Die Universitätskliniken in Sachsen-Anhalt stehen nach Ansicht der SPD-Fraktion anhaltend vor dem Problem, die für die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und für eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau erforderliche Ausstattung kontinuierlich zu refinanzieren. Um dieses Thema ausführlich zu diskutieren, fand hierzu auf Antrag der Fraktion eine Aktuelle Debatte am Freitag, 28. Oktober 2016, statt.
Am Tag zuvor hatte es bereits eine Demonstration von Medizinerinnen und Medizinern vor dem Landtag gegeben, die auf Sparzwänge aufmerksam machen wollten, mit denen ihre Einrichtungen zu kämpfen hätten.
Hochschulen solide finanzieren
Krankheit gehöre zum Leben, sagte Dr. Katja Pähle (SPD), doch in diesem Falle wolle man sich umfassend in guten Händen wissen. Das medizinische System hänge wesentlich von der guten Ausbildung und Versorgung in funktionierenden Universitätskliniken ab. Hochschulmedizin bedeute mehr als spektakuläre Großgeräte, nämlich auch die Basis der medizinischen Versorgung. Hier gebe es allerdings – vor allem, was die sächliche Ausstattung betreffe – zum Teil beachtliche Probleme.
Zwei Wege führten Pähle zufolge zu einer Stärkung der Hochschulmedizin: Zum einen die verantwortliche Planung der Förderung von Investitionen (Herzzentrum in Magdeburg und Bettenhaus in Halle), zum anderen die Abstellung der strukturellen Probleme der Refinanzierung und die Neujustierung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Der Bund müsse seinen Teil bei der Ausbildung von Medizinern leisten, denn es handele sich um eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so die SPD-Politikerin.
Beide Universitätskliniken – in Magdeburg und Halle – seien bedeutende Aushängeschilder für Sachsen-Anhalt. „Wir tun gut daran, diese wissenschaftlichen Leuchttürme solide zu finanzieren.“
Drei Großprojekte sicher finanziert
Die Universitätsmedizin stehe für Forschung, Lehre und die Facharztweiterbildung, aber auch für die Akademisierung der Pflegeberufe und vieles mehr, erklärte Wissenschaftsminister Jörg Felgner (SPD). Das gute Niveau der Finanzierung von Ausbildungsplätzen (Studienanfängern) solle fortgeschrieben werden.
Die Unterfinanzierung der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt sei leider kein Einzelfall in Deutschland, konstatierte Felgner. Dies liege vor allem an der unzureichenden Vergütung derer spezifischen Leistungen. Erheblicher Handlungsbedarf bestehe auch im Bereich der Hochschulambulanzen. Im Koalitionsvertrag sei, so Felgner, eine Reform der Krankenhausfinanzierung geplant.
Die Finanzierung des Bettenhauses im Universitätsklinikum Halle, des Herzzentrums in Magdeburg und der Rechtsmedizin in Halle seien sichergestellt, so Felgner abschließend.
Hausgemachte Probleme im Land
Das Bettenhaus des Universitätsklinikums Halle sei schlichtweg eine Katastrophe, es bestehe akuter Handlungsbedarf, erklärte Ulrich Siegmund (AfD). Dies sei eines der hausgemachten Probleme im Land, denn die beiden Standorte würden seit 2013 von der Landesregierung kaputtgespart. „Was soll man erwarten, wenn die Zuweisungen um zwei Drittel gekürzt würden?“, fragte Siegmund. Dabei könne man Geld nicht besser investieren als in Bildung, Familien und die Gesundheitspolitik.
Das Geld sei da, es werde nur an falscher Stelle eingesetzt. So kritisierte Siegmund beispielsweise die Unterhaltung und Finanzierung der Landesenergieagentur (LENA). Die AfD fordert, zehn bis zwölf Millionen Euro pro Jahr für jeden der beiden Standorte der Hochschulmedizin im nächsten Doppelhaushalt einzuplanen.
Stellschrauben werden im Bund gezogen
Der Bau des Bettenhauses in Halle werde erfolgen, erklärte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), damit seien die Dramatik und Unsicherheit in diesem Bereich gelindert. Der Koalitionsvertrag spreche hinsichtlich der finanziellen Stützung (Investitionen) der Universitätsklinken eine deutliche Sprache. Die wirklichen Stellschrauben für die Finanzierung der Kliniken würden aber auf Bundesebene gestellt, so Meister.
Die Krankenhausplanung im Land sei in den letzten Jahren nicht konsequent angewandt worden. So bildeten die zehn Schwerpunktkrankenhäuser im Land unnötige Konkurrenz für die Uni-Kliniken. Indem Überangebote verhindert würden, könnte die Finanzierung der Kliniken sichergestellt werden.
Identitätsstiftende Einrichtungen
Sachsen-Anhalt leiste sich mit Magdeburg und Halle zwei Standorte der Hochschulmedizin – was in Anbetracht der wirtschaftlichen Leistung des Landes eine große Herausforderung darstelle, sagte Florian Philipp (CDU). Diese Doppelstrukturen führten freilich zu einem hohen Finanzbedarf. Die Universitätskliniken stünden zum Teil in Konkurrenz mit kommunalen Krankenhäusern, diese unnötigen Doppelstrukturen müssten abgebaut und Synergien genutzt werden.
Die beiden Standorte stünden für mehrere Tausend guter Arbeitsplätze, für Tausende Studenten, Tausende betreuter Patienten und für hervorragende Forschung. Die Kliniken seien identitätsstiftende Einrichtungen und nicht mehr aus den Stadtbildern wegzudenken, so Philipp.
Nicht nur Übungsstelle für angehende Ärzte
Es sei seinerzeit die richtige Entscheidung gewesen, die Universitätsmedizin an zwei Standorten in Sachsen-Anhalt zu erhalten, konstatierte Swen Knöchel (DIE LINKE). Neben der Heilung von Patienten werde hochinnovativ geforscht. Dies bringe mehr als nur neue Ärzte hervor, sondern sei Teil des Wirtschaftskreislaufs.
Universitätskliniken seien Maximalversorger. Hier seien zwar die Kompetenzen gebündelt, doch die Erstattung der Leistungen sei viel zu oft nicht ausreichend. Dies sei ein Hinweis darauf, dass das Gesundheitssystem und seine Finanzierung neu geregelt werden müssten.
DIE LINKE fordert, die Planung und Umsetzung beispielsweise des Bettenhauses in Halle in den Doppelhaushalt 2017/2018 einzuschreiben. Die Hochschulambulanzen seien heute schon wesentlicher Teil der fachärztlichen Versorgung und nicht nur „Übungsstelle“ für Medizinstudenten und angehende Ärzte, so Knöchel. Daher müssten Konsequenzen in den Finanzierungsstrukturen gezogen werden.
Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.