In welcher Höhe sind Kosten für Unterkunft und Heizung als grundsichernde Leistungen für Arbeitssuchende (nach SGB II) in einem Gebiet angemessen? Und sind Pauschalen in dem Bereich sinnvoll? Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE sollen darüber künftig auch die Kreistage und Stadträte der kreisfreien Städte mitentscheiden können. Daher brachten sie einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag ein. Bisher liegt die Entscheidung allein in den Händen des jeweiligen Landrats oder Oberbürgermeisters. Mit der Gesetzesänderung könnten die tatsächlichen Bedarfe der grundsichernden Leistungen für Unterkunft und Heizung näher an den Betroffenen orientiert ermittelt werden, argumentierte die Fraktion DIE LINKE.
Monika Hohmann (DIE LINKE) untermauerte die Notwendigkeit der Gesetzesänderung mit einigen Zahlen. Demnach seien 16 Prozent aller Haushalte in Sachsen-Anhalt auf Leistungen aus dem SGB II angewiesen und zurzeit etwa 18 000 Klagen gegen Bescheide anhängig. Dabei würden sich 40 Prozent der Widersprüche auf Wohnungs- und Heizungskosten beziehen. Damit sei Sachsen-Anhalt bundesweit ganz weit vorne, betonte Hohmann. Ihre Fraktion plädierte für eine Gesamtangemessenheitsgrenze, mit der beispielsweise eine höhere Miete durch geringere Heizkosten ausgeglichen werden könnte.
Sozialministerin zeigte sich skeptisch
Bislang gebe es solche Modelle nur in Hessen, Schleswig-Holstein und Berlin und nur wenige Kommunen hätten sich dort für diese „Satzungs-Variante“ entschieden, die meisten Kommunen regelten die Grundsicherung weiter über eine kommunale Richtlinie, erklärte Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration. Sie erkannte in dem Gesetzentwurf der Linken keine Rechtsvereinfachung. Für den Bearbeiter im Jobcenter sei es egal, ob er die Höchstgrenzen für Wohnung und Heizung aus einer kommunalen Satzung oder Richtlinie entnehme. Im Zweifel würden Veränderungsprozesse bei einer Satzung sogar noch länger dauern als bei Richtlinie. Da der Sachverhalt grundsätzlich sehr komplex sei, sprach sich Grimm-Benne dafür aus, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen.
CDU: Gesetzentwurf juristisch nicht durchgeprüft
Dem schloss sich auch CDU-Abgeordneter Jens Kolze an. Allerdings nicht ohne an die Linken zu appellieren, in Zukunft vielleicht besser die Finger von Gesetzentwürfen zu lassen, die sie rechtlich nicht durchgeprüft hätten. „Was gut gemeint ist, muss in der Praxis noch lange nicht gut gemacht sein.“ Darauf erwiderte Monika Hohmann, als sie später ein zweites Mal ans Rednerpult trat: „Arroganz ersetzt keine Sachkenntnis“.
Die AfD-Fraktion hielt ihren Redebeitrag zum Gesetzentwurf sehr kurz. Tobias Rausch (AfD) sagte, der Antrag sei noch nicht ausgereift und sprach sich dafür aus, im Ausschuss weiter darüber zu diskutieren.
Grüne: Kommunale Beteiligung grundsätzlich gut
Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betrachtete den Gesetzentwurf differenziert. Ihre Fraktion halte es für eine Verbesserung, wenn der kommunale politische Raum stärker mitbestimmen könne und dieÖffentlichkeit Kenntnis davon erhalte, was genau in der Satzung steht. Ein weiteres Argument für Veränderungen bei der Grundsicherung seien die vielen Klagen, so Lüddemann. Ihrer Ansicht nach, würde eine Satzung, im Vergleich zu einer Richtlinie, den Umgang mit Widersprüchen und Klagen vereinfachen. Zudem sei es, nach Auffassung der Grünen, schon jetzt möglich, abgeleitet aus dem SGB II, eine Satzung für eine Kommune zu erstellen.
Andreas Steppuhn (SPD) sagte, er könne der Problemschilderung der Fraktion DIE LINKE in Teilen folgen, die daraus gezogenen Schlüsse seien jedoch nicht richtig. Probleme bei der gängigen Praxis verursache vor allem der Begriff der „Angemessenheit“ (bei Wohnungs- und Heizungskosten), weil dieser einfach zu dehnbar sei. Steppuhn unterstützte den Vorschlag seiner Vorredner, die Diskussion im Ausschuss gemeinsam mit Landkreisen und Kommunen weiterzuführen.
Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wurde mit großer Mehrheit in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) überwiesen sowie den Ausschuss für Finanzen und den Ausschuss für Inneres und Sport (mitberatend).