Auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll die Landesregierung zur Mitte der laufenden Legislatur eine Zwischenbilanz zur Umsetzung der Inklusion in Sachsen-Anhalt vorlegen. Dabei sollen insbesondere die im Behindertengleichstellungsgesetz § 1 Abs. 1-4 formulierten Ziele sowie die im Landesaktionsplan „einfach machen“ hinterlegten Vorhaben dargestellt werden.
Die Fraktion DIE LINKE hatte einen Änderungsantrag gestellt. Neben den Forderungen aus dem Koalitionsantrag sollte dieser die Landesregierung zusätzlich beauftragten, zeitnah mit der Umsetzung der Handlungsempfehlungen „Inklusives Sachsen-Anhalt“ aus der Studie „Evaluation von Inklusionsprojekten 29/15“ vom Zentrum für Sozialforschung Halle e. V. zu beginnen.
„Gesellschaft muss auf sich selbst einwirken“
Eine Gesellschaft in der Teilhabe von Menschen mit Behinderung nicht als besonders herausgestellt, sondern von Anfang an mitgedacht wird – das sei der klare Auftrag der UN-Behindertenrechtskonvention, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Allerdings habe man es nicht nur mit gutwilligen Menschen zu tun, sondern an manchen Stellen auch mit Widerständen gegen Veränderungen. Als Beispiel nannte Lüddemann die Etablierung eines inklusiven Schulsystems. Ein gesamtgesellschaftlicher Umbau habe immer mit dem Paradoxon zu kämpfen, dass die Gesellschaft auf sich selbst einwirken müsse.
Die Grünen-Politikerin räumte ein, dass schon einiges auf dem Gebiet der Inklusion erreicht worden sei. Die Erstellung der Zwischenbilanz sei ein Auftrag an die gesamte Landesregierung, da sich kein Ministerium der Inklusion ausnehmen könne. Inklusion sei eine Querschnittsaufgabe, sagte Lüddemann am Vortag des „Tages der Menschen mit Behinderungen“.
Alle müssen miteinander ins Gespräch kommen
Die Verwirklichung der inklusiven Gesellschaft sei ein Großvorhaben und die Landesregierung werde dazu ihren Beitrag leisten, versicherte Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration. Mit dem Landesaktionsplan „einfach machen“ habe das Land bereits 2013 die Umsetzung der Inklusion in Sachsen-Anhalt auf den Weg gebracht.
Laut Koalitionsvertrag werde die Landesregierung den Aktionsplan evaluieren und dem Landtag darüber Bericht erstatten. „Wir werden das Bundesteilhabegesetz nur so gut umsetzen, wie alle mitwirken werden.“ Dazu müssten alle Beteiligten immer wieder miteinander ins Gespräch kommen.
„Inklusion nicht möglich und nicht nötig“
„Selbstbestimmung und Würde sind die Grundpfeiler unserer Gesellschaft“, sagte Oliver Kirchner (AfD). Noch immer erschienen die Probleme von Menschen mit Behinderungen teilweise unüberwindbar, hier müsse Politik ansetzen. Natürlich sollten Menschen mit Behinderung am Bildungswesen teilhaben, dennoch sprach sich Kirchner gegen eine Inklusion im Bildungswesen aus. In Sachsen-Anhalt sei dies nicht möglich und auch nicht nötig. Es gebe gutausgebildete Sonderpädagogen an Förderschulen, die sich um Kinder mit Behinderungen kümmern würden.
„Lassen Sie uns einfach machen!“
Angela Gorr (CDU) stimmte ihren Vorrednerinnen Lüddemann und Grimm-Benne im Wesentlichen zu. Den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE hielt sie nicht für notwendig, da Punkt 2 des Antrags indirekt bereits im Antrag der Koalition enthalten sei, denn natürlich würden auch entsprechende Handlungsempfehlungen gegeben werden. Daher plädierte sie für ein „Lassen Sie uns einfach machen!“ und bat um Zustimmung für den Antrag der Koalition.
Die Akteure besser vernetzen
Die geforderte Zwischenbilanz habe bereits Vorgänger und es sei wichtig, auch auf diese zurückzugreifen, konstatierte Dagmar Zoschke (DIE LINKE). Es sollte Grundlage der weiteren Arbeit sein, bereits bekannte Defizite zu reflektieren. Sie nannte zum Beispiel die Öffentlichkeitsarbeit im Projekt „Tourismus für alle“ oder die „Einfache Sprache“. In der Studie sei festgestellt worden, dass die einzelnen guten Projekte nur Insellösungen seien. Es müsse gelingen, dass die Projekte so dargestellt werden, dass sie als nachahmenswert erkannt würden. Außerdem sei die Vernetzung der Akteure oft noch defizitär.
Den eingeschlagenen Weg fortsetzen
„Führt der Aktionsplan ‚einfach machen‘ dazu, dass wirklich einfach gemacht wird? Oder ist Inklusion nur ein Modewort?“, fragte Dr. Verena Späthe (SPD). Nur wenige Menschen seien von Geburt an von Behinderungen betroffen, die meisten erwürben ihre Behinderung erst im Laufe ihres Lebens. Noch immer sei Inklusion mühsam und wenig selbstverständlich, dabei gebe es noch viel zu tun. Leider würde man erst dann reagieren, wenn man selbst betroffen sei. Sie appellierte an alle Akteure und Wegbegleiter, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalitionsfraktion angenommen, der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE wurde abgelehnt.