Für die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind die Berufsschulen unverzichtbar und sollen weiter gestärkt werden. Die Landesregierung wird daher gebeten, auf der Grundlage des „Berichts über Berufsschulangebote, Entwicklungsperspektiven und Berufsschulwege“ ein an den demographischen Anforderungen angepasstes Berufsschulnetz in Sachsen-Anhalt zu entwickeln. Die Bildung von Landes- und Regionalfachklassen und der Besuch berufsbildender Schulen unabhängig von Kreis- und Landesgrenzen unter Beachtung des Schullastenausgleichs sollen Berücksichtigung finden.
Mehr Geld für die Imageprägung
Mehr als 40 000 Berufsschüler/innen warten derzeit auf die Koordinierung der Zuständigkeiten bei der dualen Ausbildung in den beteiligten Ministerien, sagte Thomas Keindorf (CDU). Das Land sei von den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt, gerade diese seien auf gutbetreute Lehrlinge angewiesen. Die Bevorzugung der Hochschulen trage auch zu den rückläufigen Auszubildendenzahlen bei; neben der Hochschulkampagne des Landes solle daher mehr Geld für die Imageprägung der beruflichen Ausbildung bereitgestellt werden.
Die Bildung von Landes- und Regionalfachklassen und der Besuch berufsbildender Schulen unabhängig von Kreis- und Landesgrenzen unter Beachtung des Schullastenausgleichs sollen Berücksichtigung finden, erläuterte Keindorf eines der Ziele des Antrags der Koalition. Zudem stellten die Verringerung der Fahrt- und Unterkunftskosten wichtige Aspekte für die Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung dar. Die Fahrtkostenrichtlinie des Landes Sachsen-Anhalt soll auf Basis des Antrags angepasst werden. Vorstellbar sei ein Azubi-Ticket analog zum Semesterticket der Studentinnen und Studenten.
Die Berufsschulen müssen die technische Weiterentwicklung in den Ausbildungsbetrieben mitbegleiten, sodass die Ausbildung den Ansprüchen der Wirtschaft entspreche. Dazu gehöre auch die flächendeckende Ausstattung mit schnellem Internet. Dem Mangel an technikqualifizierten Lehrkräften könnte beispielsweise mit geeigneten Quereinsteigern begegnet werden, schlug Keindorf vor.
Qualifikation und Motivation mitgeben
Das duale berufliche Ausbildungssystem habe sich in Zeiten hoher Jugendarbeitslosigkeit in Europa als ein Schatz für Deutschland herausgestellt, erklärte Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Nur dadurch habe die Zahl der jungen arbeitslosen Menschen in Deutschland auf einem sehr niedrigen Niveau gehalten werden können.
Fast das gesamte Kabinett sei mit der Bearbeitung des Themas beschäftigt. „Wir müssen uns auch nochmal die Lehrpläne angucken – wir müssen schauen, welches Wissen noch relevant ist und was den Schülerinnen und Schülern an Qualifikation und Motivation mitgegeben werden muss“, sagte Tullner abschließend.
Meistertitel mehr Glanz verleihen
André Poggenburg (AfD) forderte, dem „Akademisierungswahn“ eine Ausbildungsoffensive in den nichtakademischen Berufen entgegenzusetzen. Die AfD begrüße die Initiative der Koalition und der Linken, zudem bringe sie einen Änderungsantrag ein, um den Meistertitel in seinem Ansehen zu einer Stärkung zu verhelfen. Ihm solle mehr Glanz verliehen und einem akademischen Abschluss gleichgestellt werden.
Besseren Wegweiser durch die duale Ausbildung
„Die Aussichten, einen Ausbildungsplatz zu erhalten und nach der Ausbildung in einem Betrieb übernommen zu werden, waren noch nie so gut wie heute“, freute sich Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). Ein hoher Prozentsatz der jungen Menschen finde einen Ausbildungsplatz im Wunschbereich, dennoch sei die Zahl der Ausbildungsabbrecher ungewöhnlich hoch. Um den Ausbildungsalltag einfacher zu gestalten, sprach sich Kolb-Janssen für einen besseren Wegweiser durch den Dschungel an Fördermöglichkeiten in der dualen Ausbildung aus. Eine gerechtere Ausbildungsvergütung und die finanzielle Unterstützung bei den Fahrtkosten seien zu begrüßen.
Einheitliche Mindestvergütung erzielen
Doreen Hildebrandt (DIE LINKE) erkannte an, dass die Koalition es als wichtig empfindet, Korrekturen am bisherigen – ihrer Ansicht nach missglückten – Kurs der Unterhaltung des Berufsschulsystems vorzunehmen. Um die Attraktivität der dualen Ausbildung zu erhöhen, spricht sich DIE LINKE dafür aus, sich auf Bundesebene für eine einheitliche Mindestausbildungsvergütung einzusetzen und sich um Mitstreiter für eine gemeinsame Bundesratsinitiative zur Umsetzung einer Mindestausbildungsvergütung zu bemühen. Den Änderungsantrag der AfD sei unnötig, weil der deutsche Meistertitel längst eine akademische Gleichstellung erhalten habe.
Berufsorientierung an Gymnasien ins Schulgesetz
Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) empfahl, an den Berufsschulen jene Voraussetzungen zu schaffen, dass Abschlüsse mit höheren Zielen möglich werden. Auf diese Weise sollen Abiturienten statt für ein Studium auch für eine berufliche Ausbildung begeistert werden können. Die Grünen sprechen sich dafür aus, eine kontinuierliche Berufsorientierung an Gymnasien ins Schulgesetz aufzunehmen.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalition mit großer Mehrheit angenommen. Die Änderungsanträge der Linken und der AfD fanden keine Mehrheit.