Die AfD-Fraktion setzt sich mit einem Antrag dafür ein, Abschiebungen konsequent durchzuführen und Syrien, Georgien und die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer festzulegen. Mit Ausnahme von Syrien spricht sich auch ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für dieses Vorgehen aus.
Druck auf die Herkunftsländer erhöhen
Es sei eine gewisse Hilflosigkeit des deutschen Rechtsstaats beim Umgang mit Gefährdern und Attentätern (einer in Berlin, einer in Paris) zu beobachten, erklärte Oliver Kirchner (AfD). Aufgrund der „toleranzbetäubten Linken und Grünen“ gebe es in Deutschland Probleme bei der Rückführung von abgelehnten Asylantragstellern, da einige Länder nicht als sichere Herkunftsstaaten benannt würden, so Kirchner.
Die Anerkennung als sichere Herkunftsländer würde ein Signal an eben diese Fluchtländer senden, dass sich das Asylersuchen in Deutschland nicht lohne. Außerdem sei eine merkliche Senkung der Kriminalität in Deutschland zu erwarten, mutmaßte Kirchner. Der Druck auf die Herkunftsländer (zum Beispiel Kürzung der Fördermittel) müsse erhöht werden, damit sie ihre Landsleute zurücknähmen.
Rückführung im Rahmen des Rechtsstaats
„Der Antrag der AfD-Fraktion bringt keine neuen Gesichtspunkte ein, dass der Landtag das Gewünschte beschließen müsste“, erklärte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Dass hinsichtlich der Rückführung von Asylsuchenden auf nicht mitarbeitende Herkunftsstaaten eingewirkt werden soll, werde längst auf Bundesebene beraten. Die Rückführung von Menschen in ihre Herkunftsländer könne und werde nur im Rahmen des funktionieren Rechtsstaats geleistet.
Die Ausreise in die Maghreb-Staaten und nach Georgien werde von Stahlknecht unterstützt, die Regelung hätte aber nur marginale Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt (etwa 90 Betroffene). Eine Rückführung nach Syrien lehne er definitiv ab, da für die Sicherheit der Menschen vor Ort wegen verschiedener Gründe nicht gewährleistet werden könne.
AfD wirft mal wieder alles durcheinander
„Sie werfen mal wieder alles durcheinander, Hauptsache es hat etwas mit Ausländern und Asylsuchenden zu tun“, mokierte sich Rüdiger Erben (SPD) in Richtung AfD. „Syrien als sicheres Herkunftsland zu benennen – das kann doch nur ein schlechter Witz sein! Welche deutsche Behörde würde dies denn festlegen?! Syrien ist ein Kriegsland!“ Die AfD habe offenbar keine Ahnung davon, was es bedeute, ein Land als sicheres Herkunftsland einzustufen.
Seit sieben Jahren Krieg in Syrien
Es sei fachlich absurd, politisch schlichtweg zynisch und auch nicht überraschend, dass sich die AfD diesen Antrag erdacht habe, merkte Henriette Quade (DIE LINKE) an. In Syrien herrsche seit sieben Jahren ein furchtbarer und zerstörerischer Krieg mit externen Kriegsteilnehmern und schier unübersichtlichen Konfliktlinien. Und deutsche Waffen seien auch allerorten dabei.
Derzeit sei die Rückkehr nach Syrien noch gefährlicher als die Flucht, denn wie auch in den Maghreb-Staaten würde in Syrien Flucht bestraft, erklärte Quade. Auch die politische Situation in Georgien sei fragil. Eine Umsetzung der Phantasien der AfD hinsichtlich der Rückführung über alle Hindernisse hinweg würde das Ende jeglicher Rechtsstaatlichkeit bedeuten.
Folter und Verfolgung von Rückgeführten
Der vorliegende Antrag zeige einmal mehr das unverantwortliche Handeln der AfD, konstatierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Wer würde nicht nach Hause reisen, wenn das Heimatland tatsächlich sicher wäre? Man müsse an der individuellen Einschätzung einer Ausreisepflicht oder Rückführung festhalten.
„Wirklich unfassbar ist, dass die AfD Syrien als sicheres Herkunftsland benennt – das ist menschenverachtend und zynisch, drohen doch Mord und Folter in dem noch im Krieg stehenden Land.“ Lüddemann machte noch einmal auf die drohende Folter in den Gefängnissen der Maghreb-Staaten, die Verfolgung von Homosexuellen und die staatliche Verfolgung von kritischen Journalisten in diesen Ländern aufmerksam.
Nur ernsthaft Gefährdete aufnehmen
Der Antrag der AfD orientiere sich an einem Gesetzentwurf der Bundesregierung, der den Bundesrat noch passieren müsse, erklärte Chris Schulenburg (CDU). Hier heißt es in einer Erklärung: „Danach soll künftig gesetzlich vermutet werden, dass ein Asylantragsteller aus einem dieser Staaten nicht verfolgt wird.“ Es sollen nur diejenigen Asylsuchenden aufgenommen werden, die ernsthaft in Gefahr seien, so Schulenburg, die politischen und gesellschaftlichen Standards können und müssen in diesen „sicheren Herkunftsländern“ freilich nicht so wie in Deutschland sein.
Signal „Bleibt zuhause“ senden
Von ihrem Antrag verspreche sich die AfD, Asylverfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen, erklärte Robert Farle (AfD). Es solle das Signal „Bleibt zuhause und kümmert euch, dass es in der Heimat endlich vorwärts geht“ gesendet werden. Eigentlich sei Syrien nämlich ein rohstoffreiches Land. Auch die Kriminalität könnte sinken, mutmaßte Farle, da nicht mehr „sämtliches Gelichter“ nach Deutschland käme. Mittlerweile machten anerkannte Flüchtlinge Urlaub bei Bekannten und Verwandten in Syrien – „dann können sie dort auch die Familienzusammenführung betreiben“, so Farle.
Hintergrund: Anträge und Abschiebungen
Im bisherigen Jahr (Januar bis Juli) wurden laut Informationen aus dem Bundesinnenministerium in Deutschland 110 324 förmliche Asylanträge gestellt. Dabei handelte es sich um 96 644 Erst- und 13 680 Folgeanträge. Insgesamt sind dies 19 579 Anträge weniger (-15,1 Prozent) als im Vorjahreszeitraum. Die meisten Asylsuchenden kamen im ersten Halbjahr 2018 aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Nigeria und dem Iran.
21 504 Personen (15,5 Prozent) wurde die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt. 15 542 Personen (11,2 Prozent) erhielten nach dem Asylgesetz subsidiären Schutz. Darüber hinaus hat das Bundesamt bei 6 639 Personen (4,8 Prozent) Abschiebungsverbote nach § 60 des Aufenthaltsgesetzes festgestellt.
Abgelehnt wurden die Asylanträge von 49 558 Personen (35,8 Prozent). Anderweitig erledigt (zum Beispiel durch Entscheidungen im Dublin-Verfahren oder Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des Asylantrags) wurden die Anträge von 45 206 Personen (32,7 Prozent).