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Plenarsitzung

Fraktionen wollen mehr Demokratie wagen

Durch einen Antrag der AfD-Fraktion sollte die Landesregierung beauftragt werden, eine Kommission einzusetzen, die die direkte Demokratie auf Landes- und kommunaler Ebene stärken soll. Die Kommission sollte nach Plan der AfD für den Landtag entsprechende Handlungsempfehlungen erarbeiten, unverzüglich gebildet werden und bis spätestens zum 31. Oktober 2017 ihre Ergebnisse und Empfehlungen vorlegen. Dem folgte die Mehrheit des Plenums nicht.

Die Koalition aus CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte einen Alternativantrag („Mehr Demokratie wagen“) eingebracht. Ziel des Antrags der Koalition sei, das zivilgesellschaftliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu fördern und Hürden der Beteiligung an politischen Prozessen abzubauen, damit Demokratie erlebbar werde.

Stärkere Beteiligung und Mitsprache gefordert

Es gehe darum, eine gemeinsame Kommission einzurichten, die konkrete Vorschläge für die Ausgestaltung der Demokratie erarbeitet, so Daniel Roi (AfD). Die AfD wolle Sachsen-Anhalt „zur Schweiz der Bundesrepublik Deutschland“ machen, und dafür müssten die Instrumente der direkten Demokratie geändert werden. In der Bevölkerung wachse der verständliche Wunsch nach stärkerer Beteiligung und Mitsprache.

Es bestehe ein Unterschied zwischen der Verfassung und der Verfassungswirklichkeit, die gelebt werde, sagte Robert Farle (AfD). Nach Ansicht der AfD führten zusätzliche Beteiligungsrechte zu mehr Verantwortung bei der Entscheidung wichtiger Sachfragen – durch Menschen, „die zu unserem Volk gehören“, so Farle.

Guter Platz im Demokratie-Ranking

Das bürgerschaftliche Engagement ist essenzieller Bestandteil der Demokratie, betonte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Daher sei die direkte Demokratie immer ein Thema der Landesregierung und des Landtags. Die Parlamentsreform im Dezember 2014 sei hier in jüngster Vergangenheit ein wichtiger Schritt gewesen, um die Beteiligung zu vereinfachen (Absenkung der Quoren, Verlängerung von Fristen, Erweiterung des Themenkatalogs). Im Demokratie-Ranking der Länder liege Sachsen-Anhalt auf dem 7. Platz.

Die Weiterentwicklung der Elemente der direkten Demokratie soll im Rahmen der Novellierung des Kommunalverfassungsgesetzes vorgenommen werden. Unter anderem soll Ortschaften unter 300 Einwohnern ab der Kommunalwahl 2019 die Möglichkeit eingeräumt werden, einen gewählten Ortschaftsrat oder einen gewählten Ortsvorsteher zu haben. Auch die Einführung einer gesetzlichen Frist zur Beantwortung von Fragen kommunaler Mandatsträger an die kommunalen Hauptverwaltungsbeamten soll darin enthalten sein.

Stetiger Prozess wird fortgesetzt

Der Alternativantrag der Koalition trage ganz bewusst als Titel Willy Brandts Worte „Mehr Demokratie wagen“, so Silke Schindler (SPD). Denn heute mehr denn je brauche es eine Gesellschaft, die auf Freiheit fuße und von Mitbestimmung lebe. In vielen Bereichen sei die Mitbestimmung seit Brandts Worten aus dem Jahr 1969 erweitert worden, dieser stetige Prozess werde fortgesetzt. Dazu bedürfe es aber keines Antrags der AfD, denn die dort erwähnten Ziele seien längst im aktuellen Koalitionsvertrag niedergeschrieben, erklärte Schindler.

Es komme auch darauf an, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Instrumente der Mitbestimmung nutzten, so Schindler weiter. Die geltende Kommunalverfassung lasse dies zu.

Zugang zu demokratischen Instrumenten vereinfachen

„Wir leben in einem Staat, der auf den Grundprinzipien der Demokratie beruht“, konstatierte Eva von Angern (DIE LINKE), dies gelte für alle hier lebenden Menschen. Wer Minderheitenrechte negiere, wirke antidemokratisch, sagte von Angern an die AfD-Fraktion gewandt. Die Linken-Abgeordnete verwies auf erste Erfolge durch Änderungen in der Landesverfassung, die in der zurückliegenden Legislaturperiode gemeinsam umgesetzt worden seien. Dennoch müsse der Zugang zu direkter Demokratie weiter vereinfacht werden.

Antrag der AfD völlig unsystematisch

„Mitmachen möglich machen“ sei das Motto der Grünen, so Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Instrumente seien vorhanden, viel zu selten würden sie genutzt. Dabei lebe die Demokratie in Deutschland von der Mitbestimmung. Striegel lobte unter anderem die Einführung des Faktenhefts bei Volkentscheiden, wodurch Entscheidungen von Fakten und nicht vom Bauchgefühl getragen würden. Es gelte, die Gesellschaft vor gelenktem Hass zu schützen.

Der Antrag der AfD sei völlig unsystematisch. Wenn der Landtag eine Kommission einsetzen wolle, sei er dazu allein in der Lage und benötige nicht die Landesregierung. Striegel zeigte sich zuversichtlich, dass man gemeinsam zu guten Lösungen bei der Stärkung der direkten Demokratie komme – auch ohne sinnfreie Anträge der AfD.

Qualifizierte Mehrheiten sicherstellen

Das politische System soll einfacher, verständlicher und lebendig weiterentwickelt werden, so lege es Tobias Krull (CDU) zufolge der Koalitionsvertrag fest. Demokratie soll erlebbar sein – und sei es bereits, da die nötigen Beteiligungsmöglichkeiten existierten. Deren weiterer Ausbau sei dennoch wichtig und richtig. Es sei aber stets darauf zu achten, dass später qualifizierte Mehrheiten erzielt würden.

Die von der AfD beantragte Kommission sei nicht zielführend, so Krull. Das Demokratie-Ranking Sachsen-Anhalts sei sehr viel besser als von der AfD dargestellt. Krull forderte alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich bei den Kommunalwahlen 2019 für ihre Städte und Gemeinden zu engagieren.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte dem Alternativantrag der Koalition zu.

Antrag der AfD (PDF)

Alternativantrag der Koalition (PDF)