Die jüngst veröffentlichte Kriminalstatistik für das Jahr 2016 sei besorgniserregend, bekennt die AfD. Habe sich bei der Gesamtzahl der bundesweit verübten Straftaten lediglich ein geringer Zuwachs feststellen lassen, sei die Zahl der Gewalttaten deutlich angestiegen. Eine „Zunehmende Verrohung und Gewalttaten“ nimmt die AfD-Fraktion wahr und beantragte eine gleichlautende Aktuelle Debatte, um diesem Thema auf den Grund zu gehen.
„Land wird von Tag zu Tag unsicherer“
Die Zeiten, da die Menschen ohne die ständige Angst überfallen zu werden, leben konnten, seien vorbei, sagte André Poggenburg (AfD). Die Qualität und Intensität von Gewalttaten hätten sich deutlich verändert. Man müsse von einer Verrohung der Gesellschaft sprechen. Die Summe der Gewalttaten sei enorm angestiegen, dazu zählten sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Totschlag und Mord. „Unser Land wird von Tag zu Tag unsicherer“, klagte Poggenburg.
Der linke Mob – „das sind die neuen Sturmabteilungen des Linksfaschismus“, Tausende Kriminalfälle würden zudem bundesweit von „südländischen Einzeltätern“ (Poggenburg nannte Syrer, Afghanen, Iraker und Iraner) verübt. Dabei hätte die Gewaltkriminalität 2016 ohne die „antideutsche Asylpolitik“ stabil oder sogar gesenkt werden können, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende.
Zunehmende Verrohung gesamtgesellschaftliches Problem
Die Gesamtzahl der Straftaten in 2016 sei im Vergleich zum Vorjahr gesunken, die Zahl der Gewaltdelikte sei jedoch gestiegen, räumte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) ein. Auf Körperverletzungsdelikte fielen drei Viertel der Gewaltdelikte. In großer Zahl seien Täter und Opfer einander bekannt. Mit 256,7 Gewaltdelikten pro 100 000 Einwohner führe Sachsen-Anhalt das Negativ-Länderranking aber nicht an, so wie von der AfD behauptet, erklärte Stahlknecht.
Die zunehmende Verrohung stelle für die Polizei eine große Herausforderung dar, sie sei aber auch ein gesamtgesellschaftliches Problem. Sprachliche Enthemmung stehe dabei oft am Anfang einer Kette hin zu körperlicher Gewalt. Als ein Akteur von vielen werde die Polizei des Landes demnächst auf „Internetstreife“ gehen und beispielsweise Hasspostings besser verfolgen.
Nicht nur bloße Scheinlösungen
Die AfD zeige sich von ihrer zynischen Seite; sie beklage die zunehmende Verrohung der Gesellschaft, dulde gleichzeitig aber Leute in ihren Reihen, die den norwegischen Massenmörder Anders Breivik als Opfer der herrschenden Gesellschaft in Schutz nehme, kritisierte Rüdiger Erben (SPD). Man müsse das Vertrauen in die Polizei bewahren, „wir können darauf vertrauen, dass uns Polizei und Justiz im Rahmen der Gesetz beschützen“, erklärte Erben.
Vorschläge zur Gesetzesverschärfung von selbsternannten Experten seien meist nur bloße Scheinlösungen. Die AfD picke sich an Fakten nur heraus, was in deren Weltbild passe. Besser sei es, den Bürgern die Rechtslage ehrlich zu erklären und Grenzen des Handelns aufzuzeigen. Eine sachlich und personell gut ausgestattete Polizei sei der beste Garant für die innere Sicherheit, sagte Erben.
Argumentation nach immer gleichem Muster
Die Argumentation der AfD folge immer dem gleichen Muster, so Henriette Quade (DIE LINKE): „Drei Teile Behauptung Ausländerkriminalität, zwei Teile Behauptung Linksextremismus, ein Teil Fabulieren über Altparteienkartell und dann geht’s je nach Tagesform weiter mit ‘ner Prise NS-Sprache und anderer Provokationen“. Das sei langweilig und hanebüchen und vor allem mache es eine ernsthafte Debatte unmöglich.
Die AfD sei die Partei, die „Lumpen“ aus der Hochschullandschaft entfernen und Arbeit zuführen wolle, und sie sei es, die von „Wucherungen am Volkskörper“ spreche. „Wem wollen Sie glaubhaft vermitteln, Sie seien ernsthaft um das Thema Verrohung in der Gesellschaft bemüht?“, fragte Quade in Richtung AfD-Fraktion.
AfD bediene nur ihre Vorurteile
Die AfD wolle aus der Kriminalitätsstatistik nur das herauslesen, was ihren eigenen Vorurteilen folge, kritisierte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). „Unser Problem heißt Kriminalität, unser Problem heißt nicht Hautfarbe oder Herkunft“, konstatierte Striegel.
Keine Toleranz gegenüber politischen Straftaten
Das Thema sei für eine Aktuelle Debatte angebracht, die Antragbegründung der AfD ließe aber zu wünschen übrig, sagte Chris Schulenburg (CDU). Die in der Statistik dargelegte positive Aufklärungsrate sei der Polizei im Land zu verdanken. Dennoch sei jede Straftat eine Straftat zu viel. Die Zahl der ausländerspezifischen Delikte nähme nur einen verhältnismäßig kleinen Teil ein; wer sich jedoch partout nicht an Recht und Gesetz halten könne, müsse das Land wieder verlassen.
Vor dem Hintergrund der vielen rechtsextremistischen, aber auch linksextremistischen Straftaten müsse der Rechtstaat eine Nulltoleranz an den Tag legen. Die innere Sicherheit sei ein Schwerpunkt in der Arbeit der CDU, so Schulenburg, ein Höchstmaß an Sicherheit erreiche man aber nur, wenn man den Einsatzkräften die entsprechenden Hilfsmittel (intelligente Überwachungssysteme) zur Seite stelle.
Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.