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Plenarsitzung

Wahlfälschung Thema für große Untersuchung

Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE haben die öffentlich bekanntgewordenen Vorgänge hinsichtlich des Verdachts von Wahlfälschungen im Landkreis Stendal beziehungsweise in der Hansestadt Stendal eine konsequente und vollständige Aufklärung notwendig gemacht. Aus diesem Grund beantragte die Fraktion die Einsetzung eines 16. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Die Mehrheit des Landtags hat diesem Antrag – wenn auch in geänderter Form – entsprochen. Die Koalition hatte durch einen Änderungsantrag unter anderem den Untersuchungszeitraum stärker eingrenzen lassen.

Vertrauen der Wähler zurückgewinnen

Alle Landtagsabgeordneten seien in ihrem Amt durch freie, geheime und gleiche Wahlen legitimiert worden, erklärte Swen Knöchel (DIE LINKE). Freilich sei man bisweilen über ein Wahlergebnis unzufrieden, dennoch müsse man sich an die Regularien der Wahl halten, es gebe keine Alternative. Wahlen seien ein Abbild des Willens der Wählerinnen und Wähler; durch diesen Vorgang seien politische Ämter legitimiert.

Die freie Presse habe die ungeheuerlichen Vorgänge im Landkreis Stendal bei der Kommunalwahl aufgedeckt. Die Aufdeckung der Fälschung sei ein Zeichen für das Funktionieren der Demokratie, so Knöchel. Gleichwohl handele es sich um einen politischen Skandal, nicht um die Tat eines Einzelnen. Es gelte nun, das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler wiederherzustellen, indem die Umstände der Wahlfälschung aufgeklärt würden.

Die noch offenstehenden politischen Fragen müssten von den Kommunalpolitikern vor Ort und dem Landesparlament aufgeklärt werden, forderte Knöchel. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sei das beste Mittel, um ein mögliches System von Briefwahlfälschung aufzudecken.

Hintergründe der Wahlfälschung aufklären

Wahlfälschung sei für die Menschen im Osten bisher meist ein Synonym für die Kommunalwahl im Mai 1989 gewesen, sagte Rüdiger Erben (SPD). Gerade diese hätte gezeigt, dass die DDR-Staatsführung ein Wahlergebnis nach Wunsch geschaffen habe. Vor diesem Hintergrund sei der Wert von freien Wahlen zu betonen, so Erben.

Es sei wichtig und richtig, die Hintergründe der Wahlfälschung im Landkreis Stendal weiter aufzuklären und systemische Schwachstellen im Wahlrecht zu erkennen. Die Wahlart „Briefwahl“ habe sich zwar als anfällig gezeigt, trotzdem wolle die SPD an ihr festhalten, so Erben.

Noch viele Fragen ungeklärt

Bei einer Wahlfälschung handele es sich um eine bewusste Manipulation einer Wahl entgegen demokratischer Prinzipien, definierte Matthias Lieschke (AfD). Noch viele Fragen seien in der Causa Stendal ungeklärt: „Wer sind die noch unbekannten Hintermänner?“, denn er glaube nicht an einen Einzeltäter, so Lieschke. Und: „Warum wurden die Kreistagswahlen nicht wiederholt?“

Lieschke geht davon, dass einige beteiligte Politiker langsam ins Schwitzen kommen. Der AfD gehe es darum zu prüfen, wie es zu den einseitigen Fehlern habe kommen können und ob die Praxis der Prüfung eines Wahlergebnisses noch zeitgemäß sei, so Lieschke.

Demokratischen Normalzustand wiederherstellen

Die Demokratie habe durch das Treiben im Landkreis Stendal Schaden genommen, betonte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es greife zu kurz, die Wahlfälschung zur Tat eines Einzelnen zu machen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss sei aufgrund fehlender politischer Konsequenzen vor Ort notwendig geworden. Der Landtag habe nun die Möglichkeit, mit dem gesamten ihm zur Verfügung stehenden Instrumentarium zur Aufklärung beizutragen.

Die Aufklärung sei kein Selbstzweck, es gehe maßgeblich um die Frage, was man aus dem Skandal lernen könne und müsse, das Wählen per Briefwahl und im Wahllokal müsse sicherer werden. Demokratie dürfe nicht zur Fassade werden, es gelte, in Stendal den demokratischen Normalzustand wiederherzustellen, schloss Striegel.

Aufklärung nach neuen Erkenntnissen

Die Wahlfälschung im Landkreis Stendal sei unlängst strafrechtlich bewertet worden; auch die CDU stehe für Aufklärung, versicherte Ulrich Thomas (CDU). Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hätten sich nicht auf die Wahlen in den Jahren 2009 und 2015 konzentriert, womöglich seien die Belange schon verjährt und könnten nicht mehr behandelt werden. Daher spreche sich die Koalition in ihrem Änderungsantrag dafür aus, die entsprechenden von den Linken vorgeschlagenen Untersuchungen zu streichen.

Der derzeitige Prozess um die Stendaler Briefwahlaffäre und dort getätigte Aussagen hätten neue Erkenntnisse und infolgedessen auch neue Fragen hervorgebracht. Die politische Aufklärung durch alle demokratischen Parteien sei nach dem strafrechtlichen Verfahren somit dringend erforderlich, so Thomas.

Im Anschluss an die Debatte wurde der durch die bestätigte Vorlage der Koalition geänderte Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen und der Untersuchungsausschuss damit eingesetzt. Je eine Stimmenthaltung und eine Nein-Stimme hatte es aus der CDU-Fraktion gegeben.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses

CDU: Ulrich Thomas, Angela Gorr, Bernhard Bönisch und Thomas Keindorf

AfD: Matthias Lieschke, Jens Diederichs und Volker Olenicak

DIE LINKE: Henriette Quade und Wulf Gallert

SPD: Rüdiger Erben und Jürgen Barth

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sebastian Striegel