Der Landtag hat in seiner Sitzung am 29. September 2016 einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der Ausschuss soll für den Zeitraum vom 19. April 2011 bis zum 11. April 2016 (6. Legislaturperiode) untersuchen, ob das Ministerium der Finanzen bei der Vergabe von Beraterverträgen gegen haushaltsrechtliche, vergaberechtliche und/oder andere gesetzliche Bestimmungen verstoßen hat.
Die AfD hatte einen entsprechenden Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die übrigens im Artikel 54 der Landesverfassung geregelt ist, eingebracht, der durch einen Änderungsantrag der Regierungskoalition inhaltlich noch verstärkt worden ist. Die Änderung führt zu einer Ausweitung des Untersuchungsgegenstands und erwirkt einen Zwischenbericht des Ausschusses.
Mitberaten wurde indes ein Antrag der Fraktion DIE LINKE, durch den die Landesregierung aufgefordert werden sollte, im Ausschuss für Finanzen darüber zu berichten, welche Konsequenzen sie aus der bisher mangelhaften Vergabepraxis ziehe und wie sie gedenke, die eigenen Beschlüsse zur Regelung von Transparenz von Beraterverträgen sowie die Beschlüsse des Landtags künftig umzusetzen.
Ausschuss soll in die Tiefe prüfen
Ohne den Landesrechnungshof und die Presse wüssten wir nicht, wie es um die Handhabung von Beraterverträgen in den verschiedenen Ministerien stünde, erklärte Robert Farle (AfD). Hier hätten sich fragwürdige Vergabepraktiken offenbart. Im Fokus soll nach Ansinnen der AfD die am 4. November 2013 beschlossene Vergabe eines Geschäftsbesorgungsvertrages (GBV) an die Investitionsbank (IB) zur Übertragung von Aufgaben zur wissenschaftlichen Begleitung und Unterstützung mit einem Finanzvolumen in Höhe von 6,3 Millionen Euro stehen.
Der Untersuchungsausschuss müsse in die Tiefe prüfen, um anschließend große wie kleine Aufträge zu kontrollieren. Farle legte Wirtschaftsminister Jörg Felgner aufgrund dessen vermuteter Verquickung mit den kritisierten Vergaben noch vor Einsetzung des Ausschusses den Rücktritt nahe.
Matthias Büttner (AfD) warf CDU und SPD trotz deren Zustimmung zum Untersuchungsausschuss einen mangelnden Willen zur Transparenz vor. Die AfD werde der Steuergeldverschwendung nicht zustimmen. „Wir werden jeden Schritt, den Sie tun, genau überwachen“, erklärte Büttner.
„Konsequenzen aus unwürdigem Spiel ziehen“
Swen Knöchel (DIE LINKE) erklärte, es sei für die Landesregierung an der Zeit, wieder eine vernünftige Personalentwicklung zu betreiben und sich entsprechenden Sachverstand in die Ministerien zu holen, anstatt viel Geld für externe Berater auszugeben. Der jahrelange Personalabbau sei eine der Ursachen für den Kompetenzverlust in der Landesverwaltung und die daraus folgende Notwendigkeit einer verstärkten Vergabe von Beratungsleistungen an externe Dienstleister. Es müssten endlich „Konsequenzen aus dem unwürdigen Spiel“ gezogen werden. Dies gelte insbesondere für den Bereich der Wirtschaft, aber auch bei Aufträgen, die im Justizministerium vergeben worden seien.
Dass Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff selbst einen Untersuchungsausschuss für die Aufklärung der Vergabe der Beraterverträge gefordert habe, komme einer Bankrotterklärung gleich, konstatierte Knöchel. Der Antrag der Linken fordere, das unwirtschaftliche Verhalten zeitnah einzustellen. Untersuchungsausschüsse seien aufgrund ihrer Dauer für die gewünschte Aufklärung ungeeignet, daher lehnten die Linken diesen auch ab. „Ein Untersuchungsausschuss ist eine Beerdigung des Themas erster Klasse“, so Knöchel.
Landesregierung unterstützt Einberufung
Es sei in den vergangenen Wochen deutlich geworden, dass die bisherigen Regelungen für die Vergabe von Beraterverträgen für Grauzonen gesorgt hätten, für die es Aufklärung bedürfe, konstatierte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Die Landesregierung unterstützt als Zeichen für transparente Aufklärung die Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Haseloff sprach sich für eine zügige und lückenlose Aufklärung aus.
Auf externe Anbieter werde die Landesregierung – wie im Übrigen auch der Bund – auch in Zukunft nicht verzichten können, so Haseloff. Das Kernanliegen der Landesregierung sei, die Vergabe solcher Beraterverträge künftig noch transparenter zu gestalten. Das rechtssichere Verwaltungshandeln solle jederzeit gewährleistet werden.
Notwendige Breite der Untersuchung
Der Untersuchungsausschuss biete die Möglichkeit, sich grundlegend mit den Fragen auseinanderzusetzen, die der Prüfbericht des Landesrechnungshofs aufgeworfen habe, sagte Dr. Katja Pähle (SPD). Es gehe unter anderem auch um die gestörte Wechselbeziehung von Legislative und Exekutive.
Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sichert, so Pähle, die Wahrung der Rechte einer Minderheit im Landtag, gleichzeitig sorge er – im Gegensatz zum Antrag der AfD – für die notwendige inhaltliche Breite einer umfangreichen Untersuchung. „Wir wollen aber keine Kultur des Verdachtes, in der jeder Vertrag zu einer öffentlichen Diskussion führt“, sagte Pähle.
Berechtigtes öffentliches Interesse
Als Zwischenfazit sei festzuhalten: Es habe die Vergabe von Verträgen gegeben, bei denen sich nicht an die gängigen Regeln gehalten und bei denen unter anderem der Landtag nicht eingebunden worden sei, so Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die erhobenen Vorwürfe könnten nicht so umfassend wie möglich im Rechnungsprüfungsausschuss geklärt werden, deshalb werde die Einsetzung des Untersuchungsausschusses unterstützt.
Zu berücksichtigen sei das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit. Im herkömmlichen Landtagsausschuss könnten beispielsweise keine öffentlichen Zeugenvernahmen durchgeführt werden. „Wir brauchen klare und eindeutige Regelungen“, forderte Meister. Der Grünen-Abgeordnete äußerte abschließend den Wunsch nach einem Transparenzgesetz.
Präventivmaßnahmen schaffen
Eva Feußner (CDU) forderte eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergabe von Beraterverträgen am Landtag vorbei. Bereits im 9. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss habe sich der Landtag mit Beraterdienstleistungen auseinandersetzen müssen, wobei verschiedene Regelungen aufgestellt worden seien. Vor diesem Hintergrund sei es wiederholt zu intransparenten Vergaben gekommen. Ergebnis der Untersuchungen solle sein, dass es keine weiteren solcher Vorkommnisse geben werde.
Zudem sei es dringend erforderlich, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen, wenn sie mit Entscheidungen des Ministeriums nicht einverstanden seien. Es müssten folglich präventive Maßnahmen – beispielsweise eine Clearingstelle – geschaffen werden, an die sich betroffene Mitarbeiter/innen wenden könnten, so Feußner.
Am Ende der Debatte wurde der Änderungsantrag der Koalition angenommen. Der so geänderte Antrag der AfD – Einsetzung eines 15. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses – wurde angenommen. Die Ausschussmitglieder wurden bestimmt. Der mitberatene Antrag der Fraktion DIE LINKE fand keine Mehrheit.
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses
CDU: Eva Feußner, Guido Heuer, Thomas Keindorf, Florian Philipp
AfD: Matthias Büttner, Tobias Rausch, Jan Wenzel Schmidt
DIE LINKE: Kristin Heiß, Swen Knöchel
SPD: Holger Hövelmann, Dr. Falko Grube
Grüne: Olaf Meister
Vorsitzender des Ausschusses ist der CDU-Abgeordnete Florian Philipp, Stellvertreter der AfD-Abgeordnete Matthias Büttner.