Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Vom Transit- zum Einwanderungsland?

Der Runde Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt hat am Donnerstag, 24. September, die Fraktionen des Landtags zum traditionellen Herbstgespräch eingeladen. Im Zentrum des Gesprächs stand der Umgang mit der wachsenden Zahl an Flüchtlingen zwischen Altmark und Burgenland. 

Derzeit sind 23 Mitglieder im Runden Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit vertreten. Foto: Stefanie Böhme

Zuwanderung als große Chance betrachten

Landtagspräsident und Schirmherr des Runden Tisches Detlef Gürth (CDU) dankte den Mitgliedern für ihr Engagement und betonte, wie wichtig es sei, angesichts der enormen Herausforderung in den nächsten Wochen und Monaten an einem Strang zu ziehen. Gürth betrachtet die Zuwanderung als große Chance für Sachsen-Anhalt und sagte, es wäre falsch, jetzt zögerlich zu sein. „Ich glaube, dass wir das hinbekommen, wenn wir jetzt schnell alle notwendigen Ressourcen aufbringen und einbinden.“  Es müsse alles getan werden, um die neuen Mitbürger schnell gesellschaftlich zu integrieren, so Gürth weiter. Positive Beispiele von gut integrierten Flüchtlingen könnten helfen, auch die Skeptiker zu überzeugen und die Aufnahmebereitschaft innerhalb der Bevölkerung zu erhöhen.

Henriette Quade (DIE LINKE) erklärte, eine falsche Wortwahl könne Ressentiments verstärken. Wenn beispielsweise von einer „Flutwelle von Flüchtlingen“ oder „Asylantenschwemme“ die Rede sei, wecke dies negative Assoziationen. Sowohl in den Medien als auch von Seiten der Politik dürfe nicht so getan werden, als handle es sich um eine Katastrophe, so Quade. Auch wenn die Bildungsarbeit zum Abbau von Vorurteilen natürlich ausgebaut werden könnte, zeigte sie sich realistisch: „Man wird trotzdem nicht alle erreichen“. 

SPD-Politiker Holger Hövelmann plädierte dafür, die einzelnen Aktivitäten bei der Integration von Flüchtlingen noch stärker zu koordinieren. So gebe es zum Beispiel 130 000 leerstehende Wohnungen in Sachsen-Anhalt, wenn nur 5 Prozent davon hergerichtet würden, wären alle Unterbringungsprobleme gelöst. Deutliche Kritik übte er am Vorstoß von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, der vor kurzem eine Ausnahme vom Mindestlohn für Asylbewerber gefordert hatte. 

Seit 25 Jahren klage Sachsen-Anhalt über Abwanderung, jetzt gebe es erstmals wieder Zuwanderung und dies sei eine riesige Chance für das Land, zeigte sich Grünen-Politiker Sören Herbst überzeugt. „Wenn wir die Integration gut meistern, können wir nur als Gewinner hervorgehen.“ Gegenüber der Bevölkerung sei Ehrlichkeit gefragt, es müsste deutlich kommuniziert werden, dass viele Flüchtlinge länger bleiben würden. 

Kritik an „verschärftem Asylrecht“

Die anwesenden Mitgliedsvertreter des Runden Tisches lobten unterdessen die große Hilfsbereitschaft von weiten Teilen der sachsen-anhaltischen Bevölkerung. Jede noch so kleine Initiative könne positiv wirken, sagte Susi Möbbeck, Integrationsbeauftragte des Landes. Gleichzeitig gebe es jedoch entgegengesetzte Signale wie das „verschärfte Asylrecht“, die „Mindestlohndebatte“ oder den Erlass des Innenministers von Sachsen-Anhalt, Abschiebungen zukünftig nicht mehr anzukündigen. 

Sowohl die Vertreter des Runden Tisches als auch die Vertreter von Linken, SPD und Grünen kritisierten den Erlass scharf. Sie zweifelten daran, dass diese Praxis zu einer höheren Zahl von Abschiebungen führen werde. Willkommenskultur auf der einen und Signale der Abschottung auf der anderen Seite passten nicht zusammen und wirkten kontraproduktiv auf die Stimmung in der Bevölkerung. Bisher sei Sachsen-Anhalt nur ein „Transitland“ für viele Flüchtlinge. Nach der Anerkennung ihres Asylantrages würden viele in ein anderes Bundesland weiter ziehen, so Susi Möbbeck. Das liege vor allem an den Chancen auf dem Arbeitsmarkt, aber auch an fehlenden Communities, die es in anderen Städten und Regionen Deutschlands bereits gebe. „Wenn wir als Land von der Zuwanderung profitieren möchten, dann müssen wir schnell an die Menschen ran und Bindungen aufbauen.“