Die Landesregierung brachte im November 2016 einen Gesetzentwurf in den Landtag ein, durch den das Finanzausgleichsgesetz (FAG) zum vierten Mal novelliert werden soll. Derzeit befindet sich der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den Ausschüssen. Der Ausschuss für Finanzen führte am Mittwoch, 11. Januar 2017, eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durch, zu der Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen und Landkreise eingeladen worden waren. Sie bekamen die Möglichkeit, zum Gesetzentwurf Stellung zu beziehen und den Ausschussmitgliedern Hinweise und Vorschläge mit auf den Weg der weiteren Beratung zu geben.
Zielsetzung der Landesregierung bezüglich des Änderungsgesetzes ist die nach dem Koalitionsvertrag angestrebte deutlich verbesserte Finanzausstattung der Kommunen in den Jahren 2016 bis 2021, um die künftigen Herausforderungen bewältigen zu können. Laut Gesetzentwurf soll für die Jahre 2017 bis 2021 die Finanzausgleichsmasse auf 1,628 Milliarden Euro festgeschrieben und wie folgt aufgeteilt werden: Ausgleichsstock 40 Millionen Euro, Investitionspauschale 150 Millionen Euro, Auftragskostenpauschale (übertragener Wirkungskreis) in Höhe von 23 Prozent der Finanzausgleichsmasse sowie Schlüsselzuweisungen und besondere Ergänzungszuweisungen (eigener Wirkungskreis) in Höhe des Restbetrags.
Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Kommunen, der Landkreise und der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. äußerten sich in der öffentlichen Anhörung wie folgt zum Gesetzentwurf:
Der kommunale Finanzausgleich sei sehr wichtig für die Kommunen des Landes, erklärte Lothar Theel vom Landkreistag. Allein für die Deckelung von Sozial- und Jugendhilfeausgaben sei er notwendig. Das FAG habe in der Vergangenheit verschiedene Kürzungen hinnehmen müssen; die vierte Novellierung nun führe zu einer Erhöhung der Gelder auf insgesamt 1,628 Milliarden Euro. Dieser Festbetrag biete eine gewisse Planungssicherheit für die Kommunen. Die Binnenverteilung der Mittel werde aber weiterhin kritisch gesehen, so Theel. Insgesamt gebe es vom Landkreistag zwar Zustimmung zum Gesetzentwurf, einige Städte und Gemeinden kämen aber in Finanzierungsbedrängnis.
Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, wies auf die sehr unterschiedliche Lage der Kommunen im Land hin: Trotz der Erhöhung der Mittel aus dem FAG käme es in einigen Gemeinden zu einer Verringerung der zur Verfügung gestellten Gelder, da die Grundlage der Berechnung nicht mehr dem Ist-Zustand entspreche. Nun kommen einige Kommunen in die Verlegenheit, diverse Umlagen aus Rücklagen zu begleichen. Leindecker schlug eine Umstellungsphase der Bemessungsgrundlage vor, in der übergangsmäßig Liquiditätshilfen durch das Land zur Verfügung gestellt würden. Leindecker empfahl, bei allen künftigen Gesetzen stärker auf das Konnexitätsprinzip zu achten: Neue Aufgaben und neue Standards müssten – mit finanzieller Unterfütterung – detailliert in die Fachgesetze aufgenommen werden.
Einige Städte, so auch das von Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ vertretene Osterwieck, müssten stärkere Steuerschwankungen ausgleichen und würden durch die für die Bemessung der Zahlungen herangezogenen Daten aus 2015 ins Hintertreffen gelangen. Die von Osterwieck geforderte hohe Kreisumlage entspreche 2017 nicht mehr den Daten von 2015 und führe nun zu einer Schwächung des 20 Gemeinden umfassenden Ortes. Wagenführ schlug vor, anstatt eine jahresgenaue Kreisumlage zu berechnen, solle ein Mittelwert der letzten Jahre erzeugt werden, um die Finanzabgaben nach dem FAG zu errechnen. Trotz hoher Einnahmeverluste stünden Osterwieck nur 0,5 Millionen Euro aus dem FAG zu – viel zu wenig, so Bürgermeisterin Wagenführ.
Die Erhöhung der Ausgleichsmasse sei eine Verbesserung für die Kommunen des Landes, urteilte Sven Wagner, Oberbürgermeister von Staßfurt. Seine Stadt habe dennoch einen Rückgang der Mittel zu verzeichnen. Der Haushalt Staßfurts für 2017 sei zwar angespannt, nichtsdestotrotz aber ausgeglichen bei rund 46 Millionen Euro.
Genthins Bürgermeister Thomas Barz sprach bei der Anhörung für die „Arbeitsgruppe Kommunalfinanzen 2022“, der etwa 40 Bürgermeister des Landes angehören. Für den vor gut einem Jahr gegründeten Zusammenschluss von Kommunen gestaltet sich die Finanzierungssituation durch das zu novellierende FAG schwieriger als gedacht. Durch Konsolidierungszwänge (so auch in Genthin, so Barz) seien Investitionen in die Zukunft so gut wie unmöglich geworden. Es sei gut, dass es zu einer Erhöhung der Mittel aus dem FAG komme, ob diese jedoch reichen werde, stellte Barz in Frage. Er empfahl, Fördermittel nicht auf maßgeschneiderte Projekte zu beschränken, sondern die Vergabe freier zu gestalten.
Seine Stadt sei aufgrund der Finanzentwicklung nicht in der Lage, Rücklagen zu bilden, erklärte Weißenfels‘ Oberbürgermeister Robby Risch. Zudem habe die Stadt mit hohen Altlasten zu kämpfen. Durch das neue FAG sei die Stadt ab dem Jahr 2018 nicht mehr in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Das eigentlich gute Steueraufkommen werde durch die hohen Umlagen geschluckt, wodurch man in einen noch stärkeren Konsolidierungszwang getrieben werde. Dabei habe Weißenfels bereits viele Defizite bei den „weichen Standortfaktoren“ hingenommen.
Haldenslebens Bürgermeisterin Regina Blenkle kritisierte, dass ihre ansonsten solvente Stadt durch die FAG-Novelle gezwungen sei, ihre Rücklagen aufzubrauchen. Diese seien im Gegensatz zu den Zuweisungen durch das FAG enorm hoch. Grundsätzlich stehe sie der sogenannten Finanzkraftumlage (FKU) nicht abgeneigt gegenüber, es müsse jedoch eine andere Aufschlüsselung der Mittel erfolgen. Die von Haldensleben abzugebenden 2,8 Millionen Euro an die FKU kämen an anderer Stelle nicht ins Haushaltssäckel zurück.
Nur mittelbar von der FAG-Novelle betroffen ist die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. Deren Geschäftsführer Dr. Gösta Heelemann kritisierte, dass ein Teil der kommunalen Krankenhausfinanzierung auf das FAG verschoben worden sei – dies sei intransparent und werde abgelehnt. Heelemann forderte die auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser in freier und kommunaler Trägerschaft. Allein 191 Millionen Euro würden jährlich benötigt, um den ausstehenden Investitionsstau abzubauen, tatsächlich stünden aber nur 24 Millionen Euro vom Land zur Verfügung.
Beschlüsse wurden am Ende der Anhörung noch nicht gefasst. Nach der Anhörung wird der Gesetzentwurf weiter im Ausschuss für Finanzen beraten. Ziel ist die Ausarbeitung einer Beschlussempfehlung, die dem Landtag zur abschließenden Beratung vorgelegt wird.