Sachsen-Anhalt will den Spitzensport im Land zukünftig stärker und, zusätzlich zu Bundesmitteln, auch selbst fördern. Daneben soll aber auch der Breiten- und Behindertensport nicht vernachlässigt werden, verkündete Sportminister Holger Stahlknecht in seiner ersten Regierungserklärung zum „Sportland Sachsen-Anhalt 2020“. Mit seinem sportpolitischen Grundsatzpapier zog Stahlknecht Bilanz und gab einen Ausblick auf die kommenden Jahre.
Über die vielfältige Bedeutung des Sports
Der Sport schaffe es, Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammenzubringen, Erfolge, Niederlagen und Emotionen zu teilen, skizzierte Sportminister Holger Stahlknecht die große Bedeutung des Sports. Dieser leiste einen wichtigen Beitrag zur Integration und Inklusion und trage zu einem gesunden Lebensstil bei. Zudem sorge er dafür, Fremdenhass und Rassismus in der Gesellschaft vorzubeugen. Hierzu gebe es bereits zahlreiche Projekte auf lokaler und regionaler Ebene, die vom Land gefördert werden.
Darüber hinaus sorgten die internationalen Erfolge von Spitzensportlern dafür, dass sich die Bürger mit Sachsen-Anhalt identifizierten. Es dürfe außerdem nicht vergessen werden, dass „der Sport, der gesellschaftliche Bereich ist, in dem die meisten Ehrenamtlichen tätig sind“. Ihnen allen sprach der Sportminister seinen Dank und Anerkennung aus. Die Weiterentwicklung des Breitensports habe für ihn eine große Bedeutung. „Die Freude an der Bewegung, Fitness- und Gesundheitsförderung sowie soziale Kontakte stehen dabei im Vordergrund“.
19 000 neue Mitglieder im LSB
Seit 2011 habe der Landessportbundes 19 000 Mitglieder hinzugewonnen – bei gleichzeitig sinkender Bevölkerung. Dies sei ein „riesengroßer Erfolg“. Daher sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass möglichst viele Menschen in einem Sportverein ihre Heimat finden. Dabei ließ Stahlknecht nicht unerwähnt, dass es für ihn nur „einen Sport“ gebe, egal ob man behindert sei oder nicht. „Es gibt nur eine Sportfamilie!“ Dementsprechend solle auch der Behinderten- und Rehabilitationssport weiter gefördert werden.
Außerdem sprach der Minister über die Infrastruktur der Sportstätten. Grundsätzlich sehe er Fortschritte, Probleme gebe es jedoch bei der Sanierung von Schwimmhallen und der Installation von Kunstrasen. Bis 2018 will er ein umfangreiches Sportstättenkonzept vorlegen.
Bessere Förderung des Spitzensports
Die Medaillenausbeute bei den letzten Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro für Sportler aus Sachsen-Anhalt sei eher mäßig gewesen. [Red.: Es gab es nur je eine Gold- und eine Bronzemedaille.] Zukünftig sollten wieder mehr Medaillen bei Höhepunkten wie Olympischen Spielen gewonnen werden. Im Herbst 2016 hatte sich auf Initiative von Minister Stahlknecht eine AG Spitzensport gegründet und gemeinsam beraten, wie die Rahmenbedingungen für Athleten verbessert werden könnten. Daraus haben sich verschiedene Fördermaßnahmen ergeben, die sich auf die geförderten olympischen Schwerpunktsportarten beziehen (Schwimmen, Kanu, Rudern, Leichtathletik).
Wie soll der Spitzensport konkret gefördert werden?
- Einführung von vier hauptamtlichen Stützpunktleitern ab 2018 bis 2020, um die Trainer von Verwaltungsaufgaben zu entlasten
- Attraktivitätssteigerung des Trainerberufs
- Ab 2020 Übernahme des pädagogischen Leistungssportpersonals in den Trainerpool des Landessportbunds
- Ab 2019 Einführung eines Sportstipendiums für Leistungssportler an Universitäten in Höhe von 400 Euro/Monat
- Finanzielle Unterstützung für Kommunen mit Landesleistungszentren für ihre Trainingsstätten
- Flächendeckende Talentsichtung an Schulen sicherstellen und Nachwuchsleistungssport stärker fördern.
Daneben will Stahlknecht zukünftig auch mehr hochkarätige Sportereignisse nach Sachsen-Anhalt holen. Er hoffe, dass sich die internationale Strahlkraft dieser Ereignisse positiv auf das touristische und wirtschaftliche Wachstum des Landes auswirken werde.
Die Meinungen der Fraktionen im Einzelnen
„Sport und Sportförderung sind wichtig“, sagte André Poggenburg (AfD). Sport fördere Gemeinschaft und körperliche und geistige Ertüchtigung. Die AfD-Fraktion begrüßte die Vorschläge zum Spitzensport, die angekündigte Förderung des Behinderten- und Reha-Sports sowie das Engagement des Sportministers, zukünftig mehr internationale Sportereignisse nach Sachsen-Anhalt holen zu wollen. Die integrative Wirkung des Sports könne nicht geleugnet werden, allerdings sollten nur solche Flüchtlinge integriert werden, die dauerhaft in Deutschland bleiben könnten, betonte Poggenburg.
Keine „irrigen Gesellschaftsprojekte“ unterstützen
Zudem dürfte der Sport nicht genutzt werden, um „irrige Gesellschaftsprojekte“ zu unterstützen. Es dürfe kein Steuergeld für die „kruden Ideen von Minderheiten“ verschleudert werden. Poggenburg fragte beispielsweise, ob es irgendwann gemischt-geschlechtliche Disziplinen geben soll? Oder ob jemand glaube, dass ein Spitzensportler seinen Speer weiter werfe, nur weil eine Frau im Vorstand eines Gremiums sitze? Außerdem verwies der AfD-Abgeordnete ausführlich auf die Bedeutung des Schulsports und sprach sich für eine Verdopplung der Unterrichtszeiten von zwei auf vier Stunden aus.
Sport lehrt Fairness und Respekt
Dr. Falko Grube (SPD) erklärte: „Der Sport ist sozialer Kitt für unsere Gesellschaft, er bringt Menschen zusammen.“ Sport lehre Fairness und Respekt und vor allem, dass Gegner keine Feinde sind, und dass ein Team nur funktioniere, wenn alle eingebunden werden. Daneben unterstrich er die gesundheitsfördernde Wirkung des Sports. Die SPD-Fraktion werde die Vorschläge von Sportminister Stahlknecht vollumfänglich unterstützen.
Mehr Geld für Breiten- und Behindertensport
Der Sport sei bei den mehr als 3 000 Sportvereinen in guten Händen, sie seien wichtige gesellschaftliche Akteure und trügen dazu bei, dass wichtige gesellschaftliche Werte spielerisch erlernt würden, stellte Thomas Lippmann (DIE LINKE) fest. Dennoch hätten immer mehr Vereine Probleme, ihre ehrenamtlichen Strukturen aufrechtzuhalten.
Auch wenn der Spitzensport wichtig sei, sollte das Geld zu allererst – und mehr als bisher – für den Breiten- und Behindertensport ausgegeben werden. Denn wenn an der Basis nicht genug gefördert werde, könnten langfristig keine internationalen Spitzenleistungen erreicht werden. Die Maßnahmen aus der AG Spitzensport werden von der Fraktion DIE LINKE ausdrücklich befürwortet und seien teilweise überfällig. Daneben sprach sich Lippmann für eine bessere Bezahlung aller Trainer aus.
Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) brachte den Aspekt des E-Sports (elektronischer Sport) in die Debatte ein und regte an, diesen langfristig in die Sportförderlandschaft aufzunehmen. Als E-Sport wird das regelmäßige wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- und Videospielen bezeichnet, egal ob ein Renn- oder Actionspiel. Der Deutsche Olympische Sportbund stuft den E-Sport bisher nicht als Sportart ein. Striegel sieht darin einen Zukunftstrend, der nicht außen vorgelassen werden sollte.
Zensuren im Sportunterricht abschaffen?
Der Sport könne Kindern viele wichtige Werte vermitteln, die auch für die spätere berufliche Karriere von Bedeutung seien, zum Beispiel ein gesundes Selbstwertgefühl, Ehrgeiz, Team- und Kommunikationsfähigkeit, sagte Carsten Borchert (CDU). Neben der integrativen Bedeutung verwies Borchert auf die wichtige gesellschaftspolitische Verantwortung des Sports, insbesondere im ländlichen Raum seien Vereine wichtig für das Miteinander. Daher sollte das ehrenamtliche Engagement weiter gestärkt werden. Auch immer mehr Menschen mit Behinderung würden den Sport für sich entdecken, häufig helfe er auf dem Weg zurück ins Leben. Er konstatierte zudem, dass die Landesmittel leider nicht ausreichten, um alle Sportstätten zu sanieren, bei denen es nötig wäre.
Gleichzeitig stellte der CDU-Abgeordnete fest, dass vielen Vereinen langsam die ehrenamtlichen Helfer ausgingen. Schon heute müssten immer wieder Sporttage ausfallen, weil es nicht genug ehrenamtliche Schiedsrichter gebe. Gerade die junge Erwachsenengeneration sollte herangeführt werden, dass zurückzugeben, was viele Erwachsene in den letzten Jahren für sie geleistet hätten. Borchert machte zudem den Vorschlag, vielleicht die Zensuren im Sportunterricht abzuschaffen, um einfach nur die Freude am Sport zu vermitteln. Zudem könnten Lehramtsstudenten während ihres Referendariats verpflichtend eine Sport-AG übernehmen, um ihr Bewusstsein für diese Aufgabe zu schärfen.
Am Ende der Regierungserklärung und der anschließenden Debatte wurden keine Beschlüsse gefasst.