Unter dem Titel „Die Schöpfung bewahren: ökologische Verantwortung zum Wohle der Menschen in unserem Land“ hielt die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Prof. Dr. Claudia Dalbert, am Donnerstag, 24. August 2017, eine Regierungserklärung. Im Anschluss hatten die Vertreter der fünf Fraktionen im Landtag die Möglichkeit, zum Gesagten Stellung zu beziehen und eigene Impulse in die Debatte einzubringen.
Dalbert: „Jeder kann zum Artenschutz beitragen“
Täglich würden nach Erkenntnissen von Experten 150 Tier- beziehungsweise Pflanzenarten aussterben, sagte Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es bestehe also eine besondere Verantwortung für vom Aussterben bedrohte Arten in Sachsen-Anhalt. Dies gehe nicht ohne persönliches Engagement vor Ort und die finanzielle Unterstützung durch das Land. „Wir Menschen leben von der Natur, und deswegen müssen wir sie auch erhalten – dies ist auch eine Frage der Generationengerechtigkeit“, erklärte die Ministerin. Die Klimakrise und das Artensterben seien in diesem Bereich die beiden großen Herausforderungen dieser Zeit, sie seien aber auch gesamtgesellschaftliche Aufgabenfelder.
Erste Erfolge zeichneten sich in Sachsen-Anhalt ab, diverse Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung sowie zum Naturschutz und der Landschaftspflege griffen: In Elbe und Saale könne wieder gebadet werden, diverse Tierarten wären wiederangesiedelt, für Naturräume (Großschutzgebiete, Naturparks, Streuobstwiesen) seien Schutzmechanismen aufgebaut worden. Deren Finanzierung müsse sichergestellt werden. „Die Elbe ist ein Schatz, den es zu hegen und zu pflegen gilt“, lobte Dalbert. Auch die Grünfläche an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die sich mittlerweile als „grünes Band“ von Nord nach Süd zieht, soll ausgebaut werden.
Dalbert wandte sich in ihrer Rede auch dem Thema „Wolf“ zu. Für den Umgang mit den Tieren sei die „Leitlinie Wolf“ erstellt werden. Die Bundesregierung sei aufgefordert, gemeinsam mit Polen an der Überwachung der Tiere zu sorgen. Neben dem Wolf ist in den letzten Jahren auch der Biber zurückgekehrt. Probleme verursache dieser lediglich an kleineren Fließgewässern. Eine Biberreferenzstelle helfe bei der Lösung der Probleme.
„Wir verbessern den Hochwasserschutz systematisch und lassen die aktuellen Erkenntnisse in die Maßnahmen einfließen“, versicherte Ministerin Dalbert. Die bestehenden Deiche würden saniert beziehungsweise verlegt und mehr Retentionsflächen geschaffen. Alle Beteiligten würden umfangreich über die Arbeiten informiert. „Lassen Sie uns gemeinsam die Natur bewahren und die Arten schützen; jeder kann mit seinem eigenen Blumenkasten auf der Fensterbank damit anfangen“, sagte Claudia Dalbert abschließend.
„Grünen keine echte Umweltpartei mehr“
Der AfD lägen Natur-, Tier- und Umweltschutz am Herzen, betonte deren Fraktionsvorsitzender André Poggenburg (AfD). Die ehemalige grüne Öko-Partei habe sich allerdings dem „linksradikalen Anti-Deutschlandtrend“ angeschlossen. Die Wahrnehmung als echte Umweltpartei würden die Grünen so nicht mehr erzielen können, so Poggenburg. Auch die CDU sollte sich aufgrund der Koalitionsarbeit „in Grund und Boden schämen“.
Poggenburg kritisierte, dass Anträge seiner Fraktion zum Schutz der Umwelt (zum Beispiel zur Rosstrappe, zum Marder oder zum Storch) nicht die erforderliche Berücksichtigung fänden. „Es werden doch nicht etwa die finanziellen Mittel fehlen?“ Ursache könnten die nach Poggenburg vielen sinn- und zwecklosen Programme der Landesregierung (Gender, Integration) sein. Beim Thema Hochwasser sei die Bearbeitungsbürokratie zu hoch, beispielsweise beim Nachweis einer angestrebten, aber abgelehnten Versicherung, um dann nach einem Katastrophenfall Hilfen durch das Land zu erhalten. Poggenburg empfahl der Ministerin, nicht von Generationengerechtigkeit zu sprechen, sofern ihre Partei selbst dazu beitrage, ein „soziales und gesellschaftliches Trümmerfeld zu hinterlassen“.
Wirtschaftliches und ökologisches Maßhalten
Die Bewahrung der Schöpfung sei ein christlich-fundiertes Motto, es stehe im Mittelpunkt des politischen Handelns, erklärte Detlef Radke (CDU). Ohne nachhaltiges Handeln könne Wohlstand für alle nicht erlangt werden. Der Nachhaltigkeitsgedanke fordere ein wirtschaftliches, soziales und ökologisches Maßhalten, darüber hinaus die enge Zusammenarbeit mit den Land- und Forstwirten. Ausreichendes Personal müsse vorgehalten werden.
Die Luft-, Boden- und Wasserqualität hätten sich in Sachsen-Anhalt in den zurückliegenden Jahren deutlich verbessert. Radke warb zudem für einen allgemeinen Diskurs über die Tierhaltung – auch mit der Bevölkerung: „Wir möchte die Tierschutzkontrollen weiterentwickeln.“
Die strengen Schutzbestimmungen für den Wolf seien aufgestellt worden, als es keinen einzigen Wolf in Deutschland gegeben habe. Während in den baltischen Staaten jährlich schon mehrere Hundert Tiere dem Bestand entnommen werden müssten, werde hier über jedes einzelne „Tier zu viel“ diskutiert.
Landwirtschaft mit besonderer Pflicht
„Es ist eine moralische Pflicht und Verantwortung, die Natur zu schützen“, betonte Hendrik Lange (DIE LINKE). Wirklich ambitionierte Umweltpolitik werde die grüne Ministerin in einer CDU-geführten Landesregierung aber wohl nicht machen können. In der Regierungserklärung seien einige aktuelle Programme und Aktivitäten aufgeführt worden, aber auf deren Fortführung sei die Ministerin nicht eingegangen. Der Personalabbau im Landesdienst habe jedoch zu einer erheblichen Ausdünnung der Fachkräfte geführt, kritisierte Lange.
Der Landwirtschaft komme eine besondere Pflicht zum Artenschutz zu. Blühstreifen, Lerchenfenster, Brachflächen mit Nisthilfen, Absprachen mit Imkern – auch kleine (geförderte) Maßnahmen könnten viel bewirken. Bestimmte Öko-Maßnahmen sollten allerdings auch zur Voraussetzung für Fördermaßnahmen gemacht werden, so der Linken-Politiker. Lange lobte die geplante Überarbeitung der Biodiversitätsstrategie.
Die Preise für Lebensmittel müssten sowohl erschwinglich gehalten werden, aber auch den Wert der Lebensmittel widerspiegeln. Es dürften nicht länger in Größenordnung subventionierte Lebensmittel ins Ausland exportiert werden, die die dortigen Märkte störten. „Eine lebenswerte Welt zu bewahren, heißt für uns, eine Umwelt zu erhalten, die eine hohe Lebensqualität biete“, so Hendrik Lange.
Schöpfung bedeute auch kulturelle Vielfalt
Die ökologische Verantwortung sei ein wesentlicher Punkt, die Schöpfung zu bewahren. Schöpfung sei aber auch die kulturelle Vielfalt der Menschen, so Jürgen Barth (SPD). „Ausgrenzung und Anfeindungen sind der falsche Weg“, Akzeptanz müsse durch Bildung und Wissen geschaffen werden. Die SPD spreche sich für einen gerechten Interessenausgleich aus.
Zum Thema Wolf sagte Barth: In Polen gehe man entspannter mit dem Wolf um, Angriffe auf Menschen habe es nicht gegeben. Höhere Entschädigungszahlungen würden beim östlichen Nachbar für den Biber geleistet. Deutschland sei naturschutzrechtlich traditionell gut aufgestellt und Vorbild für viele andere Staaten. Die Überarbeitung der Natura-2000-Richtlinie sei zu begrüßen. Die Umsetzung der Landeslinie Wald werde gut umgesetzt, auch wenn die Personaldecke mitunter zu dünn sei.
Der Landwirtschaft komme eine besondere Verantwortung bei der Ernährung der Menschen auch über die Grenzen Deutschlands hinaus zu. Der Hochwasserschutz des Landes müsse wie geplant vorangebracht werden, sagte Barth: „Lassen Sie uns unserer ökologischen Verantwortung zur Wahrung der Schöpfung gerecht werden.“
Grüne Handschrift in der Umweltpolitik
„Die grüne Fraktion steht hinter den Taten der Ministerin, sie zeigen eine deutliche grüne Handschrift“, sagte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die „Bewahrung der Schöpfung“ bedeute, das Gleichgewicht im Ökosystem selbst zu sichern, aber auch zwischen der Wirtschaft auf der einen und der Umwelt auf der anderen Seite. Beide müssten zusammen gedacht werden. Beide Interessenlagen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden: „Wir brauchen einen sanften Übergang in die ‚Green Economy‘“, legte Aldag dar.
„Die Schöpfung bewahren: ökologische Verantwortung zum Wohle der Menschen in unserem Land“ – auch an diesen Worten werde man die Arbeit der Landesregierung am Ende der Legislaturperiode messen; jeder könne allerdings seinen Beitrag dazu leisten.
Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung nicht gefasst.