Die SPD-Fraktion hatte sich mit einer Großen Anfrage mit dem Titel „Forschungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt“ an die Landesregierung gerichtet. Unter anderem geht es um die weitere Entwicklung des Forschungsstandortes Sachsen-Anhalt und um Maßnahmen der Landesregierung, die in den letzten zehn Jahren zu Schwerpunktbildungen in der Forschung an den Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder privaten Forschungseinrichtungen geführt haben. Die Abgeordneten werteten die Ergebnisse der Großen Anfrage während einer Debatte im Plenum aus.
Zukunftssichere feste Arbeitsplätze schaffen
Die Hochschul- und Wissenschaftsstruktur an sich sei gut aufgestellt, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). Die Beantwortung der Großen Anfrage zeige dies auf Basis vielfältiger Analysen und detailreicher Aufzeichnungen. Doch das Land biete zu wenig, um die Exzellenz der Hochschulen zu unterstützen. Darüber hinaus zeigten die Antworten, dass die personelle Besetzung der Einrichtungen mehr als zu wünschen übrigließe. Die Zahl der unbefristeten wissenschaftlichen Mitarbeiter liege demnach bei 73 Prozent und mehr – „das ist ein unglaublicher Zustand“, so Pähle. Es sei Zeit für einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs, es müsse mehr zukunftssichere feste Arbeitsplätze in der Forschung geben.
Forschung und Wissenschaft spielten in der sachsen-anhaltischen Wirtschaft nur eine sehr untergeordnete Rolle. Aber, so Pähle: „Wissenstransfer ist für unser Bundesland absolut unverzichtbar.“ Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gebe es allerdings nur am Rande des Blickfelds. Innovative Ideen, um die Verknüpfung zu verbessern, fehlten.
Insgesamt sei das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Pähle dankte für die umfangreiche Datensammlung, deren Erkenntnisse ließen allerdings zu wünschen übrig. Von einer strategiefähigen Ausrichtung könne nicht gesprochen werden. Die beiden Teilbereiche des Ministeriums griffen auch nach fünf Jahren nicht ineinander; ein Gewinn aus den neuen Strukturen könne nicht erkannt werden. Die SPD drängt daher auf die Neuauflage eines Forschungsprogramms fürs das Land.
Hohe Reputationen auf vielen Gebieten
Es sei hinsichtlich der Forschungsentwicklung viel passiert, sagte Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU). Besonders wichtige Ansätze würden mit den Akteuren der Wissenschaft eruiert. Möllring verwies beispielsweise auf die international hohe Reputation der Neurowissenschaftler in Magdeburg und das Europäische Weizenzuchtzentrum in Gatersleben. Diese brächten immer wieder neue exzellente Kräfte nach Sachsen-Anhalt. Die seit 2005 vollzogene Konzentration auf Schwerpunkte und die Exzellenzentwicklung habe sich ausgezahlt. Möllring halte an dem Credo „Stärken stärken!“ fest.
Leistungen trotz der Landespolitik
Die Liste von positiven Entwicklungen sei beachtlich, so Hendrik Lange (DIE LINKE). Dass die Hochschulen diese Leistungen erbracht hätten, sei aber trotz und nicht wegen der Politik der Landesregierung geglückt. Die zurückliegenden fünf Jahre hätten die Strategielosigkeit der Landesregierung gezeigt. Die meisten der in der Großen Anfrage erwähnten Programme seien mittlerweile ausgelaufen. Dazu habe die Landesregierung zum Teil keine exakten Einschätzungen, wie hoch die Wirksamkeit der zum Einsatz gebrachten Instrumente tatsächlich sei.
„Wir setzen darauf, auch in unserem Bundesland die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Produktion und Vermarktung zu installieren“, so der Linken-Politiker, das müsse Ziel der Wirtschaftsförderung in innovativen Bereichen sein. Zukünftig müsse versucht werden, kleine und mittelständische Unternehmen bei Forschung und Entwicklung zu unterstützen. Die Hochschulen bräuchten die Freiheit von Forschung und Lehre. Die Schwächung der Hochschulen schwäche das System der Innovationen als Ganzes. Lange kritisierte die Zunahme der befristeten Stellen, weil Projekte von Forschungsunternehmen nur noch über Förder- und Drittmittel finanziert werden könnten. „Das Land hat Besseres verdient.“
Junge Ideen und alte Erfahrungen zusammenbringen
„Forschung und Entwicklung sind zentrale Elemente für Wachstum und Wohlstand in Sachsen-Anhalt“, betonte Ulrich Thomas (CDU). Daher seien Wirtschaft und Wissenschaft 2011 in einem Ministerium vereint worden. Thomas zeigte sich erstaunt, welche Netzwerke sich hier in den letzten fünf Jahren schon gebildet hätten; man sei auf einem guten Weg. „Wir tun gut daran, Kenntnisse der Wissenschaft in die politische Entscheidungsfindung einzubeziehen.“ Deshalb würden in die Bereiche Bildung und Forschung jedes Jahr erhebliche Summen investiert. Der CDU-Politiker lobte die rege Gründerszene: Allein aus den Hochschulen seien in den letzten zehn Jahren über 1000 Neugründungen in Sachsen-Anhalt angemeldet worden.
Es gebe einen weltweiten intensiven Wettbewerb um Wissen und Know-how; Konkurrenz bildeten nicht mehr nur die klassischen Industrieländer, sondern auch Indien und China mauserten sich als Wissensproduzenten. Es gelte, den hiesigen Nachwuchs zu fördern und so junge Ideen und jahrzehntelange Wissenschaftserfahrungen zu verknüpfen. Forscherinnen und Forscher müssten in Sachsen-Anhalt eine Zukunft haben. Dies gelinge, wenn Wirtschaftsunternehmen mit eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in Sachsen-Anhalt angesiedelt würden.
Erfolge nicht der Landesregierung zu verdanken
Die Antwort zur Großen Anfrage reihe sich in das ambitionslose Potpourri von Antworten der Landesregierung ein, monierte Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es werde keinerlei Strategie erkennbar, man wisse nicht, wohin die Landesregierung wolle. Wir hätten zwar eine erfolgreiche Wissenschaftsstruktur, aber diese Erfolge seien nicht den Ambitionen der Landesregierung geschuldet, kritisierte Dalbert. Von Geschlechtergerechtigkeit sei in den Ausführungen keine Spur zu finden, bei der Förderung von Forschung und Entwicklung handele es sich lediglich um Lippenbekenntnisse. Diese Form der Politik sei erkenntnisarm und gehöre abgelöst, konstatierte die Fraktionschefin der Grünen.
Beschlüsse wurden am Ende der Aussprache zur Großen Anfrage nicht gefasst.