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Plenarsitzung

Menschen und Wölfe – passt das zusammen?

Derzeit leben 70 Wölfe in elf Rudeln in Sachsen-Anhalt. Von einem explosionsartigen Anstieg der Wolfspopulation könne daher keine Rede sein, sagte Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bei der Veröffentlichung des aktuellen Wolfsmonitoringberichts im November 2017. Auch der Landtag beschäftigte sich zum Endes Jahres noch einmal mit der Rückkehr des Wolfs. Hintergrund ist eine Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema. Ihrer Ansicht nach sind eine „Evaluierung bisheriger Maßnahmen und Regeln sowie ein professionelles Management erforderlich“, um die gesellschaftliche Akzeptanz für die Koexistenz von Mensch und Wolf zu verbessern.

Die Große Anfrage umfasst 77 Fragen aus unterschiedlichsten Bereichen, zum Beispiel: Welche wissenschaftlichen Grundlagen gibt es rund um den Wolf? Worauf gründet sich sein besonderer Schutzstatus? Was kostet der Schutz der Wölfe auch im Vergleich zu anderen geschützten Arten? Welchen Einfluss hat der Wolf auf andere Tierbestände?

Wolfsdichte in Deutschland höher als in Schweden

Für die CDU-Fraktion sei es wichtig, dass es einen gesellschaftlichen Konsens für die Wiederansiedlung von Luchs und Wolf gebe. Derzeit sei die Akzeptanz für den Wolf nicht besonders hoch im Land, erklärte Detlef Gürth (CDU). Der Schutzstatus des Wolfs werde auch von Fachleuten zunehmend angezweifelt. Gürth übte Kritik an einzelnen Antworten der Landesregierung, zum Beispiel an Frage 6. So sei Schweden beispielsweise 1,3-mal so groß wie Deutschland, dort seien etwa 170 bis 270 Wölfe als Ziel zur Arterhaltung bestimmt worden. In Deutschland sei die Wolfsdichte bereits jetzt mehr als doppelt so hoch wie in Schweden und dies bei einer zehn Mal höheren Bevölkerungsdichte, konstatierte der CDU-Abgeordnete und fragte, wie dies möglich sein könne.

Was ist eine „stabile Populationsgröße“?

Seiner Ansicht nach gebe es keinen Plan, kein Ziel, keine wissenschaftliche Theorie, ab wann es sich um eine „stabile Populationsgröße bei Wölfen und Luchsen“ handle, beanstandete Gürth die Antwort der Landesregierung auf Frage 9 der Großen Anfrage. Die Entschädigungszahlungen für Rissschäden von Wölfen seien noch immer ungenügend, dies müsse sich ändern, forderte Gürth. Auch die EU sei gefordert und müsse den Schutzstatus nach 25 Jahren überdenken. Außerdem erinnerte er an das Muffelwild: Die Verbreitung des Wolfs habe in Brandenburg und Sachsen bereits zum Auslöschen ganzer Herden geführt. Dies könnte zukünftig auch im Harz drohen, so der CDU-Abgeordnete.

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Prof. Dr. Claudia Dalbert, sagte: „Für die Zukunft des Wolfs ist es entscheidend, ob es gelingt, Akzeptanz für ihn zu erreichen.“ Das erfordere nicht nur die Vermittlung von Verhaltensregeln in Wolfsgebieten, sondern auch einen Interessenausgleich mit Bewohnern des ländlichen Raums, mit Weidetierhalterinnen und Weidetierhaltern sowie der Jägerschaft.

Ministerin verweist auf Leitlinie und Kompetenzzentrum

Um den Herausforderungen durch die Wiederansiedlung des Wolfs zu begegnen, habe das Ministerium eine Leitlinie zum Thema Wolf erarbeitet und das Wolfskompetenzzentrum Ideen gegründet. „Alle, die pauschal den Abschuss von Wölfen fordern, verkennen die Realität“, betonte Dalbert. Die Präventionsmaßnahmen sollen zukünftig im Einzelfall auch auf Rinder und Pferde ausgeweitet werden können. Kürzlich sei ein Pilotprojekt zum Weideschutz von Rindern begonnen worden.

Schadensfälle müssten zügig bearbeitet und Gelder schneller ausgezahlt werden. Die betreffende Mitarbeiterin beim Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF) sei derzeit dabei, offene Fälle aus dem Jahr 2016 abzuarbeiten. Dalbert verwies darauf, dass das Verfahren zukünftig innerhalb von vier Wochen abgeschlossen sein soll.

Friedliche Koexistenz ist das Ziel

Die Umweltministerin versicherte ausdrücklich, dass die Sorgen der Menschen im ländlichen Raum ernst genommen würden. Ihr Ministerium arbeite mit großem Engagement an einem professionellen Management, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Wolfs und eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Wolf zu erreichen.

Tobias Rausch (AfD) stellte fest, dass die Große Anfrage wenig Neuigkeitswert habe. Zwar sei in der Vergangenheit bereits viel diskutiert worden, aber bis auf das Wolfskompetenzzentrum sei nicht viel passiert. Seiner Meinung nach müsste das Thema Wolf viel grundsätzlicher besprochen werden. Rausch warf Ministerin Dalbert „Untätigkeit“ vor, andere Bundesländer seien Sachsen-Anhalt beim Umgang mit dem Wolf voraus.

AfD fordert Wildforschungszentrum

Man benötige endlich ein funktionierendes Management und ein Wildforschungszentrum. Außerdem müssten „verhaltensauffällige Wölfe“ entnommen und Rissschäden schnell und in angemessener Form finanziell entschädigt werden, forderte der AfD-Abgeordnete. „Für alles ist im Lande Geld da, nur die Interessen der Bürger bleiben auf der Strecke“, so Rausch.

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Wolf sollte von Anhang IV in V der FFH-Richtlinie

„Die Große Anfrage ist ein wertvoller Baustein, um die Transparenz im Umgang mit dem Wolf zu erhöhen“, sagte Jürgen Barth (SPD). Die Wolfspopulation in Deutschland habe mittlerweile eine Größe erreicht, um von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie überschrieben zu werden. Die Wiederbesiedlung der Wölfe dürfe nicht dazu führen, dass die traditionelle Weidehaltung mit Schafen oder Rindern Nachteile hätte. Barth ergänzte, das Wolfskompetenzzentrum Iden leiste eine hervorragende Arbeit, insbesondere auch bei der Aufklärung der Bevölkerung.

Ängsten mit Fakten und Aufklärung begegnen

Die Landesregierung hätte es verstanden, die Fragen der CDU-Fraktion sehr nüchtern zu beantworten. Denn Ängsten und Ideologie begegne man am besten durch Fakten und Aufklärung, betonte Hendrik Lange (DIE LINKE). So sei beispielsweise mit dem Märchen Schluss gemacht worden, dass der Abschuss von Wölfen dazu führe, dass sich andere Wölfe von Menschen fernhielten.

An die CDU gerichtet sagte Lange: „So geht das nicht mit Naturschutz!“ Man könne nicht nur die Tierarten schützen, die einem passen und beispielsweise Maßnahmen zum Insektenschutz blockieren. Seiner Ansicht nach sei eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Wolf möglich. Es komme auf den richtigen Umgang mit dem Wolf an. Schließlich hätten die Menschen auch gelernt, „zum Wildschwein einen respektvollen Abstand zu halten“. Die Anpassung daran, dass es bei uns wieder Wölfe gebe, sei ein kultureller Erfolg und zeuge von der Anerkennung des „Selbstwerts der Natur“.

Rückkehr des Wolfs erfolgte ohne Politik

Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erklärte, die Große Anfrage hätte zwar nichts grundsätzlich Neues gebracht, aber auf Problemfelder und Handlungsbedarf bei einzelnen Themen hingewiesen. Er dankte den Mitarbeitern des Wolfskompetenzzentrums, dessen Einsetzung zu einer Professionalisierung beim Umgang mit den Wölfen geführt hätte. Es sei Aufgabe der Politik, die Menschen aufzuklären und nicht mit falschen Begriffen zu verwirren. So sei der Wolf beispielsweise nicht wiederangesiedelt worden, sondern sei von alleine zurückgekehrt.

Am Ende der Großen Anfrage wurden keine Beschlüsse gefasst.