Etwa 35 000 bis 40 000 Kriegsgefangene aus mehr als zehn Nationen waren zwischen 1939 und 1945 durchschnittlich im Kriegsgefangenenlager Altengrabow im Jerichower Land inhaftiert. Das sogenannte „Mannschaftsstammlager (Stalag) XI A“ war damit eines der größten Mitteldeutschlands. Landtagsvizepräsident Wulf Gallert eröffnete am 8. Mai 2018 – 73 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs – eine Ausstellung zum Thema.
Mit dem Erbe der Vergangenheit umgehen
Gallert dankte insbesondere den Ehrenamtlichen aus dem Förderverein „Mahnmal Kriegsgefangenenlager STALAG XI Altengrabow e.V.“ für ihr großes Engagement um die Aufarbeitung des Geschehenen. Zwar hätten nachfolgende Generationen keine Schuld an den Verbrechen, die während des Zweiten Weltkrieges verübt worden seien, es sei jedoch ihre Verantwortung, mit diesem Erbe umzugehen, mahnte Vizepräsident Gallert.
Der Förderverein wurde 2006 gegründet und hatte es sich zunächst zur Aufgabe gemacht, eine würdige Gedenkstätte zu errichten, erläuterte Vereinsvorsitzender Dirk Grill. Außerdem sollte die Forschung über das Kriegsgefangenenlager angeregt und die breite Öffentlichkeit informiert werden. Mit der nun vorliegenden Wanderausstellung sei man dabei auf einem guten Weg. Grill freute sich über die Möglichkeit, die Ausstellung zum Auftakt im Magdeburger Landtag präsentieren zu dürfen.
Dissertation bildet Grundlage der Ausstellung
Die Ausstellung basiert im Wesentlichen auf aktuellen Forschungsergebnissen zum Stalag XI A in Altengrabow, die Dr. Paul Kannmann 2015 in seiner Dissertation an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg veröffentlicht hat. Neben neuen Erkenntnissen zum Lager (Versorgung, Betreuung), wertete er verschiedene Aspekte der regionalen Kriegsgefangenenpolitik aus. Außerdem beschäftigte sich Kannmann mit der Frage, wie die Kriegsgefangenschaft von den einzelnen Nationalitäten wahrgenommen wurde. So wurden sowjetische Kriegsgefangene beispielsweise sehr viel schlechter behandelt, mindestens 3 229 verloren im Stalag XI A ihr Leben.
„Mantel des Schweigens“ wegziehen
Landtagsvizepräsident Gallert ergänzte, die Geschichte des Stalag XI A Altengrabow zeige auch, dass alle Zivilisten in der Umgebung des Lagers – trotz oftmals anderer Aussagen – von den dort stattfindenden Misshandlungen und der Ausbeutung gewusst haben mussten. Denn nach jetzigem Forschungsstand habe es 1600 Außenkommandos (Arbeitsorte) für die Häftlinge gegeben. Um den „Mantel des Schweigens“ wegzuziehen, sei die Erinnerungsarbeit so wichtig, betonte Gallert, gerade in Zeiten, in denen die Geschehnisse zwischen 1939 und 1945 vielfach umgedeutet würden.
Ausstellung soll an Schulen des Landes
Die Wanderausstellung „Das Stalag XI A Altengrabow“ wurde in enger Zusammenarbeit des Fördervereins „Mahnmal Kriegsgefangenenlager STALAG XI Altengrabow e.V.“ konzipiert. Unterstützung gab es dabei auch von der Landeszentrale für politische Bildung und der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt. Die Ausstellung ist bis 25. Mai 2018 im Landtag zu sehen. Der Eintritt ist kostenfrei.
Nach der Präsentation im Landtag soll die Ausstellung auf Wanderschaft durch die Schulen Sachsen-Anhalts gehen. Ziel ist es, die Geschichte des Kriegsgefangenlagers in den Geschichtsunterricht zu integrieren. Interessierte Schulen werden gebeten, sich beim Förderverein zu melden.