Energieträger“ zu setzen und erklärte die grüne Energiepolitik als gescheitert.
Energiewende ist kein Exportschlager
„Seit Jahren ist bekannt, dass Einspeisevergütungen zurückgeführt und der Zubau von Windkraftanlagen begrenzt wird“, erklärte Ulrich Thomas (CDU). Die Ursachen dafür seien vielfältig. Zum einen seien die Stromnetze in Deutschland nicht so aufgelegt, volatilen Strom zu speichern. Darüber hinaus sei die Akzeptanz für Windenergie drastisch gesunken. Während die örtlichen Anwohner nicht gefragt worden seien, seien die Investoren aus den anderen Bundesländern nach Sachsen-Anhalt gekommen, die selbst kaum Anlagen aufgebaut hätten, monierte Thomas.
„Eigentlich hätten die regenerativen Energien zur Senkung der Strompreise führen sollen, stattdessen sind die Strompreise aber kontinuierlich gestiegen“, so der CDU-Politiker. Die deutsche Energiewende habe sich nicht als Exportschlager erwiesen. Die energetische Grundlast werde durch den Ausstieg aus der Atomenergie und dem Kohleausstieg weiter geschwächt, dabei sei es bis heute nicht gelungen, Lösungen für eine halbwegs effektive Energiespeicherung zu finden. Thomas könne die Abkehr vom Verbrennungsmotor nicht verstehen, hingen doch 650 000 Jobs daran.
Relativ schneller Trendwechsel notwendig
Es sei äußerst beschämend, dass einfach ignoriert werde, dass bereits mehrere Tausend Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt im Bereich der erneuerbaren Energien verloren gegangen seien, sagte Andreas Höppner (DIE LINKE). Wie das Ziel von 65 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien unter den gegebenen Verhältnissen erreicht werden solle, sei ihm schleierhaft. „Wir brauchen einen relativ schnellen Trendwechsel, die Weichen für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung müssen jetzt gestellt werden.“ Nur so könnten Umwelt- und Klimaschäden der Zukunft vermieden werden. Nicht jeder geplante Windpark sei sinnvoll, aber grundsätzlich hinke Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien mittlerweile hinterher. Der Klimanotstand betreffe das Land direkt vor Ort, aber es bleibe wenig Zeit zum Handeln.
„Geheuchelte Fürsorge für die Wirtschaft“
Die Begründung zur Aktuellen Debatte enttarne die Grünen auf wunderbare Weise, befand der fraktionslose Abgeordnete André Poggenburg: Bei der „geheuchelten Fürsorge für die Wirtschaft“ zeige sich, dass es für sie offenbar Firmen und Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse gebe: Hilfe für die Unternehmen der erneuerbaren Energien, Gleichgültigkeit im Kohlebereich. Diese politische Haltung sei in Gänze abzulehnen.
Interessen gegeneinander abwägen
„Die Wirtschaft lebt mit und von Veränderungen – auch durch politische Vorgaben“, erklärte Silke Schindler (SPD). Denn: „Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Die erneuerbaren Energien seien Motoren der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt gewesen und seien es bis heute, so Schindler. Seit den 1990er Jahren sei der Ausbau der Windenergieanlagen gut vorangekommen, nun sei er aber ins Stocken geraten. Der öffentliche Aufschrei, dass die Branche unterstützt werden müsse, sei bisher leider ausgeblieben.
Die Anlage von Windkraftanlagen berge natürlich auch Konflikte und sei akzeptanzabhängig, bekannte Schindler. Die Interessen von Menschen und Tieren und die der Wirtschaft müssten vernünftig gegeneinander abgewogen werden. „Aber auch dafür gibt es Lösungsvorschläge, um beide Bereiche in Einklang zu bringen.“ Die Chancen der neuen Entwicklungen müssten ergriffen und gestaltet werden.
Am Ende der Aktuellen Debatte werden und wurden keine Beschlüsse gefasst.